Reifen-Saboteure in Hamburg: Auf diese Autos haben sie es abgesehen
Sie lassen nachts Luft aus den Reifen, befestigen einen kleinen Zettel hinter dem Scheibenwischer oder auf der Felge und verschwinden: Dahinter steckt eine bestimmte Gruppe, die damit auf die Umweltbelastung dieser Autos aufmerksam machen will. Auch in Hamburg gab es im vergangenen Jahr zahlreiche Anzeigen – für die Justiz sind die Fälle allerdings nicht so einfach.
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Sie lassen nachts Luft aus den Reifen, befestigen einen kleinen Zettel hinter dem Scheibenwischer oder auf der Felge und verschwinden: Dahinter steckt eine bestimmte Gruppe, die damit auf die Umweltbelastung dieser Autos aufmerksam machen will. Auch in Hamburg gab es im vergangenen Jahr zahlreiche Anzeigen – für die Justiz sind die Fälle allerdings nicht so einfach.
„Achtung – Ihr Spritfresser ist tödlich!“, stand in dem Schreiben, das insgesamt 28 SUV-Besitzer in Harvestehude und Rotherbaum im Juli 2023 an ihrer Windschutzscheibe vorfanden. „Wir haben an einem oder mehreren Ihrer Reifen die Luft abgelassen. Sie werden wütend sein, aber nehmen Sie es nicht persönlich. Es liegt nicht an Ihnen, sondern an Ihrem Auto.“
80 SUV-Fahrer gingen im Jahr 2023 zur Hamburger Polizei
Im gesamten Jahr 2023 zeigten 80 SUV-Fahrer derartige Reifenmanipulationen bei der Hamburger Polizei an. Die Beamten ordnen die Vorfälle den Aktivisten von „The Tyre Extinguisher“ („Der Reifenauslöscher“) zu. Dabei handelt es sich um eine internationale Bewegung mit laut eigenen Angaben etwa 100 lokalen Gruppen, die wiederum alle unabhängig voneinander organisiert sind.
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„SUV und Geländewagen sind ein Desaster für unsere Gesundheit, unsere öffentliche Sicherheit und unser Klima“, steht auf der Website der Gruppierung. „Wir wollen den Besitz eines solchen Wagens in städtischen Gebieten unmöglich machen.“
Warum? „Weil Regierungen und Politiker versagt haben, uns vor diesen großen Fahrzeugen zu beschützen“, heißt es dort. „Wir wollen in Städten mit sauberer Luft und sicheren Straßen leben. Freundlich zu fragen und friedlich zu protestieren hat nicht funktioniert. Es ist Zeit, in Aktion zu treten.“ Dazu gibt es Tipps, woran ein SUV zu erkennen ist und wie am besten Luft aus den Reifen gelassen wird.
So viele SUV fahren durch Hamburg – besonders in diesen Stadtteilen
Laut Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes wurden im Jahr 2023 rund 855.700 SUV in Deutschland neu zugelassen, umgerechnet etwa ein Drittel aller Neuzulassungen. In Hamburg machen die klobigen Fahrzeuge aktuell um die 14 Prozent aller Autos auf den Straßen aus – ähnliche Zahlen gibt es aus Bremen und Berlin.
In Hamburg verteilen sich die SUV allerdings nicht gleichmäßig: Laut einer Auswertung der „Zeit“ sind sie vor allem in den äußeren Stadtteilen beliebt, darunter in den Walddörfern und in Rahlstedt. Aber auch in Harvestehude und Rotherbaum stehen viele dieser Fahrzeuge am Straßenrand – genau dort, wo die Aktivisten im Juli 2023 aktiv wurden. In Nienstedten und Winterhude gab es ebenfalls derartige Fälle: Am 1. September erwischten die Polizisten einen 22-Jährigen in der Straße Rondeel um 4 Uhr morgens auf frischer Tat.
Landeskriminalamt ermittelt wegen Verdacht auf Sachbeschädigung
Das Landeskriminalamt ermittelt in allen Fällen wegen des Verdachts auf Sachbeschädigung – das ist allerdings gar nicht so einfach. Finger- und DNA-Spuren sind, wenn die Täter Handschuhe tragen, nur sehr schwer nachzuweisen. Christian Mertens, Fachanwalt für Strafrecht in Köln, vermutet im „Spiegel“ zudem das Scheitern vor Gericht: „Der Vorwurf der Sachbeschädigung durch das reine Luftablassen ist schwach“, sagte er. „Es gibt genug Präzedenzfälle, teils Jahrzehnte alt, bei denen die Richter dieser Argumentation nicht folgten.“
Neu ist diese Form des Klimaprotests übrigens nicht: Bereits 2008 berichtete die „taz“ von Nobelkarossen in Berlin, aus denen die Luft abgelassen wurde. Auch damals wurden Flugblätter an den Windschutzscheiben hinterlassen mit Hinweis auf die Klimaerwärmung. Das Verfahren gegen drei Studenten wurde ein Jahr später im Ausgleich für 400 Euro Geldbuße für jeden eingestellt.