Sinkende Strompreise: Jetzt schnell wieder raus aus der Grundversorgung?
Preissturz bei den Strom- und Gastarifen: Wo die Versorger noch vor kurzem Mondpreise verlangt haben, um sich bloß keine Neukunden ans Bein zu binden, wird „den Neuen“ inzwischen wieder der rote Teppich ausgerollt. Viele Hamburger, die verschreckt in die Grundversorgung geflüchtet sind, fragen sich nun, ob sie sich wieder einen neuen Versorger suchen sollen. Die MOPO erkundigt sich beim Energie-Experten der Verbraucherzentrale Hamburg: Lohnt sich der Wechsel derzeit?.
Preissturz bei den Strom- und Gastarifen: Wo die Versorger noch vor kurzem Mondpreise verlangt haben, um sich bloß keine Neukunden ans Bein zu binden, wird „den Neuen“ inzwischen wieder der rote Teppich ausgerollt. Viele Hamburger, die verschreckt in die Grundversorgung geflüchtet sind, fragen sich nun, ob sie sich wieder einen neuen Versorger suchen sollen. Die MOPO erkundigt sich beim Energie-Experten der Verbraucherzentrale Hamburg: Lohnt sich der Wechsel derzeit?
„Es gibt erste kleine Erleichterungen“, sagt Jan Bornemann, Jurist und Energieberater bei der Verbraucherzentrale: „Wir sehen erstmals wieder Angebote, die günstiger sind als der Grundversorger, und zwar sowohl bei Gas- als auch bei Stromversorgern.“ In die Grundversorgung fällt man als Strom- und Gaskunde automatisch, wenn man keinen Vertrag mit einem Stromanbieter hat. Jahrelang war das eine unattraktive Option, weil die Anbieter mit Schnäppchen und Boni um Kunden buhlten – bis der Ukrainekrieg plötzlich die Grundversorger zu günstigen Alternativen werden ließ und viele Hamburger wechselten.
Lohnt es sich also, die Grundversorgung jetzt schnell wieder zu verlassen? „Man kann durchaus nach anderen Angeboten gucken“, sagt Energieexperte Bornemann: „Aber wer mit dem Preis beim Grundversorger auch nach der Erhöhung noch leben kann, könnte auch noch ein paar Monate abwarten, ob die Preise bei den Anbietern weiter sinken. Ich rechne aber nicht mit extremen Preisstürzen.“
Grundversorger Vattenfall erhöht Preise
Tatsächlich wird Vattenfall als Grundversorger für Strom seine Preise zum 1. Februar von 33 auf 41 Cent pro Kilowattstunde (Kwh) erhöhen, der Grundpreis steigt dann von 9,66 auf 11,65 Euro pro Monat. Der typische Hamburger Zwei-Personen-Haushalt (Jahresstromverbrauch 2500 Kilowattstunden) zahlt dann in der Grundversorgung künftig 100 statt 80 Euro pro Monat.
Neukunden bietet das Unternehmen inzwischen sogar wieder Boni an: Wer etwa den Tarif „Natur12 Strom“ wählt, bekommt 20 Euro „Sofortbonus“ plus 30 Euro „Neukundenbonus“. Die monatlichen Zahlungen für zwei Personen lägen dann bei 94,30 Euro, allerdings nur im ersten Verbrauchsjahr. Im Folgejahr läge der Abschlag mit 98,46 Euro wieder auf Höhe der Grundversorgung.

Hamburg Energie hat seine Ökostrompreise bereits im Januar erhöht auf 49,95 Cent pro Kilowattstunde bei 13,30 Euro Grundpreis. Der Zwei-Personen-Haushalt zahlt nun 43 Euro mehr im Monat (117 Euro statt 74 Euro). Auch hier gibt es Geld zurück: Bestandskunden bekommen 140 Euro „Treuebonus“, was die monatlichen Mehrkosten im Bonusjahr auf rund 31 Euro im Monat drückt. Und: Dank der Strompreisbremse zahlen alle Haushalte in Deutschland ab März für die ersten 80 Prozent ihres Verbrauchs nur 40 Cent.
Es gibt auch Stromangebote, die darunter liegen, etwa unschlagbare 34,01 Cent pro Kilowattstunde, die das Hamburger Unternehmen Rabot Charge aktuell auf den Markt wirft. Der Minipreis gilt allerdings nur im ersten Monat, danach steigt und fällt der Preis mit dem Angebot an der Strombörse. Das kann gut gehen und man profitiert als Kunde sofort von fallenden Preisen, es kann aber auch in die Hose gehen, wie SAGA-Mieter im vergangenen Jahr schmerzlich feststellen mussten: Das städtische Wohnungsunternehmen hatte einen Gasvertrag abgeschlossen, bei dem das Gas zum monatlichen Preis an der Börse berechnet wurde – was angesichts der Gas-Preisexplosion nach Kriegsausbruch fatal war.
Stadtwerke erwarten Verdopplung bei Energiepreisen
Die deutschen Stadtwerke erwarten jedenfalls eine deutliche Preissteigerung für Endkunden: „Es wird auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Ob das auch für die Hamburger Energiewerke gilt, dazu will das Unternehmen auf MOPO-Nachfrage keine Prognose wagen.
Aber warum kommen die sinkenden Preise an den Strom- und Gasbörsen nicht beim Verbraucher an? „Viele Versorger haben sich im vergangenen Jahr zu den alten Preisen eingedeckt“, so Bornemann: „Unsere Befürchtung ist, dass viele Unternehmen die gesunkenen Preise nicht weitergeben, weil sie schon im September eingekauft haben und sich für zwei Jahre an den hohen Preis gebunden haben.“
Boni für Neukunden
Und wie sieht es beim Gas aus? In Hamburg ist Eon für die Gas-Grundversorgung zuständig. Der Tarif ab 1. Februar: 15,81 Cent pro Kilowattstunde, 12 Euro Grundgebühr. Für den Hamburger Durchschnittshaushalt mit 18.000 Kilowattstunden sind das 240 Euro im Monat. „Bei Gas ist der Grundversorger inzwischen ebenfalls nicht mehr zwingend der günstigste Anbieter“, sagt Bornemann.
Vattenfall etwa lockt auch bei Gas mit 50-Euro-Boni für Nekunden und und würde im ersten Jahr 191 Euro im Monat kosten. Noch günstiger ist das Angebot von Montana (Bornemann: „Kein schlechter Anbieter“), das bei 161 Euro pro Monat liegt. Der Kilowattpreis liegt mit 12,49 Cent auf Höhe der Gaspreisbremse, die 80 Prozent des Gasverbrauchs ab März bei 13 Cent deckelt.
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Da kann Hamburg Energie nicht mithalten: Der neue Arbeitspreis für den Standard-Gastarif „Alsterufer“ wurde auf 18,74 Cent pro Kilowattstunde und der Grundpreis 9,67 Euro im Monat erhöht – Durchschnittshaushalte müssen dann 290,77 Euro zahlen anstelle von 121 Euro. Für „alte“ Kunden gibt es einen „Treuebonus“, trotzdem liegt der neue Tarif gut 130 Prozent über dem alten.
Bornemanns Fazit: „Entwarnung kann man bei den Energiepreisen nicht geben, aber positive Signale sind schon zu sehen.“