Kein Wasser, Müll, Ungeziefer, Drogenpartys: Dieses SAGA-Hochhaus ist die Hölle
Kakerlaken, Müll, Drogenpartys, Wasserschäden und kaputte Fahrstühle. Die Mieter des Hochhauses am Öjendorfer Weg 58 sind verzweifelt. Sie können nicht duschen, abwaschen oder die Toilettenspülung bedienen. Die Tröpfchen, die noch aus dem Hahn kommen, sammeln sie in großen Eimern über den Tag hinweg. Mütter waschen ihre Kinder mit Trinkwasser aus dem Supermarkt, andere Bewohner stehen nachts auf und versuchen Wäsche zu waschen. Von der SAGA fühlen sie sich im Stich gelassen.
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Kakerlaken, Müll, Drogenpartys, Wasserschäden und kaputte Fahrstühle. Die Mieter des Hochhauses am Öjendorfer Weg 58 sind verzweifelt. Sie können nicht duschen, abwaschen oder die Toilettenspülung bedienen. Die Tröpfchen, die noch aus dem Hahn kommen, sammeln sie in großen Eimern über den Tag hinweg. Mütter waschen ihre Kinder mit Trinkwasser aus dem Supermarkt, andere Bewohner stehen nachts auf und versuchen, Wäsche zu waschen. Von der SAGA fühlen sie sich im Stich gelassen – vor allem eine Sache macht sie fassungslos.
Die schmutzige Wäsche türmt sich in den Badezimmern, das benutzte Geschirr stapelt sich in der Küche, in den Badewannen stehen Eimer. Die Wohnungen vom 10. bis 16. Stock im Öjendorfer Weg 58 in Billstedt sind im Ausnahmezustand – seit fast drei Monaten. Grund für das Elend ist die Druckerhöhungsanlage, die das Trinkwasser normalerweise in die oberen Stockwerke pumpt, aber seit Ende Juli defekt ist.
Hamburg: Die Mieter des Billstedter Hochhauses fühlen sich im Stich gelassen
„Es ist eine Katastrophe!“, sagt eine 36-jährige Mieterin, die aus Angst vor Konsequenzen ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. Sie ist alleinerziehend und Mutter von zwei Teenagern. „Meine Kinder müssen sich morgens mit gekauften Trinkwasserflaschen waschen. Jede Woche kaufe ich drei oder vier große Sechserpacks, seit Monaten. Das ist extrem teuer.“
Duschen, Wäsche waschen, abwaschen, die Toilettenspülung bedienen – normale Dinge des Alltags, die im Öjendorfer Weg seit Monaten nicht mehr möglich sind. Jwona Klem (54) steht deshalb in der Nacht auf, um ihre Kleidung halbwegs sauber zu bekommen. Eine erste Maschine um zwei Uhr, eine weitere um vier. „Ich arbeite als Reinigungskraft und muss immer extrem früh aufstehen. Trotzdem stelle ich meinen Wecker, um mitten in der Nacht die Waschmaschine anzustellen. Zu dieser Zeit ist der Wasserdruck zumindest so hoch, dass ein bisschen Wasser in die Maschine fließt.“ Das ewige Piepen, das sie auf den Wassermangel in der Maschine hinweist, kann sie mittlerweile ignorieren.
Mieterverein reagiert entsetzt über die Zustände
„Ich bin schockiert“, sagt Rolf Bosse vom Mieterverein als er von den Umständen hört. „Das ist ein erheblicher Mangel an der Mietsache. Die Bewohner des Öjendorfer Wegs haben Anspruch auf Mietminderung und darauf, dass ihnen Wasser in die Wohnungen geliefert wird. Da muss ganz schnell etwas passieren. Wir werden versuchen uns in die Debatte einzumischen“, macht Bosse deutlich.
Der SAGA ist das Problem bewusst: „Die zuständige SAGA-Geschäftsstelle hat unmittelbar nach Bekanntwerden des Defekts eine Reparatur bei der für die Wartung der Anlage zuständigen externen Fachfirma beauftragt, jedoch war das für die Wartung der Anlage nötige Teil nicht vorrätig“, sagt Sprecher Gunnar Gläser. Man habe den Mietern jedoch in der dritten Etage eine freie Wohnung zur Verfügung gestellt, in der sie duschen und Wasser holen können.
„Wir gehen da nicht runter“, sagt Jawid Jajari (22). „Das ist viel zu mühsam. Außerdem ist die Wohnung oft sehr schmutzig, es sind viel zu viele Menschen für eine Dusche.“ Auch seine Familie ist frustriert. Beschwerden bei der SAGA hätten bislang zu nichts geführt. Man sei mürrisch vertröstet worden, heißt es. Dass die Ersatzteile zwar bestellt, jedoch noch nicht geliefert wurden, können sie nicht glauben. Sie haben das Gefühl, man interessiere sich nicht für sie, nehme sie nicht ernst. Zu schlecht sind ihre bisherigen Erfahrungen – egal ob es um den Kakerlakenbefall, Wasserschäden oder fremde Personen im Gebäude geht.
Wer sich in dem Hochhaus umschaut, versteht das Misstrauen der Mieter. Das Treppenhaus erinnert in seinem Hygienezustand an eine öffentliche Toilette. Wände und Boden sind schmutzig, im Aufzug riecht es nach Urin, Müll liegt in den Ecken. „Überbleibsel der Drogenpartys“, erzählt ein Bewohner. Fremde Jugendliche kämen nachts immer ins Gebäude. Sie saufen, rauchen, hören Musik – und hinterlassen ein Schlachtfeld auf den Treppen. Zerbrochene Bierflaschen, Drogentütchen, benutzte Kondome. Der Mieter dokumentiert alles mit seiner Handykamera, doch die SAGA hätte auch hier nichts unternommen, sagt er. Deshalb geht der breitschultrige Mann jedes Mal selbst zu den Teenies und schmeißt sie raus.
Es sei immer dasselbe, sagt auch Manfred Klimek (63). Es gebe ein Problem, die Mieter werden abgewimmelt und es passiere monatelang nichts. So seien für ungefähr zwei Monate beide Fahrstühle defekt gewesen, doch niemand habe sich darum gekümmert. Seine Wohnung wurde zum Käfig – denn Klimek hat nur noch seine Oberschenkel und sitzt im Rollstuhl.
Vielleicht können die Bewohner bald endlich aufatmen: Die SAGA hat die alte Druckerhöhungsanlage nun vollständig austauschen lassen, sagt Gunnar Gläser. Sie sei mittlerweile installiert und werde aktuell justiert. Und nicht nur das: Die SAGA plane eine Vollmodernisierung des Gebäudes, so der Sprecher. Derzeit befänden sich die Planungen noch in ihren Anfängen, doch sobald sie sich konkretisieren, wolle man die Mieter informieren. Diese bleiben misstrauisch. Sie glauben es erst, wenn sie wieder unter ihrer eigenen Dusche stehen.