Skurriler Prozess in Hamburg: Vorzeige-Cop soll reiche Frau abgezockt haben
Paul S. (49) scheint ein Vorzeige-Polizist zu sein: Arbeitet als Kripo-Beamter im Betrugsdezernat, ist bei der Gewerkschaft, teilt seine Expertise oft mit der Presse – auch mit der MOPO. Doch nun soll er eine reiche Frau betrogen haben, in einem besonders schweren Fall. So zumindest der Vorwurf, der seit Montag vor dem Amtsgericht Hamburg verhandelt wird. Der Prozess entwickelt sich zu einem Schauplatz der Skurrilitäten.
Er scheint ein Vorzeige-Polizist zu sein: Paul S. (49, Name geändert) arbeitet als Kripo-Beamter im Betrugsdezernat, ist bei der Gewerkschaft, teilt seine Expertise oft mit der Presse – auch mit der MOPO. Doch nun soll er eine reiche Frau betrogen haben, in einem besonders schweren Fall. So zumindest der Vorwurf, der seit Montag vor dem Amtsgericht Hamburg verhandelt wird. Der Prozess entwickelt sich zu einem Schauplatz der Skurrilitäten.
Paul S. verbirgt sein Gesicht nicht vor den Kameras der Presse. Er hat selbst Schutzmaßnahmen getroffen: andere Brille, anderer Bart und eine Frisur, die verdächtig nach Toupet aussieht. Es ist klar: Er will nicht erkannt werden. Das wundert nicht – schließlich ist er ein Beamter vom Betrugsdezernat der Kriminalpolizei, der nun selbst wegen Betrugs in besonders schwerem Fall angeklagt ist.
Hamburg: Kripo-Beamter muss sich wegen Betrugs vor Gericht verantworten
Laut Staatsanwaltschaft habe Paul S. als LKA-Beamter der Geschädigten Dorothea K. (58) wahrheitswidrig mitgeteilt, dass die polizeilichen Ermittlungsmöglichkeiten im Hinblick auf von ihr zuvor angezeigte Straftaten ausgeschöpft seien. Er soll ihr aber zugleich, am 23. August 2018, angeboten haben, mithilfe einer von ihm betriebenen Privatdetektei weitere Ermittlungen in diesen Fällen vorzunehmen – für eine Gesamtsumme von 57.060 Euro.
Dorothea K. habe ihn engagiert und ihm die geforderte Summe überwiesen. Er habe ihr dafür Maßnahmen wie eine 24-Stunden-Überwachung versprochen, doch sei er weder in der Lage dazu gewesen, noch habe er vor gehabt, diese durchzuführen, heißt es in der Anklage.
Der Verteidiger von Paul S. widerspricht: Es habe keine Täuschung von Seiten seines Mandanten gegeben. Zwischen dem Beamten und der angeblich Geschädigten habe es Gespräche über eine Pauschale für Recherchen gegeben, jedoch seien dabei keine konkreten Maßnahmen wie 24-Stunden-Überwachung festgelegt worden. Außerdem habe sie das Geld überwiesen. „Es stellt sich die Frage, warum sie drei Zahlungen überwiesen hat, wenn keine Leistungen erbracht worden sind“, so der Verteidiger. Unzufriedenheit über die Ergebnisse mündete in der Strafanzeige, so seine Schlussfolgerung.
Verteidiger: Es hat keine Täuschung durch meinen Mandanten gegeben
Dorothea K., eine blondierte Ärztin mit Secondhand-Shop am Eppendorfer Baum, ist als Zeugin geladen. Sie erzählt, dass Paul S. Nachforschungen zu zwei ehemaligen Freunden von ihr, einem schwulen Paar, anstellen sollte. Sie sagt, die Männer hätten sie betrogen. Es geht dabei um ein von ihr gewährtes Darlehen von 37.000 Euro für einen Porsche Cayenne, eine Handtasche von Hermès und den Auftrag ein Bild zu kaufen, wobei die Männer eine falsche Rechnung ausstellten und einen überhöhten Betrag von ihr forderten.
Sie habe Paul S. vertraut, schließlich sei er Kriminaloberkommissar, wiederholt die Ärztin immer wieder. Außerdem sei er mit ihrem Anwalt befreundet. Sie habe den Beamten als „Retter in der Not“ gesehen. Er habe ihr unter anderem versprochen, eine 24-Stunden-Observation ihrer früheren Freunde vorzunehmen und Drohnen zu kaufen und diese über das Anwesen der Freunde fliegen zu lassen. Überwiesen habe sie, weil er Vorkasse verlangt habe. „Ich bin sauer. Er hat mein Vertrauen in ihn missbraucht.“
Auf Nachfrage der Verteidigung räumt Dorothea K. ein, dass sie bezüglich der Tasche gerichtlich versuchte, gegen die beiden Männer vorzugehen, jedoch verloren habe. Auch das Verhältnis zwischen Paul S. und ihr scheint verworren: Er sei nur der Freund ihres Anwalts, jedoch nicht ihr Freund, sagt sie. Sie erzählt jedoch auch, wie S. bei ihren Salon-Abenden eingeladen war und grillte. Und wie erklärt das die Ärztin? „Ein Freundschaftsdienst“, sagt sie.
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Ist er ein ausgebuffter Profi, der ihre Ahnungslosigkeit ausnutzte? Ist sie nicht so naiv, wie sie sich zeigt? Wer sagt die Wahrheit? Am ersten Verhandlungstag bleiben die Fragen offen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.
Die Polizei Hamburg wartet ab, zu welchem Ergebnis das Gericht kommen wird und prüft derweil disziplinarrechtliche Schritte gegen den Beamten. Derzeit arbeitet der Beschuldigte in der internen Aus- und Fortbildung an der Akademie der Polizei Hamburg.