Russen-Yachten im Hamburger Hafen: Sanktionen, Strohmänner, Scheidungszoff
„Es gibt keine beschlagnahmten Yachten im Hamburger Hafen.“ Mit diesen Worten weist Susanne Meinecke, Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde, anderslautende Berichte zurück, und das, obwohl einer der russischen Oligarchen inzwischen sogar namentlich auf der EU-Sanktionsliste steht. Hinter den schwimmenden Spielzeugen der Putin-Freunde stehen Geschichten von atemberaubendem Luxus – und schnödem Scheidungszoff.
„Luna”, „Solandge” und „Dilbar”heißen die drei russischen Mega-Yachten, die derzeit zu Reparaturen in den Docks von Blohm&Voss liegen. Alle wurden von der Bremer Lürssen-Werft gebaut. Putins Vertrauter Alisher Usmanov, dem die größte der dreien, die „Dilbar“ gehören soll, wurde am vergangenen Montag unter der Nummer 673 in die EU-Sanktionsliste aufgenommen. Damit ist eigentlich klar: All die Besitztümer des Diktatoren-Kumpels in der EU können, mehr noch: müssen konfisziert werden.
Auch Finanzsenator Andreas Dressel will die Protz-Yacht von Putins Problemlöser lieber heute als morgen loswerden und die Millionen der Ukraine überweisen. Doch es gibt Probleme. Der Krimi um Sanktionen, Strohmänner und die teuerste Scheidung Großbritanniens.
- Deutsch (Deutschland)
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„Es gibt keine beschlagnahmten Yachten im Hamburger Hafen.“ Mit diesen Worten weist Susanne Meinecke, Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde, anderslautende Berichte zurück, und das, obwohl einer der russischen Oligarchen inzwischen sogar namentlich auf der EU-Sanktionsliste steht. Hinter den schwimmenden Spielzeugen der Putin-Freunde stehen Geschichten von atemberaubendem Luxus – und schnödem Scheidungszoff.
„Luna”, „Solandge” und „Dilbar”heißen die drei russischen Mega-Yachten, die derzeit zu Reparaturen in den Docks von Blohm&Voss liegen. Alle wurden von der Bremer Lürssen-Werft gebaut. Putins Vertrauter Alisher Usmanov, dem die größte der dreien, die „Dilbar“ gehören soll, wurde am vergangenen Montag unter der Nummer 673 in die EU-Sanktionsliste aufgenommen. Damit ist eigentlich klar: All die Besitztümer des Diktatoren-Kumpels in der EU können, mehr noch: müssen konfisziert werden.
Das Problem: Wem die protzige „Dilbar“, die derzeit unter einer gigantischen Hülle bei Blohm&Voss liegt, tatsächlich gehört, ist rätselhaft. Aus Behördenkreisen ist zu hören, dass das Riesenschiff inzwischen einer maltesischen Holding gehört. Die Zuständigkeiten schieben die Behörden sich zu wie Shuffleboards auf Schiffsdecks: Das Bundesfinanzministerium weist auf MOPO-Nachfrage mit dem Finger auf den Hamburger Senat und das Bundeswirtschaftsministerium, das aber auch nicht weiß, was nun genau passieren muss.
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Immerhin: Die Arbeiten an der „Dilbar“ wurden inzwischen eingestellt.
Finanzexperte Fabio di Masi, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken, sieht trotz allem eine Chance zur Konfiszierung: „Die EU hat grundsätzlich einen sehr offenen Ansatz gewählt, der zum Beispiel ermöglicht, eine Yacht im Besitz eines Oligarchen festzusetzen, auch wenn die nicht sein Eigentum sein sollte, sondern er nur darauf herum schippert und über sie verfügt.“ Die Idee sei, so di Masio, den „Oligarchen in die Suppe zu spucken, damit sie sich gegen Putin wenden.“
Russen-Yachten im Hamburger Hafen
Ob das bei Yachten-Liebhaber Usmanov (59) klappt, ist fraglich: „Usmanov wird als einer der von Putin besonders
favorisierten Oligarchen betrachtet“, heißt es in der EU-Sanktionsverordnung: „Berichten zufolge hat Usmanov als Strohmann für Präsident Putin gedient und seine geschäftlichen Probleme gelöst.“
Der Stahlmagnat ist als Medienunternehmer in Putins-Propagandamaschinerie eingebunden: „Als Usmanov die Kontrolle über die Geschäfte der Tageszeitung Kommersant übernahm, folgten Beschneidungen der Freiheit des Redaktionspersonals und der Übergang zu einer ausdrücklich kremlfreundlichen Berichterstattung“, schreibt die EU.
Hamburgs Linke fordern Konsequenzen: „Wir sind mit politischem Herzblut dabei, dass solche Personen wie
Usmanov sanktioniert werden“, sagt Norbert Hackbusch. Auch Finanzsenator Andreas Dressel will die Protz-Yacht von Putins Problemlöser lieber heute als morgen loswerden und die Millionen der Ukraine überweisen, wie er via Twitter verkündet:
Usmanovs schnittige elfenbeinfarbene „Dilbar“ ist 156 Meter lang, nach Brutto-Registertonnen die größte der Welt – und unter Yacht-Spottern dermaßen prominent, dass sie sogar eine eigene Fanseite bei Instagram hat. 2016 hat der Putin-Freund sie für 600 (!) Millionen Euro von der Bremer Lürssen-Werft gekauft, inklusive 25-Meter-Pool, natürlich der größte, der jemals auf einer Yacht installiert wurde. Allein die Besatzung soll knapp 100 Personen umfassen, eigentlich ist die Yacht eher ein privates Kreuzfahrtschiff.
Scheidungskrieg um Luxus-Yacht
Die „Luna“ gehörte dem Öl- und Gasmilliardär Farkhad Akhmedov, bis er den 140-Millionen-Euro-Kahn nach jahrelangem Rosenkrieg 2018 an seine Ex-Frau Tatiana verloren haben soll. Die Trennung galt als teuerste Scheidung Großbritanniens und gipfelte in einer Klage der Oligarchen-Ex gegen ihren Sohn, den sie beschuldigte, seinem Vater beim Beiseiteschaffen mehrerer Millionen Euro geholfen zu haben.
Dritte Mega-Yacht: die „Solandge“ von Suleiman Kerimow, über den relativ wenig bekannt ist. 4,9 Milliarden Euro soll er besitzen und in Luzern (Schweiz) leben. Sein Spielzeug konnte man chartern: für eine Millionen Euro pro Woche, inklusive 29 Mann Besatzung.
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Auch ohne offiziellen Akt schippern die Yachten so schnell nirgendwo hin: Wegen der Sanktionen müsste das Hauptzollamt einer Auslieferung zustimmen – und das sei derzeit ausgeschlossen, hatte Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) bereits am Dienstag erklärt: „Sie können davon ausgehen, dass ab jetzt auch keine Yachten mehr rausgehen.“