Schädelbruch auf dem Kiez: Angeklagter bricht vor Gericht in Tränen aus
„Ich wollte diesen Mann nicht umbringen!“, sagt Stefan T. flehentlich, während sich seine Augen mit Tränen füllen. Er habe sich am 18. September 2021, dem Tag der Tat, völlig betrunken. Mit einem Freund war er auf der Reeperbahn unterwegs. Das spätere Opfer sei auf ihn zugekommen und habe ihn beleidigt. „Er wolle mich ficken, hat er gesagt“, erläutert der Angeklagte vor Gericht den Konflikt. Der Satz habe ihm sehr wehgetan. „Ich wurde als Junge vergewaltigt“, so der 33-Jährige. „Ich habe ihn aus Reflex und dem Schmerz heraus geschlagen.“
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Stefan T. will sich erklären: Der 33-Jährige ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Er soll einem Mann die Faust ins Gesicht gerammt haben. Am nächsten Tag war der angegriffene Mann tot. Vor Gericht schildert der Angeklagte den Tathergang – und bricht in Tränen aus.
„Ich wollte diesen Mann nicht umbringen!“, sagt Stefan T. flehentlich, während sich seine Augen mit Tränen füllen. Er habe sich am 18. September 2021, dem Tag der Tat, völlig betrunken. Mit einem Freund war er auf der Reeperbahn unterwegs. Das spätere Opfer sei auf ihn zugekommen und habe ihn beleidigt. „Er wolle mich ficken, hat er gesagt“, erläutert der Angeklagte vor Gericht den Konflikt.
Hamburg: Mann schlägt Partygänger auf der Reeperbahn
Der Satz habe ihm sehr wehgetan. „Ich wurde als Junge vergewaltigt“, so der 33-Jährige. „Ich habe ihn aus Reflex und dem Schmerz heraus geschlagen.“ Jedoch nicht mit der Faust, nur mit der flachen Hand – das ist Stefan T. sehr wichtig. Gleich mehrfach steht er von der Anklagebank auf und macht den Schlag vor. „Ich habe ihn mit offener Hand weggeschlagen.“
Der angegriffene Mann ist durch den Schlag nach hinten gekippt und mit dem Kopf auf den Asphalt geknallt. So heißt es in der Anklage. Er erlitt einen Schädelbruch und eine Hirnschwellung. Am nächsten Tag war er tot.
Doch den Richter interessiert noch etwas anderes: „Wie viel haben Sie bis zur Tat getrunken?“ Morgens gegen 9 Uhr habe er mit dem Trinken begonnen, erzählt der Angeklagte. Bis zur Tatzeit gegen 15 Uhr kam dabei einiges zusammen. Der Angeklagte zählt auf: eine Flasche Rotwein, drei große Bier, Vodka und eine kleine Flasche Whiskey. Und woran habe er gemerkt, dass auch sein Opfer betrunken sei, erkundigt sich der Richter. „Weil er direkt hingefallen ist“, erwidert Stefan T. und ergänzt: „Wenn ich betrunken bin, falle ich auch schneller.“
Reeperbahn: Zeuge vorm Pennymarkt beobachtet die Tat
Thomas S. (42) sitzt jeden Tag vor dem Pennymarkt auf der Reeperbahn. Und das seit neun Jahren. Am Mittwoch ist er im Fall Stefan T. als Zeuge geladen. Der Richter zeigt sich ehrlich verwundert: „Und was machen Sie da vor dem Pennymarkt den ganzen Tag?“, erkundigt er sich. In seiner schwarzen Weste, dem schwarzen Hemd mit Goldfäden und seinem gepflegten Bart scheint der Zeuge nicht so recht vor einen Pennymarkt zu passen.
„Ich höre Musik, trinke mein Bier, beobachte die Leute“, erklärt Thomas S. dem Richter. Zehn Bier waren es bis zur Tat. Doch er sei ganz klar gewesen, habe dem Geschädigten noch geholfen. Den Tathergang schildert er so: Drei Personen kamen aus der Richtung Hamburger Berg (St. Pauli) auf den Pennymarkt zu. Sie stritten sich auf einer ihm fremden Sprache.
Dann sei es zu einer Rangelei gekommen. Das spätere Opfer soll versucht haben, einen Mann in den Schwitzkasten zu nehmen. Dieser habe ihn abgewehrt und dem Mann direkt eine verpasst. Ob es sich bei dem Schläger um den Angeklagten handelt, vermag der Zeuge nicht zu sagen.
Prozess: Angeklagter weint vor Gericht
„Der Geschlagene ist wie ein Baum umgefallen, auf den Kopf. Da gab es keine Reflexe mehr, der war wie k.o.“, berichtet der Zeuge. Alle drei seien definitiv alkoholisiert gewesen. Das Opfer sei mit dem Kopf auf den Asphalt aufgeschlagen, wo sich direkt eine Blutlache gebildet habe. Thomas S. habe daraufhin eine Zewa-Rolle aus dem Dönerladen neben Penny geholt und sich um den Mann am Boden gekümmert. Der Angreifer sei weiter gegangen. Nur einmal habe er sich noch umgeblickt.
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Stefan T. ist aufgewühlt. „Immer wenn ich mich hinlege, erscheint der Mann vor meinen Augen,“ sagt er unter Tränen vor Gericht. „Ich wollte ihm nichts antun!“ Er sei betrunken gewesen. „Das haben wir verstanden“, sagt der Richter und hebt beschwichtigend die Hände.
Der Prozess wird fortgesetzt.