Mega-Hype ums 9-Euro-Ticket: Warum wird der HVV nicht dauerhaft gratis?
Schon eine Million Hamburger haben zugegriffen: Das 9-Euro-Ticket entwickelt sich zum Mega-Hype. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) verrät, was ihm an dem staatlich gesponserten Monatsticket zum Billigpreis besonders wichtig ist – und wie sich der Nahverkehr wohl künftig verändern könnte. Auch zum Thema Gratis-HVV hat Tjarks eine klare Meinung.
- Deutsch (Deutschland)
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Schon eine Million Hamburger haben zugegriffen: Das 9-Euro-Ticket entwickelt sich zum Mega-Hype. Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) verrät, was ihm an dem staatlich gesponserten Monatsticket zum Billigpreis besonders wichtig ist – und wie sich der Nahverkehr wohl künftig verändern könnte…
Dass Tjarks ein Fan des 9-Euro-Tickets ist, merkt man sofort: Schon rund eine Million Hamburger:innen haben das Ticket gekauft, berichtet er den Gästen des N Klubs am Dienstag. Das Hamburger Nachhaltigkeitsevent ist im Festland in der HafenCity, einem gemeinnützigen Wohnprojekt von Hamburg Leuchtfeuer für junge chronisch kranke Menschen, zu Gast.
9-Euro-Ticket in Hamburg: Eine Million Abonennten
Aber ob die Leute deshalb wirklich auf das Auto verzichten, um zur Arbeit zu fahren, fragt N-Klub-Gründer Lars Meier skeptisch. „Die Leute finden das 9-Euro-Ticket cool, deshalb kaufen sie es“, kontert Tjarks. Wie voll die Bahnen am Ende werden, wisse er auch nicht. „So etwas gab es noch nie in Deutschland.“
Das 9-Euro-Ticket diene aber vor allem der sozialen Entlastung, meint Tjarks. „Das ist das erste Mal in Deutschland, dass nicht Menschen entlastet werden, die Auto fahren, sondern Menschen, die Bahn fahren.“ Nach Abwrackprämie, E-Auto-Förderung und Pendlerpauschale sei das eine wichtige Botschaft. Zudem seien Menschen ohne Auto im Schnitt sozial schwächer gestellt. „Die ganze soziale Dimension am Ticket ist aus meiner Sicht die wichtigste“, sagt der Senator. Für den Tankrabatt findet er dagegen deutliche Worte: „Da finanzieren wir mit 3,5 Milliarden die Gewinne von Shell oder Aral. Das ist direkte Steuergeldverschwendung für CO2.“
Doch das Ticket soll auch dabei helfen, den Ölverbrauch zu reduzieren und die Mobilitätswende ankurbeln. Und dabei könnte es einen langen Streit über die richtigen Maßnahmen für mehr ÖPNV-Nutzung beenden. Die einen wollen den Nahverkehr gratis machen, die anderen das Angebot verbessern. „Diesen Streit können wir jetzt in einem Real-Life-Experiment austragen und gucken: Was wollen die Leute eigentlich? Brauchen sie neun Euro, um Bus und Bahn zu fahren?“, sagt Tjarks, der vermutet, dass viele Ticketbesitzer gar nicht so viel fahren werden.
Tjarks zum 9-Euro-Ticket: „Wenn es voll wird, wird es voll”
Und wenn es doch voll wird, können HVV und Hochbahn dann ein paar Busse mehr einsetzen? „Wir sind gute Hamburger Kaufleute“, sagt Tjarks. „Es ist sehr teuer, einfach Busse und Bahnen auf dem Hof vergammeln zu lassen und deshalb machen wir das nicht. Wir fahren mit allem, was wir haben.“ Fahrgäste werden sich also auf die vorhandenen Angebote verteilen. „Wenn es voll wird, wird es voll“, meint Tjarks dazu nüchtern. „Aber das werden die Leute auch akzeptieren, weil sie nur neun Euro im Monat bezahlen.“
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Dass sich aus der Aktion aber gar ein Gratis-HVV entwickeln könnte, bezweifelt der Verkehrssenator. Etwa 800 Millionen Euro bräuchte es, schätzt er, um einen kostenfreien, gut ausgebauten Nahverkehr im Jahr zu finanzieren. „Diese 800 Millionen müssen irgendwo herkommen und das sehe ich jetzt so noch nicht.“ Vorstellen könnte er sich aber einen Aufpreis, um deutschlandweit ÖPNV nutzen zu können.
N Klub in Hamburg: Projekte stellen sich vor
Neben Tjarks Auftritt stellten sich beim bunten Abend des N-Klubs in der gemeinnützigen Wohnanlage „Festland“ in der HafenCity auch Hamburger Projekte ihre nachhaltigen und sozialen Ideen vor. Darunter das gemeinnützige Unternehmen „mitmacher“, das Geflüchtete in Ehrenämter vermittelt, um so Teilhabe und Deutschkenntnisse zu fördern, nun aber vor schweren finanziellen Schwierigkeiten steht.
Oder das Start-Up Breeze Technologies mit seinem Frühwarnsystem für Waldbrände, das Bündnis „Nachhaltigkeitsforum“ aus 30 Organisationen, das die Umsetzung der städtischen Nachhaltigkeitsziele begleitet, und die Non-Profit-Organisation SoliSolar, das kleine Solaranlagen für Balkone baut, um CO2 und Stromrechnungen zu reduzieren.