Immer mehr „Gärten des Grauens“ in Hamburg – doch die Behörden machen nichts
Kies, Schottersteine, Pflaster und drumherum am liebsten noch ein Metallzaun mit Plastiklaschen. Schottergärten sind auch in Hamburg sehr beliebt. Dabei sind sie verboten! In Niedersachsen gab es dazu jetzt ein aufsehenerregendes Urteil: Ein Hausbesitzer muss seinen „Garten des Grauens“ zurückbauen und begrünen. Auch SPD und Grüne in Hamburg haben den Gärten für Faule den Kampf angesagt. Doch außer schönen Worten ist bislang nichts passiert. Umweltschützer und die CDU wollen das jetzt ändern – denn die „Schottergarten-Plage“ wird aufgrund eines bestimmten Trends immer schlimmer.
Kies, Schottersteine, Pflaster und drumherum am liebsten noch ein Metallzaun mit Plastiklaschen. Schottergärten sind auch in Hamburg sehr beliebt. Dabei sind sie verboten! In Niedersachsen gab es dazu jetzt ein aufsehenerregendes Urteil: Ein Hausbesitzer muss seinen „Garten des Grauens“ zurückbauen und begrünen. Auch SPD und Grüne in Hamburg haben den Gärten für Faule den Kampf angesagt. Doch außer schönen Worten ist bislang nichts passiert. Umweltschützer und die CDU wollen das jetzt ändern – denn die „Schottergarten-Plage“ wird aufgrund eines bestimmten Trends immer schlimmer.
Viele Kiesbeete, ein gepflasterter Weg und im Kies ein paar Pflanzen. Diese steinige Gestaltung sollte Matthias Bleifuß aus Diepholz in Niedersachsen zurückbauen und stattdessen einen richtigen Vorgarten anlegen. Er klagte dagegen und unterlag jetzt vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. „In einem Garten müssen die Pflanzen dominieren, nicht die Steine“, so das Argument der Richter. Damit verstößt der Kläger gegen die niedersächsische Bauordnung, die begrünte Vorgärten vorschreibt.
In Hannover gibt es extra zwei Mitarbeiter, die sich auf die Suche nach toten Gärten machen: 70 Schottergarten-Fälle sind so schon dokumentiert worden. In Braunschweig gab es in den vergangenen drei Jahren insgesamt 103 Fälle. In 19 davon mussten die Eigentümer ihren Garten laut NDR inzwischen umbauen und begrünen.

Verboten sind die Schottergärten auch in Hamburg, das sieht die Bauordnung der Stadt vor. Dort heißt es: „Vorgärten sind gärtnerisch zu gestalten. Sofern die Gartengestaltung nicht erheblich beeinträchtigt wird, sind Stellplätze für Kraftfahrzeuge, Fahrradplätze und Standplätze für Abfall- und Wertstoffsammelbehälter zulässig.“
Hamburg: Vorgärten müssen grün sein
Der Senat konkretisiert das in der Antwort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Sandro Kappe: Es muss sich der „deutliche Eindruck einer durchgrünten Fläche ergeben“. Eine „sporadisch wirkende Anordnung von Pflanzen, wie zum Beispiel Kübelpflanzen auf Schotter, genügt diesem gesetzlichen Anspruch nicht.“
Doch warum bloß setzen immer mehr Hausbesitzer und Verwaltungen auf Schottergärten? Weil sie angeblich pflegeleicht sind. Kein Rasenmähen, kein Heckenschneiden, Unkrautzupfen oder Holz streichen. Das gaben zumindest 80 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage des Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) an. Dabei haben sie sich aber ganz schön verrechnet.
BUND: Schottergärten sind nicht pflegeleicht
„Ganz so einfach ist das nicht“, erklärt Reinhard Degener von der BUND-Kreisgruppe Lübeck im Gespräch mit der MOPO. Die Natur finde sogar auf lebensfeindlichen Flächen ihren Weg. Zwischen den Steinen wachsen Wildkräuter, die dann mit Gift bekämpft werden, weil sie als „unordentlich“ angesehen werden. „Außerdem verfärben sich die Steinchen nach einiger Zeit grünlich. Die Säuberung ist dann mit einem erheblichen Aufwand verbunden“, so Degener. Schottergärten bieten weder Tieren noch Pflanzen Lebensraum, sie heizen die Stadt unnötig weiter auf und Wasser kann nicht versickern.
Neben der Bequemlichkeit ist offenbar auch die knappe Fläche ein Grund für die steigende Zahl der Schottergärten: Ein Hamburger Makler schildert den idealen Garten für junge Hamburger Familie so: „Junge Familien suchen die Erholung von der Arbeit nicht mehr im eigenen Garten. Sie wollen lieber ein kleineres Grundstück, um das man immer noch herumlaufen kann und auf das zwei Stellplätze für die Autos passen. Und dann muss noch Platz für die Terrasse mit dem Webergrill und der Sitzgruppe fürs Grillen mit Freunden sein.“ Da reichen 400 Quadratmeter völlig aus. Und wenn die Parkplätze versiegelt sind, bleibt kaum Platz für den Vorgarten.
Eimsbüttel und Wandsbek: Politik als zahnloser Tiger
Sowohl die SPD in Eimsbüttel als auch die Grünen in Wandsbek haben den Schottergärten den Kampf angesagt. Bisher aber mit wenig Tatkraft und Personal. So heißt es gegenüber der MOPO aus den Pressestellen der beiden Bezirksämter, dass es „kein großes Thema in der Behörde sei“, dass es auch höchstens einzelne, aber keine gezielten Stichproben vor Ort gebe und man in erster Linie auf Beschwerden reagiere.

Beide Bezirke erfassen keine „Schottergarten-Vorfälle“ und können daher nicht sagen, ob und wie viele Eigentümer kontaktiert wurden, damit sie ihre Vorgärten umgestalten. Hätte es gerichtliche Auseinandersetzungen wie in Diepholz gegeben, würde sich wohl eine Verwaltung erinnern. Der CDU-Abgeordnete Sandro Kappe fordert deshalb: „Die Wegewarte müssen endlich angewiesen werden, die Schottergärten aufzunehmen. Denn sie sind rechtlich nicht zulässig und das Bezirksamt muss sie sanktionieren. Das ist aber nur möglich, wenn es darüber in Kenntnis gesetzt wird.“ Derzeit setze der Senat auf Denuzierung durch die Nachbarn. „Das ist unsäglich.“
Der BUND in Hamburg fordert eine Rückbauverpflichtung für Schottergärten. „Dafür müssen die Bezirksämter aber ausreichend Personal bekommen, damit sie auch durch die Straßen gehen und gucken können“, so Sprecher Paul Schmid. Zudem sei es wichtig, in der Bauordnung zu konkretisieren, was denn als Schottergarten gelte und wie viel versiegelte Parkplatzfläche etwa auf einem Grundstück zulässig sei. Schmid: „Nötig ist dann auch ein Entsiegelungsfahrplan für die Betroffenen. Eine Regelung, bis wann sie die womöglich teuer angelegten Schottergärten zurückgebaut haben müssen.“ Damit die ebenfalls teuren Maßnahmen nicht auf einen Schlag erfolgen müssen.
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Das alles ist in Hamburg nicht einmal im Ansatz in Arbeit. Im Bezirk Wandsbek gab es vor einem halben Jahr eine durch die Parteien angestoßene Pressemitteilung, in der darauf hingewiesen wurde, dass Schottergärten verboten sind. Mehr nicht, auch aus Kostengründen wurde auf Flyer in den Postkästen verzichtet. Katja Rosenbohm, Kreisvorsitzende der Grünen in Wandsbek: „So konnte aber zumindest das Bewusstsein dafür geschärft werden.“