Schwarze Puppenköpfe und Fäkalien: Angriffe auf neue Flüchtlingsunterkunft in Hamburg
Auf der ehemaligen Wiese Am Luisenhof in Farmsen-Berne wird derzeit eine neue Flüchtlingsunterkunft gebaut. Bislang gibt es hier nur Sand, Bagger und Zäune. Dennoch zieht das Bauprojekt bereits jede Menge Ärger auf sich. Die AfD heizt die Stimmung an. Inzwischen wurden Bauarbeiter bepöbelt, Baggerscheiben zerbrochen und abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen von schwarzen Puppen hinterlegt. Der Staatsschutz ermittelt.
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Auf der ehemaligen Wiese Am Luisenhof in Farmsen-Berne wird derzeit eine neue Flüchtlingsunterkunft gebaut. Bislang gibt es hier nur Sand, Bagger und Zäune. Dennoch zieht das Bauprojekt bereits jede Menge Ärger auf sich. Die AfD heizt die Stimmung an. Inzwischen wurden Bauarbeiter bepöbelt, Baggerscheiben zerbrochen und abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen von schwarzen Puppen hinterlegt. Der Staatsschutz ermittelt.
Über 300 Geflüchtete sollen in der Unterkunft in Farmsen-Berne einmal Platz finden. Im Dezember 2022 berichtete der Bezirk Wandsbek bei einer Veranstaltung vor Ort von den Plänen. Die Stimmung im Publikum war angespannt, viele Anwohner befürchteten eine Stigmatisierung ihres Viertels, den Wertverfall ihrer Grundstücke und kritisierten den Verlust der Grünfläche. Die AfD heizte die Stimmung zusätzlich an, als sie im Juni Flugblätter mit Unwahrheiten verbreitete und so Ressentiments schürte.
Mittlerweile geht es jedoch nicht mehr um bloße Kritik, sondern um Straftaten. „Am Standort Luisenhof gab es Vandalismus an Baugeräten, auf der Baustelle wurden Beschäftigte der Baufirma beschimpft und rassistische Zeichen hinterlassen“, bestätigt Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde. Nach MOPO-Informationen handelt es sich dabei konkret um abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen von schwarzen Puppen. Als die Bauarbeiter eines Tages zur Arbeit kamen, waren ihre Bagger mit Fäkalien beschmiert.
Hamburg: Arbeiter bauen Flüchtlingsunterkunft und werden bepöbelt
Die Staatsrätin der Sozialbehörde habe in der vergangenen Woche auch die Fraktionsvorsitzenden der Bezirksversammlung Wandsbek über die Angriffe informiert und um Unterstützung gebeten. „Ich war geschockt von der Aktion und es macht uns Sorge, was da passiert”, sagt Julia Chiandone, Grünen-Fraktionschefin in Wandsbek. „Wir möchten, dass sich die Arbeiter auf der Baustelle sicher fühlen und auch die Geflüchteten, die dort später ankommen. Deshalb werden wir im Gespräch mit den Menschen vor Ort bleiben.“ Dass die AfD versuche mit Flugblättern Lügen zu verbreiten und Menschen aufzuhetzen, gehe „gar nicht”.
Der Träger der Unterkunft „Fördern und Wohnen“ erstattete Strafanzeige, Polizei und Staatsschutz ermitteln. Zusätzlich wurde die Bewachung der Baustelle aufgrund der Übergriffe verstärkt. „Wir behalten die Entwicklungen dort sehr aufmerksam im Blick, unsere Einsatzkräfte sind auch dementsprechend sensibilisiert“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth der MOPO.
Neue Flüchtlingsunterkunft: Anwohner fühlen sich übergangen
Von der Sozialbehörde heißt es: „Die genannten Vorfälle am Standort Luisenhof nehmen wir sehr ernst und verfolgen eine strikte Null-Toleranzpolitik“, so Arnhold. Die Mitarbeitenden seien aufgefordert, sich zu melden, wenn ihnen etwas auffalle. „Sowohl Sachbeschädigungen als auch Äußerungen, die sich rassistisch gegen unsere Bewohnerinnen oder Mitarbeitenden richten, werden sofort angezeigt. Das gilt im übrigen für alle unsere Standorte.“ Von vergleichbaren Vorfällen rund um andere Unterkünfte sei der Behörde jedoch nichts bekannt.
In Hamburg sind derzeit rund 45.300 Geflüchtete öffentlich-rechtlich untergebracht (Stand 31. Juli 2023). Die meisten von ihnen in den Bezirken Wandsbek und Mitte. Auf Stadtteilebene sei Bahrenfeld in Altona besonders ausgelastet. Für die Sozialbehörde sei bei der Planung von Flüchtlingsunterkünften eine gute Einbindung der Kommunalpolitik und der Anwohner im direkten Umfeld von besonderer Bedeutung, sagt Arnhold.
Doch wer sich vor Ort umhört, merkt schnell: Dieser Plan ist nicht überall aufgegangen. Die Anwohner fühlen sich übergangen – das zeigt ein Blick in ihre Facebookgruppen. Aber auch die Petition „Rettung der Wiese/Sportplatz am Luisenhof“. 2411 Personen haben die Petition bereits unterzeichnet.
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Viele von ihnen wollen die Grünfläche erhalten. Aber es gibt auch andere Bedenken. Eine Frau schreibt: „Die Geflüchteten kann man nicht auf einer Wiese „parken” ohne Infrastruktur. So ist keine Integration möglich.“ Schon gar nicht, wo es im Umfeld bereits viele Unterkünfte gebe. „So wird wieder noch mehr Fremdenhass geschürt und die Rechten lachen sich ins Fäustchen.“