Schiffsstau auf der Nordsee: Welche Folgen das für Hamburgs Hafenarbeiter hat
Am Horizont sieht man sie Schlange stehen: Dutzende Frachtschiffe liegen vor der deutschen Nordseeküste auf Reede. Sie können weder in Hamburg noch in Bremerhaven anlegen, weil die Containerlager voll sind. Nun heißt es warten. Das hat auch Konsequenzen für Hamburgs Hafenarbeiter.
Am Horizont sieht man sie Schlange stehen: Dutzende Frachtschiffe liegen vor der deutschen Nordseeküste auf Reede. Sie können weder in Hamburg noch in Bremerhaven anlegen, weil die Containerlager voll sind. Nun heißt es warten – ein Problem, das weltweit besteht. Corona und der Ukraine-Krieg haben den globalen Warenverkehr weltweit durcheinander gebracht.
Allein zehn der derzeit vor Helgoland liegenden Schiffe warten darauf, Hamburg anlaufen zu können. „Das kann von ein paar Tagen bis zu einigen Wochen dauern“, erklärte Hans-Jörg Heims, Sprecher des Terminalbetreibers HHLA. Trotz aller Bemühungen und einem Großeinsatz von Personal und Technik komme es zu Verzögerungen bei der Abfertigung.
Hamburger Terminal-Betreiber bietet Geld für Überstunden an
Nach MOPO-Informationen wurde die Belegschaft gebeten, auf freie Tage zu verzichten und Überstunden zu leisten. Dafür bietet die Geschäftsführung in einem Brief, der der MOPO vorliegt, als finanziellen Anreiz 100 Euro für den Verzicht auf einen freien Tag. Für jeweils vier vergütete Überstunden gibt es 50 Euro extra. „Wir brauchen ca. 800 Schichten im Monat zusätzlich, um den Kreislauf an wartenden Schiffen zu durchbrechen und die Containerlawine zu bewältigen“, heißt es in dem Schreiben.
Der Betriebsrat hat dem Angebot noch nicht zugestimmt. Am Montag soll es eine Betriebsversammlung dazu geben. Viele Arbeiter sehen das Angebot kritisch, nicht nur, weil es Geld-Geschenke wie Corona-Boni bisher nur für Führungskräfte gab, während sie selbst, die Tag und Nacht malocht haben, leer ausgingen. Sondern auch, weil die HHLA die knappe Personalsituation aus Sicht der Arbeiter lieber durch Neueinstellungen lösen sollte, statt auf Überstunden zu setzen und so die Belegschaft weiter gesundheitlich zu belasten. Danach sieht es jedoch nicht aus: Die HHLA will ab 2025 pro Jahr 150 Millionen Euro einsparen. Kaum einer glaubt, dass dabei nicht auch weitere Jobs verloren gehen.
Lockdown in Shanghai könnte die Situation bald noch verschärfen
Die HHLA betont jedoch, die seit Beginn der Corona-Krise ausgelösten Störungen der Lieferketten stets gut gemanagt zu haben. Aktuell seien die Fahrpläne der Schiffe durch Nachwirkungen von Ereignissen wie der tagelangen Blockade des Suezkanals durch die „Ever Given“, schlechte Witterung und zuletzt den Ukraine-Krieg außer Kontrolle geraten.

Tatsächlich könnte sich die Situation sogar noch verschärfen: Dann, wenn die Auswirkungen des Lockdowns in Shanghai in Hamburg ankommen. Die europäischen Terminalbetreiber seien „froh, dass aus China derzeit weniger Ladung kommt“, so Heims zur MOPO.
Reederei Hapag-Lloyd: „In Shanghai fehlen 50 Prozent der LKW-Fahrer“
Die Reederei Hapag-Lloyd, deren Schiffe von dem Lockdown in Shanghai betroffen sind, erklärt die Lage so: „Aktuell fehlen 50 Prozent LKW-Fahrer, die die Fracht aus dem Hafen Shanghai holen. Mit dem Lockdown haben sich die Prozeduren verkompliziert und die Fahrer dürfen nur mit gültigem PCR Test (48h) in den Hafen kommen“, so eine Sprecherin. Besonders problematisch sei das bei Kühl- und Gefahrgut, das aktuell nicht so schnell abgeholt wird wie nötig und die Terminalhöfe blockiere. Die chinesischen Behörden seien aber dabei, zusätzliche Anschlüsse für Kühltransporte zu schaffen.
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Wenn in Shanghai wieder alles rund läuft und sich die dort wartenden Schiffe auf einen Schlag wieder in Richtung Europa aufmachen, könnte der Containerstau in Hamburg noch größer werden als jetzt. Ob Überstunden zur Lösung des Problems dann noch reichen, bleibt abzuwarten.