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  • Hummel, Hummel  – Mors, Mors! Ein typisch Hamburger Wasserträger posiert hier in den 30er Jahren vor einem beliebten Hamburger Fotomotiv: dem Steckelhörnfleet mit der Nikolaikirche im Hintergrund.
  • Foto: MOPO-Archiv

Schnacken wie ein Hamburger: Woher kommt eigentlich „Hummel, Hummel – Mors, Mors“?

Was die Stadt Hamburg so unverwechselbar macht? Vor allem die tolle Lage an Alster, Elbe und Bille. Und: ihre Sprache! Ausgerechnet ein Bremer, der Historiker Dr. Daniel Tilgner, hat jetzt ein Lexikon der Hamburger Begriffe herausgebracht. „So snackt Hamburg“ heißt der Band – und der ist nicht nur für Quiddjes (Zugereiste) interessant, sondern auch für waschechte Hanseaten. Die MOPO stellt eine Auswahl der lustigsten Begriffe vor. Heute Teil 2: Hamburg von F bis K. 

Fiese-Miese-Isestraße: Von 1906 an entstanden von der Hoheluftbrücke aus entlang der Isestraße Geschosswohnungsbauten – scherzhaft „fies“ genannt, weil erstens noch in enger Schlitzbauweise und zweitens mit dem bald danach im Bau befindlichen Hochbahn-Viadukt vor der Nase. Kurz nach dem Eppendorfer Baum hatte der Wohnstandard schon besseren Ruf, vor allem dank des fortschrittlichen Haustyps, der sogenannten Hamburger Burg. Dass dieser Bereich noch immer zum „miesen“ Teil gehört, liegt nur daran, dass noch sprachliche Reserve nötig ist für die von der Oderfelder Straße bis zur Heilwigstraße enorm prächtig ausgestattete Wohnbebauung. Denn dort liegt der Bereich „Schickste Isestraße“-Luxuswohnungen mit mehr als 200 Quadratmetern Fläche, prächtigen Eingängen und Gartengrundstück bis zur Wasserkante des Isebek-Kanals.

Fleetenkieker war in früheren Zeiten die offizielle Bezeichnung der mit der Reinhaltung der Fleete betrauten Personen. Sie ging später auf alle Abfallsammler über, die bei Ebbe am trockenen Rand oder im seichten Wasser auf dem Grund nach Brauchbarem suchten („Alstergold“).

Fofftein ist Plattdeutsch und heißt „fünfzehn“. Als Begriff steht die Zahl für eine etwa 15-minütige Arbeitspause zum Verzehr des Frühstücks, kann aber auch für andere Pausen gelten.

Wieso heißt es Franzbrötchen? Die Bedeutung der Hamburger Spezialität

Franzbrötchen sind seit dem 19. Jahrhundert als Gebäckspezialität in Hamburg belegt. Zunächst bezeichnete „Franzbrot“ einen langen Brotlaib, der mit Butter und besonders feinem weißem Mehl gebacken war, dem heutigen Baguette vergleichbar. Bald nach der Jahrhundertwende soll eine Hamburger Bäckerei begonnen haben, ihre Hamburger Franzbrötchen in der Fettpfanne zu veredeln. Heute werden sie aus einem Hefe-Plunderteig mit viel Butter und Zimt in vielen Variationen gebacken.

fühnsch ist, wer durch plötzlich aufsteigenden Ärger „in brass“ geraten, also wütend geworden ist (auch: „inne brass“).

Gängeviertel ist ein Begriff für die sich vom 17. bis ins 19. Jahrhundert fortwährend verdichtenden Wohnviertel der Mittel- und Unterschicht in der Hamburger Alt- und Neustadt. In dem Maße, wie die Stadtbevölkerung wuchs, wurden die oft nur wenige Meter breiten Straßen, die Gänge, immer verwinkelter und die Fachwerkhäuser zur Schaffung weiterer Wohnflächen enger, höher und verschachtelter gebaut.

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gediegen bezeichnet im hochdeutschen Sprachgebrauch etwas von unbestreitbarem Wert, etwas Reines und Gutes, das waschecht ist und bleibt. Dem Hamburger jedoch scheint so viel Positives offensichtlich ein wenig suspekt zu sein, denn in der Hansestadt kann dem Ausdruck auch die Bedeutung von „nicht ganz koscher“ oder „merkwürdig“ (ischa merkwürch!) zukommen. „Was der allns so von sich erzählt, dascha gediegn.“ Auch ein Ausruf des Erstaunens kann lauten: „Ischa gediegen!“

gnadderig oder gnatterig sind die, die unzufrieden und somit nörgelig sind. Dass diese Stimmung auch in Hamburg ein weites Feld menschlicher Gefühle berührt, zeigt deutlich ein Blick auf begriffliche Alternativen, die im Hamburgischen Wörterbucharchiv der Universität nachgewiesen sind und eine Jahrhundertparade mieser Laune bieten: „brummig, brummsch, gnargelig, gnarrich, gnarrsch, gnattjebrummich, gnatsch, gnattschappig, gnattschevsch, gnattschich, gnattsteertich, gnegelich, gnesich, gneterich, gnetsch, gnetschich, gnietsch, gnittelich, gnitterich, gnittschevsch, gnitzich, gnurrich.

Grog ist ein typisch norddeutsches Heißgetränk, das sich an kalten Tagen bestens zum Aufwärmen eignet. Im alten Hamburg war es viel weiter und vor allem ganzjährig verbreitet, besonders in den unzähligen Hafenkneipen. Das ausführliche Rezept fasst ein uralter Schnack völlig ausreichend zusammen: Rum muss, Zucker darf, Wasser kann. Der „steife Grog“ wird kurz „Stieben“ genannt. Für eine weitere Zubereitungsart mit Milch und Eigelb als „Eiergrog“ wurde Carl Cohrs so bekannt, dass er und sein Lokal schließlich nur noch „Eier Carl“ waren. Das Lokal bestand von 1903 bis zur Zerstörung 1943 an der Ecke Große Elbstraße/Fischmarkt, wo heute wieder eine Kneipe als „Eier Carl“ ihre Gäste im Flair eines traditionellen Seemannslokals empfängt.

Hachmanns Kinderwagen wurden früher die Gefängniswagen genannt, die die Häftlinge von der Strafanstalt durch die Stadt zu den Gerichten am Sievekingplatz oder zum Untersuchungsgefängnis am Holstentor beförderten. Der Senator Gerhard Hachmann wurde Namensgeber, weil er von 1886 bis 1899 Hamburgs oberster Udl war, also als „Erster Polizeiherr“ an der Spitze der Polizeibehörde stand.

Hamburger Butterbrot ist eine mit Wurst und einer Scheibe Schwarzbrot belegte Rundstückhälfte. Im 19. Jahrhundert ist der Begriff auch als Bezeichnung für zwei gebutterte zusammengeklappte Scheiben Schwarz- und Weißbrot überliefert und in einer anderen Variante als Schwarzbrot mit Käse und zwei Brötchenhälften.

Handstein ist ein alter Name für einen Ausguss in der Küche. Viel später kamen Wasserleitungen in die Wohnungen und damit bald auch die „Marke Handsteinperle“ auf den Tisch des Hauses von allen, die sich nicht für abgefüllt zu kaufendes Mineralwasser, sondern für die günstige „Gänsewein“-Variante entschieden. In England spart man übrigens mit „Adams Bier“, in Italien mit „Brunnenwein“ und in Frankreich entweder mit „Froschwein“ oder dem Edeltropfen „Château la Pompe“.

He lücht! bekommen zuweilen noch heute die Passagiere einer Hafenrundfahrt von Arbeitern auf den Kais, Schiffen und Docks zugerufen. Hintergrund des Ausrufs, der auf Hochdeutsch „Er lügt!“ bedeutet, sind die oft allzu blumigen Erklärungen und Übertreibungen zum Hafenalltag, die von den Schiffsführern der Rundfahrtflotte zur Unterhaltung der Passagiere zum Besten gegeben werden.

Hummel, Hummel – Mors, Mors gilt als Hamburgs Schlacht- oder Erkennungsruf. „Hummel“ war ursprünglich der Ökelname eines Wasserträgers in der Neustadt. Er lebte von 1787 bis 1854, hieß eigentlich Johann Wilhelm Bentz und soll griesgrämig, reizbar und nicht zuletzt etwas beschränkt gewesen sein. Den Neustädter Kindern jedenfalls, die ihm ihr „Hummel, Hummel“ nachriefen, knurrte er regelmäßig ein „Mors, Mors“ zurück, was bis heute eine ähnliche Aufforderung bedeutet wie das plattdeutsche „Klei di an’n Mors“ (Fass dich an den Hintern!).

in Tüdel kommen: Wer „in Tüdel kommt“, verliert die Übersicht und bringt alles durcheinander.  

Kaffeeklappen ist der inoffizielle Name der Volksspeise- und Kaffeehallen im Hamburger Hafen. Im Gegensatz zum Angebot des Fleegenweerts sollte es hier nur alkoholfreie Getränke und warmes Essen geben.

Hafenklappe Hamburg (1)

Die letzte Hafenklappe Hamburgs, die die Zeiten überdauert hat: die Oberhafenkantine.

Foto:

hfr

Kanuut ist ein alter Hamburger Ausdruck für Genosse, Kamerad, und „Kanuuten“ beschreibt auch eine Gruppe spielender Buttjer, die vermutlich im nächsten unbeobachteten Augenblick mal wieder ziemlichen Unsinn anstellen dürften.

Karpfenschnut ziehen oder Flunsch ziehen Mit gesenktem Blick, vorgeschobener Unterlippe und krauser Stirn ziehen Kinder eine „Karpfenschnut“ oder einen „Flunsch“. Sie sind trotzig, eingeschnappt und spielen die „beleidigte Leberwurst“.

Kibbelkabbel: Ein Kibbel ist ein zehn bis 15 Zentimeter langes, beidseitig zugespitztes Stöckchen. Darum dreht sich alles beim heute weitgehend vergessenen Kinderspiel namens „Kibbelkabbel“. Im Hamburgischen Wörterbuch sind die Regeln wie folgt zusammengefasst: „Ein Kibbel wird über ein in die Erde gebohrtes Loch gelegt und von einem Spieler mit einem längeren Stock, dem Kabbel, möglichst weit in die gegnerische Spielhälfte geschleudert, wo die Mitspieler den Kibbel zu fangen versuchen; gelingt dies, gibt es Punkte, und der Fänger muss versuchen, mit dem Kibbel den vom Gegner niedergelegten Kabbel zu treffen; beim erfolgreichen Versuch ist der Gegner „af“ und wird abgelöst; im anderen Fall schlägt dieser Spieler mit dem Kabbel so auf das eine Ende des Kibbel, dass dieser hochspringt und nun möglichst oft in der Luft mit dem Kabbel getroffen werden muss, wofür es ebenfalls Punkte gibt.“

Plattdeutsches Wörterbuch: Hier finden Sie Teil 1 (A bis E) und Teil 3 (L bis O) der Serie.

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