Hamburg: Was mit den Corona-Tests schief läuft
Mangelnde Hygiene, fehlende Kontrollmechanismen, Millionenbetrug: Corona-Testzentren stehen immer öfter im Fokus von Ermittlungen. Während ein Großteil des Landes unter der Pandemie und den Maßnahmen leidet, verdienen sich einige Betreiber mit Schnelltests eine goldene Nase.
Ob in Clubs, Bars, Puffs oder einfachen Zelten – überall wurden im Laufe der Pandemie Corona-Testzentren in Hamburg aus dem Boden gestampft. Am Wochenende schloss die Polizei ein Testzentrum in einem Wohnhaus.
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Mangelnde Hygiene, fehlende Kontrollmechanismen, Millionenbetrug: Corona-Testzentren stehen immer öfter im Fokus von Ermittlungen. Während ein Großteil des Landes unter der Pandemie und den Maßnahmen leidet, verdienen sich einige Betreiber mit Schnelltests eine goldene Nase. Zuletzt musste in Hamburg ein Testzentrum in Rothenburgsort schließen.
Ob in Clubs, Bars, Puffs oder einfachen Zelten – überall wurden im Laufe der Pandemie Corona-Testzentren in Hamburg aus dem Boden gestampft. Eigentlich wichtige Einrichtungen, um die Pandemie und die Verbreitung des Virus in den Griff zu bekommen. Doch immer öfter läuft es in solchen Terstzentren nicht so, wie es müsste. Am Samstag schloss die Polizei ein Testzentrum in Rothenburgsort in einem Wohnhaus. Das Problem dort: Die Abstände konnten nicht eingehalten werden, die Bewohner mussten sich an den Wartenden vorbeidrängen. Ein Sprecher der Polizei nannte gegenüber der MOPO auch den „unsachgemäßen Umgang mit dem Teststreifen“ als Grund.
Doch nicht nur das: Es kamen auch Testergebnisse, bevor die Testung überhaupt abgenommen wurde, sagt Joscha Heinrich vom Gesundheitsamt im Bezirk Hamburg-Mitte gegenüber dem NDR. „Da müssen wir natürlich seitens des Gesundheitsamts sofort eingreifen.“
Hamburg: Polizei und Gesundheitsamt machen Corona-Testzentrum dicht
Der Grund, warum viele Hamburger Testzentren eröffnen, ist simpel: Sie sind extrem lukrativ. Und: Um sie zu betreiben, braucht es kein medizinisches Fachwissen – jeder kann ein Testzentrum eröffnen. Das medizinische Interesse steht dabei oftmals hintan.
Wie einfach es ist, ein Testzentrum zu eröffnen, erzählt ein 37-Jähriger, eigentlich Sicherheitsingenieur bei der Lufthansa. Er hatte im vergangenen Jahr mit drei Freunden ebenfalls ein Corona-Testzentren aufgemacht. Er rechnete sich aus, dass er pro Testzentrum „einen fünf- bis sechsstelligen Gewinn“ im Monat erwirtschaften werde, sagt er gegenüber der „Zeit“. Im Schanzenviertel fanden sie ein leer stehendes Ladenlokal, reichten bei der Sozialbehörde ein Hygienekonzept ein, um offiziell beauftragt zu werden. Dann kaufte er das Zubehör wie Desinfektionsmittel, Schnelltests, Handschuhe und Testanzüge ein. Mehr braucht es nicht. Dadurch tritt der medizinische Aspekt für Betreiber jedoch oft in den Hintergrund.
So wurde im Stadtteil Neugraben-Fischbek Anfang Februar ebenfalls eine Corona-Station geschlossen. Wie die MOPO berichtete, hat es Berichte über Unregelmäßigkeiten bei den Tests gegeben. Das Bezirksamt Harburg bestätigte, dass Kunden hier unter anderem gefragt worden seien, ob sie nur einen Negativ-Beleg bräuchten oder wissen wollten, ob sie sich tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert haben. In einigen Fällen soll dann auf den Test verzichtet und die Negativbescheinigung ausgestellt worden sein.
Hamburg: Testzentren rechnen nicht durchgeführte Tests ab
Immer wieder sollen Testzentren nicht durchgeführte Tests abgerechnet haben. Bereits im vergangenen Sommer stand der Verdacht auf Testbetrug in großem Stil im Raum. Das Gesundheitsministerium hat daraufhin die Vergütung für die Tests gesenkt.
Zuvor konnte ein Betreiber pro Test sechs Euro Sachkosten und – je nachdem, ob es sich um einen ärztlichen oder privaten Betreiber handelte – 15 beziehungsweise zwölf Euro für die Dienstleistung abrechnen. Heute sind es maximal 4,50 Euro für den Test und höchstens acht Euro für die Entnahme des Abstrichs. Bezahlt werden die Bürgertests vom Bund.
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Einem Team von Wissenschaftlern geht die reduzierte Finanzierung nicht weit genug. Wirtschaftsprofessor Hanno Beck von der Hochschule Pforzheim und Kollegen schlagen gegenüber dem SWR vor: Statt für jeden durchgeführten Test sollte es nur für positive und mit PCR-Test bestätigte Tests Geld geben – dafür jedoch wieder mehr. „Diese Finanzierung führt dazu, dass es einen starken Anreiz dafür gibt, Schnelltests mit qualifiziertem Personal sorgfältig durchzuführen, weil das Ziel nun darin besteht, Infizierte zu identifizieren – und genau darum geht es ja bei der Testpflicht.“