Senat greift durch: Hinterhof wird gegen Willen der Bezirkspolitik bebaut
Seit Jahren kämpfen die Anwohner im Grindelhof um ihren – bis jetzt noch – unbebauten Hinterhof. Geht es nach dem Eigentümer, sollen dort schon bald neun Stadthäuser gebaut werden. Die Bezirkspolitik in Eimsbüttel stemmte sich daraufhin ebenfalls gegen die Pläne und wollte das Bauen mit einem Beschluss verhindern. Doch nach kurzem Aufatmen hat sich jetzt der Senat eingeschaltet und genau diesen Beschluss wieder einkassiert – aus einem ganz bestimmten Grund.
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Seit Jahren kämpfen die Anwohner im Grindelhof um ihren – bis jetzt noch – unbebauten Hinterhof. Geht es nach dem Eigentümer, sollen dort schon bald neun Stadthäuser gebaut werden. Die Bezirkspolitik in Eimsbüttel stemmte sich daraufhin ebenfalls gegen die Pläne und wollte das Bauen per Beschluss verhindern. Doch nach kurzem Aufatmen hat sich jetzt der Senat eingeschaltet und genau diesen Beschluss wieder einkassiert – aus einem ganz bestimmten Grund.
Direkt hinter dem 50er-Jahre Bau der Nummer 87 befindet sich ihre, wie es die Mieter des Grindelhofs beschreiben, „Hinterhofidylle“. Wer durch den Hauseingangsbogen geht, der kann die fast 3000 Quadratmeter große Grasfläche nicht übersehen. Rechts und links wird sie eingerahmt von den denkmalgeschützten Bauten Nummer 83 und Nummer 89.
Grindelhof: Initiative wehrt sich gegen Bebauungspläne
„Das macht hier das soziale Flair aus“, sagt Malte Eiben, Anwohner und Mitglied der Bürgerinitiative „Wundervolles Grindel“. „Hier geht es nur um Profit und nicht mehr bezahlbaren Wohnraum. Wir können angesichts des Klimaschutzes nicht alles zubetonieren.“
Insgesamt sollen auf der Fläche neun „Townhouses“ mit 18 Wohnungen entstehen. Dazu kommt eine Tiefgarage mit 47 Stellplätzen. Geplant wird all das von der Anima Projektentwicklungsgesellschaft, die das Grundstück Anfang 2022 erworben hatte und zusätzlich zu den Stadthäusern das vordere Gebäude Nummer 87 sanieren und zu Mikro-Apartments „für Singles, Studenten und Alleinstehende“ umbauen will.
In der Eimsbütteler Politik trafen die Bedenken der Anwohner bereits auf offene Ohren. FDP, Linke und Grüne setzten sich in der Bezirksversammlung dafür ein, das Bauvorhaben einzuschränken – zunächst mit Erfolg. In dem Beschluss von September 2023 heißt es: „Das (…) Bezirksamt Eimsbüttel beschließt, (…) dass der Bebauungsplan den derzeitigen Zustand vor dem Hintergrund ökologischer, denkmal- und milieugeschützter Aspekte vor einer weiteren unverhältnismäßigen und unzumutbaren Verdichtung eines ohnehin schon intensiv besiedelten Quartiers schützt.“
Grindelhof-Streit: Senat durchkreuzt Bezirksversammlung
Jetzt trat allerdings der rot-grüne Senat auf die Bildfläche – und kassierte genau diesen Bebauungsplan wieder ein. „Der Beschluss überschreitet die Grenzen des Entscheidungsrechts der Bezirksversammlung“, heißt es in der Begründung.
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Aufstellen darf solch einen Plan nur das Bezirksamt. Das wolle es aber nicht – davon ist Mikey Kleinert, Fraktionsvorsitzender der Eimsbütteler Linken überzeugt. „Da wird jetzt der Investor bauen dürfen, wie er will“, sagt er mit Frust in der Stimme. „Wir hätten die Grünfläche gerne geschützt, aber das ist jetzt nicht mehr möglich.“
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Laut dem Eigentümer sind die vorbereitenden Arbeiten im Haus Nummer 87, in dem die Mikro-Apartments entstehen sollen, bereits abgeschlossen. „Viele Bewohner wurden in andere Wohnungen vermittelt oder haben sich selbst um Ersatzquartiere gekümmert“, sagt Anima-Geschäftsführer Mark Maurin. „In allen Fällen haben wir die Mieter monetär unterstützt. Die verbliebenen Mieter werden innerhalb des Gebäudes umziehen, damit ihre Wohnungen ebenfalls modernisiert werden können.“
Den Bauantrag für die „Townhouses“ im Hinterhof sei im Januar 2023 eingereicht worden. Laut Bezirksamt befindet er sich aufgrund fehlender Unterlagen aber noch in Prüfung. „Wir gehen fest von einer Erteilung der Baugenehmigung aus, da es bereits einen positiven Bauvorbescheid von 2015 gibt (…)“, so Maurin. Der Hinterhof sei bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg eng bebaut gewesen – dort soll laut ihm jetzt wieder Wohnraum für Familien entstehen.
Malte Eiben ist wiederum fassungslos, er bezeichnet die Entscheidung des Senats als grotesk. „Wie kann es sein, dass nicht mehr die Bürger eines Bezirks über ihre Vertreter in der Bezirksversammlung ihren Willen für städtische Entwicklung in einem demokratischen Prozess herbeiführen können, sondern dass sich Behörde und Senat das Recht rausnehmen, über die Umsetzung selbst zu entscheiden?“