Schwache HHLA-Bilanz: So redet sich Vorstandschefin Titzrath die Zukunft schön
Weniger Container und ein um die Hälfte eingebrochener Gewinn: Es ist eine schwache Jahresbilanz 2023, die Hamburgs Hafenkonzern HHLA vorlegen musste. Krieg in der Ukraine, Attacken im Roten Meer, eine kränkelnde Weltwirtschaft – Druck von allen Seiten. Trotzdem bemühte sich die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath am Donnerstag um Optimismus, redet das besorgniserregende Ergebnis schön, bisweilen auch mit Sätzen wie aus einem Motivationsseminar.
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Weniger Container und ein um die Hälfte eingebrochener Gewinn: Es ist eine schwache Jahresbilanz 2023, die Hamburgs Hafenkonzern HHLA vorlegen musste. Krieg in der Ukraine, Attacken im Roten Meer, eine kränkelnde Weltwirtschaft – Druck von allen Seiten. Trotzdem bemüht sich die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath am Donnerstag um Optimismus, redet das besorgniserregende Ergebnis schön, bisweilen auch mit Sätzen wie aus einem Motivationsseminar.
Der HHLA-Gewinn vor Steuern ist um rund 50 Prozent auf 109,4 Millionen Euro abgestürzt, das Unternehmen hat also noch weniger verdient als die vorsichtige Prognose (115 bis 135 Millionen Euro) erwarten ließ. Der Nettogewinn – im Jahr 2022 noch bei 92,7 Millionen Euro – ist auf 20 Millionen Euro geschmolzen. Der Umschlag in Hamburg und an den drei kleineren HHLA-Standorten Tallin, Triest und Odessa betrug rund 5,9 Millionen Container, das sind 7,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Die Aktionäre müssen sich mit acht Cent Dividende pro HHLA-Aktie zufrieden geben. Alarmierende Jahreszahlen, aber Titzrath lobt unverdrossen: „Wir haben die Weichen konsequent in Richtung Zukunft gestellt.“
Einzelne Sätze aus Titzraths Vortrag könnten auch als Wandtattoos in der Firmenzentrale dienen: „Nicht die Ursache der Krise ist entscheidend, sondern wie ein Unternehmen darauf reagiert.“ Oder: „In herausfordernden Zeiten muss man die Herausforderungen annehmen.“ Oder: „Wir sind erfolgreich und werden unseren Weg in die Zukunft selbstbewusst weitergehen.“
Teilverkauf an MSC
In fünf Jahren habe die HHLA eine Milliarde Euro in Automatisierung und neue Anlagen investiert, in diesem Jahr sind 450 Millionen Euro geplant – Geld, das Hamburg durch den bei der Belegschaft verhassten Verkauf von 49 Prozent der HHLA an die Reederei MSC einnehmen will. Die weltgrößte Reederei verspricht, dann mehr Container nach Hamburg zu bringen. Wie viele das sein werden? Da weicht Titzrath aus: „Wir sind da noch in aktiven Gesprächen.“
Der Ausblick? Nicht so doll. Auch das laufende Jahr, so die Vorstandschefin, sei von einem „unsicheren Marktumfeld“ geprägt. Es würden zwar wieder mehr Container erwartet („Ich gehe von einem moderaten Wachstum aus“), aber der Gewinn vor Steuern werde sich voraussichtlich zwischen 85 und 115 Millionen Euro bewegen, der Sinkflug könnte also noch weitergehen.
Terminal in Altenwerder „schnurrt wie eine Katze“
Freude mache hingegen das schon lange vollautomatisierte Terminal in Altenwerder, das die HHLA zusammen mit Hapag-Lloyd (24,9 Prozent) betreibt: „Das schnurrt wie eine Katze, das fährt man als Kunde gerne an.“ Damit auch die großen Schiffe der Zukunft Altenwerder erreichen können, muss eine neue Köhlbrandbrücke viel höher werden, denn das schnurrende Terminal liegt hinter der Brücke. Eine Garantie ist freilich auch das nicht: Hapag-Lloyd hat sich mit Maersk zur Allianz „Gemini“ zusammengeschlossen und ab Februar 2025 könnten sich die „Zwillinge“ auch entscheiden, ihre Container zukünftig in anderen Häfen umzuladen. „Wir befinden uns gerade erst am Anfang der Gespräche, auch mit unserem Kunden Hapag-Lloyd“, so Titzrath zu dem drohenden Umsatzverlust.
Anna von Treuenfels-Frowein, FDP-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft, will die internationalen Krisen nicht als Ausrede akzeptieren: „Der rot-grüne Senat hat beim Staatskonzern HHLA viele Jahre lang fragwürdige strategische Entscheidungen zugelassen. Das rächt sich jetzt, auch mit dem 49,9-prozentigen Notverkauf der HHLA an MSC. Tafelsilber erst verkommen lassen und dann verkaufen müssen, das ist keine verantwortungsvolle Politik.“
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Rosiger als im Hamburger Hafen sieht die HHLA-Welt an den Außenposten aus, an den Terminals in Tallin, Triest und Odessa. Im ukrainischen Odessa werden derzeit zwar keine Container umgeschlagen (einer der Gründe für den Rückgang der Zahlen), aber das Terminal ist intakt und werde für den Getreideexport genutzt. Alle 500 Mitarbeiter hätten ihre Jobs behalten und jeweils 150 werden wochenweise vom Wehrdienst freigestellt, um am Terminal zu arbeiten. Im italienischen Hafen Triest baue die HHLA gerade das modernste Terminal der Adria und in Tallinn in Estland seien zwar auch weniger Container umgeladen worden, dafür teste die HHLA dort erfolgreich ferngesteuerte Terminal-Trucks. Auch beim Gütertransport per Drohne spielt die HHLA mit. Tochter HHLA Sky (Tietzrath: „Die HHLA ist ein Start-up!“) betreibt den ersten kommerziellen Drohnen-Kurierdienst für Waren – jedes Standbein jenseits des Hamburger Hafens ist willkommen.