Schon wieder fehlen Millionen! Ist Aurubis ein Selbstbedienungsladen für Gauner?
Der Aktienkurs stürzte steil ab wie eine Wand: Am Donnerstag war eine Aurubis-Aktie noch 76,28 Euro wert, Freitag früh nur noch 64,76 Euro. Der Grund: Der Hamburger Kupferhersteller hatte bekannt gegeben, dass erneut wertvolle Metalle fehlen, diesmal gar im Wert von mindestens 100 Millionen Euro. Ist Europas größte Kupferhütte ein Selbstbedienungsladen für Gauner? Erst im Juni war ein 20-Millionen-Coup aufgeflogen. Die MOPO erklärt, wie die Täter jeweils vorgingen – und warum sie vermutlich unabhängig voneinander auf Beutezug gingen.
Der Aktienkurs stürzte steil ab wie eine Wand: Am Donnerstag war eine Aurubis-Aktie noch 76,28 Euro wert, Freitag früh nur noch 64,76 Euro. Der Grund: Der Hamburger Kupferhersteller hatte bekannt gegeben, dass erneut wertvolle Metalle fehlen, diesmal gar im Wert von mindestens 100 Millionen Euro. Ist Europas größte Kupferhütte ein Selbstbedienungsladen für Gauner? Erst im Juni war ein 20-Millionen-Coup aufgeflogen. Die MOPO erklärt, wie die Täter jeweils vorgingen – und warum sie vermutlich unabhängig voneinander auf Beutezug gingen.
Der Schaden ist so hoch, dass Aurubis gestern eine „ad hoc Gewinnwarnung“ veröffentlichen musste: Das Unternehmen teilte mit, dass der erwartete Gewinn von 450 bis 550 Millionen Euro nicht mehr erreicht werden kann – die Aktionäre warfen die Aktie nervös auf den Markt, der Kurs stürzte ab.
Hamburg: Aurubis beklagt erneut fehlende Metalle
Aber was war geschehen? Erst im Juni war doch ein jahrelanger Metallklau aufgeflogen, damals mit 20 Millionen Euro Schaden. Und nun gar „ein Schaden im niedrigen, dreistelligen Millionenbereich“, wie es in der Unternehmensmitteilung heißt.
Die große Frage: Ist die größte Kupferhütte Europas mit Sitz auf der Veddel ein Selbstbedienungsladen? Nein, heißt es seitens des Unternehmens. Dieser Fall sei ganz anders gelagert als der Mega-Klau, der im Juni – nach monatelanger Observierung durch die Ermittlungsbehörden – mit einem Knall aufgeflogen war.
Diesmal ist Aurubis, vereinfacht gesagt, Opfer eines groß angelegten Betruges im Bereich Elektroschrott geworden: Das Unternehmen hat nach ersten Erkenntnissen Millionen für Recyclingmetall bezahlt, das gar nicht geliefert wurde.
Aurubis-Belegschaft erschüttert von neuerlichen Straftaten
Die Belegschaft, erfuhr die MOPO, ist erschüttert von den neuerlichen kriminellen Machenschaften. Denn es scheint klar: Ohne Insider mit Zugriff auf Aurubis-Systeme kann die Abzocke nicht funktioniert haben.
Dass die Masche nicht sofort aufgefallen ist, liegt an den Prozessen der Metallproduktion: Tonnenweise werden im Recyclingbereich etwa Platinen aus Handys und Computern angeliefert und geschreddert. Aus dem Schreddergut jeder Lieferung wird eine repräsentative Stichprobe gezogen, um einschätzen zu können, wie viel Edelmetall, also Gold, Silber , Kupfer die zerstückelten Teile enthalten. Ganz genau können die Werte bei dem Material nicht sein, aber es ist die Basis, auf der ein Lieferant sein Geld bekommt.
„Wir bezahlen also heute etwa für Gold, das sich aber erst in acht Wochen als Feinmetall materialisiert“, so Aurubis-Sprecher Christoph Tesch zur MOPO. Im aktuellen Fall wurde also kein Metall vom Gelände geklaut, sondern die Täter kassierten Millionen für nie gelieferte Rohstoffe – mutmaßlich mit Hilfe manipulierter Stichproben. Dass das bereits bezahlte Gold (oder Silber oder Kupfer) gar nicht vorhanden ist, fällt erst in turnusmäßigen Inventurprozessen auf.
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Weiterer Unterschied zu dem 20-Millionen-Diebstahl: Anders als im Juni hatten die Ermittlungsbehörden die aktuellen Übeltäter nicht monatelang im Visier, bevor sie zuschlugen. Erst gestern hat Aurubis das Landeskriminalamt eingeschaltet, kurz nachdem der Millionenschaden aufgefallen war.
Die Verantwortlichen gehen deshalb davon aus, dass diese Tätergruppe nichts mit der Diebesbande vom Juni zu tun hat. Damals war es zu einer spektakulären Razzia gekommen: Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hatte mit einem Räumpanzer eine gut gesicherte Villa in Fredenbeck (Landkreis Stade) gestürmt und dabei zwei Wachhunde erschossen.Zeitgleich ließ die Hamburger Staatsanwaltschaft mehr als 30 Objekte durchsuchen. Derzeit wird gegen zwölf Personen ermittelt. Die Aurubis-Aktie erholte sich im Laufe des Freitages übrigens etwas und kletterte wieder auf gut 68 Euro.