Sie geben nicht auf: Wie Putin-Gegner in Hamburg um ihr Nawalny-Mahnmal kämpfen
Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel: Vor dem ehemaligen russischen Generalkonsulat am Feenteich legen in Hamburg lebende Putin-Gegner seit dem 16. Februar, dem Tag Russlands wichtigster Oppositionspolitiker Alexej Nawalny im Straflager zu Tode kam, immer wieder Blumen nieder. Am nächsten Tag sind sie weggeräumt. Doch die Menschen halten sich an Nawalnys Parole: „Ihr dürft nicht aufgeben!“. So läuft der Widerstand im Exil.
- Deutsch (Deutschland)
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Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel: Vor dem ehemaligen russischen Generalkonsulat am Feenteich legen in Hamburg lebende Putin-Gegner seit dem 16. Februar, dem Tag an dem Russlands wichtigster Oppositionspolitiker Alexej Nawalny im Straflager zu Tode kam, immer wieder Blumen nieder. Am nächsten Tag sind sie weggeräumt. Doch die Menschen halten sich an Nawalnys Parole: „Ihr dürft nicht aufgeben!“
Kaum dass die Nachricht vom Tod Nawalnys am 16. Februar bekannt wurde, kam es am Hamburger Jungfernstieg zu einer spontanen Versammlung von Menschen, die dem russischen Regime kritisch gegenüberstehen. Seit der Schließung des russischen Generalkonsulats am Feenteich 20 zum 31. Dezember 2023 gibt es in Hamburg keine Adresse mehr, wohin die hier lebenden oder aus ihrer Heimat geflüchteten Putin-Gegner ihren Protest richten können.
Ehemaliges russisches Generalkonsulat wird zum Zentrum der Trauer um Alexej Nawalny
Doch auch wenn die Flagge und das Wappen am Feenteich abgenommen wurden – das Gebäude gehört noch immer der Russischen Föderation, Menschen arbeiten dort, gegen Abend geht das Licht an. „Das Konsulat ist für uns in Hamburg die einzige Verbindung zu Russland“, sagt Lüba Zakharov, Aktivistin der Organisation „Feminist Anti-War Resistance“. „Der einzige Ort, wohin wir unsere Trauer um Nawalny bringen können.“
Deshalb wurde schon am selben Tag am Zaun des ehemaligen Konsulats ein Mahnmal errichtet. Blumen, Kerzen, Fotos von Nawalny und Schilder mit wütenden Botschaften. „Mörder!“, stand dort. „Wir werden niemals aufgeben!“, „Russland wird frei sein!”, „Nawalny wird über seinen Tod hinaus die Zukunft Russlands mitgestalten“.
Irgendjemandem scheinen die Schilder nicht zu gefallen. Denn nachts werden sie ebenso wie die Blumen entfernt. Die inzwischen zuständige Botschaft in Berlin wollte sich auf MOPO-Anfrage nicht dazu äußern. In einer Telegram-Gruppe organisieren sich die Kremlkritiker in Hamburg, damit das Mahnmal immer wieder neu bestückt wird. Und auch in anderen Stadtteilen kleben inzwischen Fotos von Nawalny an den Laternenpfählen.
Putin-Gegnerin in Hamburg: „Der Tod Nawalnys hat den mörderischen Charakter des Regimes offengelegt“
Für Lüba Zakharov ist der nach wie vor ungeklärte Tod Nawalnys ein Einschnitt: „Der Fall hat endgültig den mörderischen Charakter des russischen Regimes offengelegt!“, so die 35-Jährige, die vor zwei Jahren aus Russland floh und in Hamburg als Data-Analystin arbeitet.
Zwar hat das russische Regime die Herausgabe der Leiche Nawalnys an seine Mutter lange verzögert, so dass eine Untersuchung der Todesursache und eine Überprüfung der Behauptung, er sei nach einem Spaziergang zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben, nicht möglich war. Doch für die Putin-Gegner ist das auch fast egal.
„Es kann sein, dass er erneut vergiftet wurde. Es kann sein, dass er in Folge der schlimmen Haftbedingungen gestorben ist. Beides ist eine gezielte Tötung“, sagt Lüba Zakharov. Man habe Nawalny brechen wollen, in dem man ihn nach Sibirien verschleppte, ihn isolierte und in einer engen Kammer einsperrte, ihm den Zugang zu Anwälten und Medikamenten verweigerte.
Russische Putin-Gegner kämpfen von Hamburg aus für den Sieg der Ukraine
Zakharov vergleicht die Haftbedingungen mit einem Gulag. „In diesem System spielt Gesundheit keine Rolle.“
Viel wird in diesen Tagen spekuliert über den Zeitpunkt so kurz vor den Wahlen in Russland. Ob der Tod Nawalnys Putin eher nützt oder schadet. Ob die Auslöschung des wichtigsten Oppositionellen und des berühmtesten politischen Gefangenen Putins Macht noch weiter stärkt und seine Gegner warnt. Oder ob es die von Propaganda überzogene Bevölkerung wachrüttelt.
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Lüba Zakharov ist hoffnungsvoll. Zumindest in Hamburg kann sie einen wachsenden Zusammenhalt innerhalb der Exilgemeinde erkennen. Nawalnys Satz „Ihr dürft nicht aufgeben“ sei in aller Munde. Und auch von hier aus könne man viel tun. Zakharov: „Der Widerstand hat zwei Dimensionen: 1. Unterstützung der anderen politischen Gefangenen und 2. Unterstützung der Ukraine. Wir kämpfen als Russen für den Sieg der Ukraine.“