Salzspielplätze für Kinder: Das taugt der neue Trend wirklich
Inhalieren und auch noch Spaß dabei haben: In sogenannten Salzspielplätzen können Kinder mit Salz statt Sand spielen und salzhaltige Luft einatmen, die beim Gesunden helfen soll. Im Norden steckt der Trend noch in den Kinderschuhen, dabei gibt es in Hamburg schon lange einen „Salzraum“. Was Anbieter versprechen, Ärzte dazu sagen und die Verbraucherzentrale empfiehlt:
Was sind Salzspielplätze?
Salzspielplätze sind Indoor-Spielplätze, deren Boden mit Salz bedeckt ist. Anbieter sorgen außerdem mit Generatoren für eine salzhaltige Luft in den Räumen. „Es ist ein kindergerechter Raum, wo die Kinder im feinen Salz spielen und dabei spielerisch die Inhalationstherapie wahrnehmen“, heißt es etwa von „Babybeach“. Der Anbieter hat bundesweit eigenen Angaben zufolge 50 Filialen.
Wo gibt es in Hamburg und im Norden Salzspielplätze?
Der Trend breitet sich gerade erst aus, im Norden ist er aber noch nicht richtig angekommen. „Durch die vielen Kurorte mit Salzgrotten im Süden, sind die Salzspielplätze dort wesentlich mehr verbreitet“, sagt Saskia Albrecht der MOPO. Sie betreibt in Hamburg schon seit 2016 den „Salzraum“. „Die Salztherapie gibt es schon lange, sie war aber von vielen der esoterischen Ecke zugeordnet, jetzt gilt sie als moderner“, erklärt Albrecht die aktuelle Entwicklung auf dem Markt. In Neu Wulmstorf im Landkreis Harburg gibt es die „Salzoase“. In Niedersachsen hat „Babybeach“ mehrere Standorte, zum Beispiel in Bad Oyenhausen, in Hameln oder in Bad Hersefeld. In Springe bei Hannover beitet das „Wilde Wutz“ eine Salztherapie an, in Osnabrück der „Salzkasten“.
Was versprechen Salzspielplätze?
Kerstin Hartwig, Inhaberin des Berliner „Salz-Reich“ betont: „Salzspielplätze heilen nicht, sie unterstützen.“ Regelmäßige Besuche sorgten beispielsweise bei Kindern dafür, dass die Schleimhäute befeuchtet seien. „Die Schleimhäute sind dann dicht, und es können keine oder deutlich weniger Viren und Bakterien eintreten“, so Hartwig. „Rio’s Salzspielplatz“ in Aschaffenburg sieht Salz als „Wundermittel“ gegen Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis, RSV, COPD, Husten oder auch Heuschnupfen. Das Kindersalzparadies in Berlin-Pankow verspricht: „Während Ihre Lieblinge im Salz spielen, inhalieren sie wertvolle Mineralien ein. Diese bewährte Therapie wirkt gegen Allergien, Pilze, HNO-Erkrankungen, Hauterkrankungen wie beispielsweise Neurodermitis oder Schuppenflechte.“
Was sagen Ärzte zur Wirkung auf die Atemwege?
„Ein Besuch von Salzspielplätzen macht aus unserer Sicht medizinisch keinen Sinn. Wir empfehlen das Inhalieren auch nicht mehr zur Genesung oder Vorbeugung von Erkrankungen. Die Salzpartikel sind meist nicht klein genug, um dorthin zu gelangen, wo sie hin sollen“, sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt:innen.
„Man braucht wirklich gute Geräte, um feine Partikel zu produzieren“, sagt Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen, Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein. Bei Bronchitis könne das Inhalieren helfen, aber entscheidend sei die Teilchengröße, betont auch der Facharzt. Die salzhaltigen Partikel führen demnach zu einer Schleimverflüssigung. Dadurch könne zäher Schleim leichter abgehustet werden. Wichtig: Besuche in einem Salzspielplatz seien nicht schädlich für die Kinder, so die Experten, aber man verspreche sich zu viel.
Helfen Salzspielplätze bei Hautkrankheiten?
„Salz-Reich“-Gründerin Kerstin Hartwig berichtet, sie habe einst als Tagesmutter erlebt, wie bei einem Kind mit Neurodermitis nach einem Besuch in einem Salzspielplatz eine Wunde plötzlich verheilt war. Das sei für sie ein Schlüsselerlebnis gewesen. Der Kieler Professor für Dermatologie, Oliver Wiedow, sagt hingegen: „Aus meiner Sicht ist die Behauptung ‚Diese bewährte Therapie wirkt gegen Allergien, Pilze, HNO-Erkrankungen, Hauterkrankungen wie beispielsweise Neurodermitis oder Schuppenflechten‘ nicht haltbar.“ Sie könne so angewendet noch nicht einmal bei der Schuppenflechte wirken, bei der bislang die besten Wirkungen von konzentrierten Kochsalzlösungen beobachtet worden seien. „Räume mit Sole zu benebeln ist eine Idee, die man haben kann. Nachweise für eine therapeutische Wirkung kenne ich nicht“, so der Arzt am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Ein Aufenthalt auf einem salzbedeckten Boden könne allein schon aufgrund des fehlenden Kontaktes zur erkrankten Haut nicht wirken.
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Ist ein Besuch im Salzspielplatz vergleichbar mit einem Aufenthalt am Meer?
„An der See kann man durch die Brandungsluft kleine Salzpartikelchen einatmen, die dann in den feuchten Atemwegen aufquellen. Das führt dazu, dass sich der Schleim verflüssigt und man besser abhusten kann“, erklärt Pneumologe Mülleneisen. In verschiedenen Salzbädern werde versucht, diesen Mechanismus nachzuahmen. „Das kommt aber nicht annähernd an die Qualität der Brandungsluft ran.“ Der Natur gelinge es, besonders feine Salzkristalle zu produzieren, die tief in die Lunge eingeatmet werden können. Auch gute Inhaliergeräte könnten das leisten, so Mülleneisen. Diese könne man als Patient in Arztpraxen ausleihen oder bei chronischen Erkrankungen auch verordnet bekommen.
Anbieter empfehlen mitunter auch kranken Kindern Besuche in ihren Salzspielplätzen. Ist es unbedenklich, sie mit gesunden Kindern gemeinsam spielen zu lassen?
„Babybeach“ vernebelt in seinen Räumen nach eigenen Angaben eine 14-prozentige Sole. Laut Lungenfacharzt Mülleneisen tötet dieser Salzgehalt Viren und Bakterien ab. Doch er gibt zu bedenken: „Wenn die Luft so salzig wäre, würde sich kein Kind darin aufhalten. Die Sole wird in der Umgebungsluft verdünnt und diese Luft atmet man ein. Wie steril und sauber ist das? Da wäre ich skeptisch. Kranke Kinder sollten generell nicht mit anderen Kindern zusammengebracht werden. Es gibt gerade bei Kindern so viele verschiedene Übertragungsmöglichkeiten von Krankheiten, zum Beispiel über Schmierinfektionen.“ Auf den Seiten der „Babybeach“-Zentrale wird empfohlen, vor einer Salzinhalation mit einem Arzt zu sprechen. Dort wird auch von Besuchen abgeraten, wenn man Fieber hat.
Können Salzspielplätze gegen Allergien helfen?
Ein Anbieter wirbt auch damit, dass Salz gegen Allergien helfe. „Allergien beruhen auf einem Antigen-Antikörper-Mechanismus. Salz bewirkt hier gar nichts“, so Mülleneisen. Olga Günter, Leiterin vom „Kindersalzparadies“ in Berlin, berichtet, dass vor allem Erwachsene mit Heuschnupfen oft ihre Einrichtung aufsuchen. Ein Aufenthalt helfe, Symptome wie eine verstopfte Nase zu lindern.
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Was sagt die Verbraucherzentrale?
„Die angeblichen gesundheitlichen Wirkungen der Inhalation in Salzgrotten sind aufgrund der dünnen Studienlage bisher nicht wissenschaftlich belegt“, sagt Gesa Schölgens, Projektleiterin von „Faktencheck Gesundheitswerbung“ der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das Projekt hat unter anderem einen Anbieter wegen Werbeaussagen wie „Unser Indoor-Salz-Spielplatz lindert die Symptome von Bronchitis, Asthma, Husten, Schnupfen oder starker Verschleimung“ abgemahnt. Diese seien unzulässig, so Schölgens. Laut der Expertin hatten sich Eltern an die Verbraucherschützer gewandt, die an den Werbeaussagen zweifelten. (dpa/rei)