„Sie hat Nein gesagt!“: Mann soll 14-Jährige sexuell genötigt haben
Hassan K. (28) tupft sich immer wieder mit einem Taschentuch die Stirn ab. Er habe die Zeugin nicht genötigt, es war alles freiwillig, sagt er am Mittwoch vor dem Landgericht Hamburg. Dass sie zweimal „Nein“ sagte, habe er nicht als Abfuhr verstanden.
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Hassan K. (28) tupft sich immer wieder mit einem Taschentuch die Stirn ab. Er habe die Zeugin nicht genötigt, es war alles freiwillig, sagt er am Mittwoch vor dem Landgericht Hamburg. Dass sie zweimal „Nein“ sagte, habe er nicht als Abfuhr verstanden.
Hassan K. (Name von der Redaktion geändert) spricht ruhig, zurückgenommen. Er wirkt so erschöpft, als trage er die ganze Last der Welt auf seinen Schultern. Ohne Regung hört er der Staatsanwältin zu, die die Anklage verliest. Dem heute 28-Jährigen wird sexuelle Nötigung im besonders schweren Fall vorgeworfen.
Hamburg: Mann soll 14-Jährige zum Sex genötigt haben
Erschreckend kalt wirkt der Tathergang, wie er in der Anklage geschildert wird. Demnach soll Hassan K. am 27. Dezember 2016 gegen 19.30 Uhr die ihm vorher völlig fremde und damals erst 14-jährige Johanna (Name von der Redaktion geändert) in Harburg in ein Gespräch verwickelt haben und mit ihr zu einer kleinen Wohnung in der Reinholdstraße gegangen sein. Dort soll er sie in ein Zimmer gezogen, sie auf ein Bett gedrückt und sowohl sich als auch ihr die Hose heruntergezogen haben, während er ihre Hände festhielt. Da sie ihm körperlich unterlegen war, habe er ihre Beine hochdrücken können und den Geschlechtsakt mit ihr vollzogen – ohne Kondom.
Zuerst möchte der Angeklagte keine Aussage machen. Doch sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht lehnen in diesem Fall eine Verständigung der Parteien ab. Die Zeugen, inklusive der Geschädigten, sollen gehört werden. Da kein DNA-Beweis vorliegt, stehe derzeit Aussage gegen Aussage, erklärt der Richter. Er appelliert an den Angeklagten, dass es eine erhebliche Strafminderung für ihn gebe, wenn er sich jetzt äußere.
Hassan K. lässt sich ein – und beginnt mit seiner Lebensgeschichte. Er habe eine schlimme Kindheit gehabt, erzählt er. Und es wurde bis heute nicht viel besser. Er wuchs in Afghanistan auf, wo seine Familie von den Taliban bedroht worden sei. Als er sieben Jahre alt war, hätten sie seinen Vater getötet. Ein paar Jahre später seinen Bruder. Die Mutter sei mittlerweile ebenfalls verstorben. Er sei dann als 13-Jähriger alleine über die Türkei nach Griechenland geflohen und dort auf der Straße gelandet. Eine Kirche habe ihn schließlich aufgenommen – doch als er nach Deutschland kam, begann alles von vorne: Straße, keine Arbeitserlaubnis, falsche Leute, Alkohol und Drogen.
Angeklagter erzählt von seiner Flucht aus Afghanistan
„Ich wollte eigentlich auch einen Führerschein machen, ein Bankkonto besitzen und das normale Leben eines Jugendlichen haben“, sagt der 28-Jährige. Stattdessen begeht er Straftaten, wird mehrfach verurteilt – unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahl. Da man ihn abschieben wollte, sei er in Holland untergetaucht, erzählt er. Erst als die Taliban in Afghanistan die Macht ergriffen, sei er wieder nach Deutschland zurück. Er hoffte, dass man ihn nun nicht mehr abschieben würde, so erzählt es der Angeklagte. Doch als er die Ausländerbehörde am 15. Februar 2022 betritt, wird er verhaftet, kommt erst in U- und dann in Strafhaft.
Den Abend der Tat schildert er anders als die Staatsanwaltschaft. Er sei gerade mit zwei Tüten von Lidl gekommen, als er auf Johanna traf. Ein Mann habe Musik gehört und laut gesungen, erzählt der Angeklagte. Sie habe deshalb gelacht und ihn, Hassan K., angeschaut. „Natürlich habe ich zurückgelacht“. Sie habe ihn daraufhin angesprochen, es entspann sich ein Gespräch und man sei gemeinsam zu der Wohnung in der Reinholdstraße gegangen, wo er bei Bekannten schlafen durfte. Er habe die Einkaufstüten reingestellt, dann seien sie gemeinsam spazieren gegangen, wobei sie sich gut verstanden hätten, Händchen hielten und sich küssten.
Wieder bei der Wohnung angelangt, sei sie mit ihm rein und sie hätten sich auf dem Bett sitzend weiter geküsst, bis sie plötzlich zweimal „Nein“ gesagt habe. Er habe das aber nicht als Abfuhr verstanden. „Was dachten Sie denn, worauf sich das Nein bezieht?“ fragt der Richter. Der Angeklagte druckst herum, bis der Vorsitzende ihn unterbricht: „Sie haben also nicht darüber nachgedacht!“ Hassan K. nickt. Nach dem Geschlechtsakt habe er sie nach Hause gebracht, sagt er. Zärtlichkeiten gab es da nicht mehr, bestätigt K. auf Nachfrage des Richters. Später habe sie ihm noch einmal geschrieben, dass sie den Sex nicht gut fand – garniert mit Beleidigungen, die er vor Gericht nicht wiedergeben will. Danach hätten sie keinen Kontakt mehr gehabt. Sie hätte jedoch nicht geschrieben, dass der Sex gegen ihren Willen war, so der Angeklagte.
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Wie Johannas Sicht der Dinge ist, verrät bislang nur die Anklageschrift. Sie sagte ebenfalls am Mittwoch vor Gericht aus, jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Prozess wird fortgesetzt.