Rente mit 16: Heute haben Hamburgs „Schaltjahrkinder“ Geburtstag
Mit anderthalb Jahren wurden sie eingeschult, mit viereinhalb Jahren machten sie den Führerschein, und mit 16 Jahren gingen sie in Rente: „Schaltjahreskinder“ feiern nur alle vier Jahre Geburtstag. Am 29. Februar. In diesem Jahr ist es wieder so weit. Die MOPO traf ein paar von „Hamburgs ältesten jungen Leuten“ und sprach mit der munteren Truppe über ihren exklusiven Club, über den fiesen Spruch einer Hebamme und darüber, wann man als „Schaltjahreskind“ denn nun korrekt Geburtstag feiert, wenn mal kein Schaltjahr ist.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Mit anderthalb Jahren wurden sie eingeschult, mit viereinhalb Jahren machten sie den Führerschein, und mit 16 Jahren gingen sie in Rente: „Schaltjahrkinder“ feiern nur alle vier Jahre Geburtstag. Am 29. Februar. In diesem Jahr ist es wieder so weit. Die MOPO traf ein paar von „Hamburgs ältesten jungen Leuten“ und sprach mit der munteren Truppe über ihren exklusiven Club, über den fiesen Spruch einer Hebamme und darüber, wann man als „Schaltjahrkind“ denn nun korrekt Geburtstag feiert, wenn mal kein Schaltjahr ist.
Dass es toll ist, ein Schaltjahreskind zu sein, da sind sich alle einig: „Ist doch super, ich bin erst 21 “, strahlt Ingrid Bräuer: „Hört sich doch viel besser an als 84.“ Die anderen stimmen zu. Sie alle haben schon jede Menge erlebt und erreicht – und werden doch erst, 19, 20, 21 Jahre alt. Über eine andere Frage hingegen gehen die Meinungen auseinander: Wann feiert man denn Geburtstag, wenn es keinen 29. Februar gibt?
„Am 1. März“, sagt Werner Lucas, geboren am 29. Februar 1940. Alle nicken. Nur Ingrid Bräuer, am selben Tag wie Lucas zur Welt gekommen, schüttelt entschieden den Kopf: „Nee! Ich habe doch nicht im März Geburtstag, ich feier am 28. Februar. Immer schon.“ Eine eigenwillige Regelung, denn nach bürgerlichem Gesetzbuch werden Schaltjahreskinder in „normalen Jahren“ immer am 1. März ein Jahr älter.
Dönekes habe sie alle zu erzählen. Etwa den von der Hebamme, die nach der Geburt zur Mutter sagte: „Das Kind wird nicht alt.“ Fast 100 Jahre ist das jetzt her, passiert ist das ihrem ältesten Mitglied, das in diesem Jahr 96 Jahre alt wird. Oder 24, was ja tatsächlich „nicht alt“ wäre.
Michael Rathje, geboren am 29. Februar 1948, hätte den exklusiven Club um ein Haar verfehlt: „Ich kam ein paar Minuten nach Mitternacht zur Welt, die haben meiner Mutter gesagt, wenn sie noch ein kleines bisschen durchhält, dann hat das Kind einen ganz besonderen Geburtstag.“ Hat ja geklappt.
Alle vier Jahre eine richtige Sause zum Geburtstag
Rund 1050 Hamburgerinnen und Hamburger sind an einem 29. Februar zur Welt gekommen – und sie alle eint vermutlich, dass sie alle vier Jahre eine Flut von Glückwünschen erreicht: „Wer da alles an einen denkt!“, sagt Michael Rathje: „Leute, von denen man vier Jahre nichts hört, die erinnern sich dann am 29. Februar wieder, dass da doch jemand Geburtstag hat.“ Die Erfahrung haben sie alle gemacht: „Alle vier Jahre erwarten Freunde und Familie aber auch eine richtige Sause, da muss das richtig krachen“, sagt Helge Schmidt, geboren am 29. Februar 1944, und lacht.
Dafür kriegt man in Schaltjahren aber auch richtig viele Geschenke. Ist ja dann der „echte“ Geburtstag. „Als ich 40 wurde, haben die Kollegen mir einen Kindergeburtstag mit Kakao und Luftschlangen ausgerichtet, weil es ja mein 10. Geburtstag war“, erinnert sich Schmidt. Und Michael Rathje amüsiert sich: „Ich werde in diesem Jahr 19, zusammen mit meinen Enkelsöhnen.“
Dass es die muntere Truppe überhaupt gibt, ist dem Ehemann von Renate Wurnig zu verdanken. Der flachste mal, ob denn wohl alle am 29. Februar Geborenen so obstinat sind wie seine Frau. „Und da kam mir die Idee, mal nach anderen zu suchen“, sagt Renate Wurnig, geboren am 29. Februar 1948. Sie wird in diesem Jahr 76. „Eigentlich erst 19“, sagt sie mit einem tatsächlich sehr jugendlichem Strahlen.
Nach einem Aufruf 2004 im „Abendblatt“ meldeten sich rund 20 Männer und Frauen. Seit 20 Jahren nun treffen sich die „Hamburger Schaltjahrkinder“ ein paar Mal im Jahr, machen Ausflüge und feiern Gartenfeste. Manch Hotelmitarbeiter hat schon gestutzt, wenn die Truppe eincheckte und in allen Ausweisen der 29. Februar als Geburtstag stand.
Das könnte Sie auch interessieren: Ein Bad Boy wird 70: Dieter Bohlen feiert Geburtstag
Sogar einen Wimpel mit ihrem Emblem haben sie. Darauf: Fische, weil Schaltjahrkinder ja im Sternzeichen Fische geboren werden (Werner Lucas dazu: „Ich mag keinen Fisch, ich sag immer: Ich ess doch nicht meinesgleichen!“).
In diesem Jahr gibt es am gemeinsamen Geburtstag sogar eine besondere Ehre, weil der Verein sein 20. Jubiläum feiert: „Wir sind im Rathaus zum Frühstück eingeladen“, sagt die umtriebige Vereinsgründerin. Der Bürgermeister wird kommen, die Torte bringen die ältesten Twens der Stadt selbst mit. Und danach geht es heim: Die Gäste erwarten ein rauschendes Fest. Wie alle vier Jahre.