Rassismus-Skandal: Staatsschutz ermittelt, Vermieter prüft Konsequenzen
Erst waren es Beleidigungen, dann Drohungen, es folgten an die Wohnungstür geklebte AfD-Plakate mit rassistischen Schriftzügen und hingekippter Müll. Und schließlich wurde auch noch der Kinderwagen angezündet. Eine Ottensenerin und ihre Familie leben seitdem in Angst, sie wollen unbedingt ausziehen. Ein Spender würde eine Übergangswohnung bezahlen. Und: Sollte sich ein bestimmter Verdacht bewahrheiten, droht Vermieter SAGA mit Konsequenzen.
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Erst waren es Beleidigungen, dann Drohungen, es folgten an die Wohnungstür geklebte AfD-Plakate mit rassistischen Schriftzügen und hingekippter Müll. Und schließlich wurde auch noch der Kinderwagen von Doris K.* angezündet (MOPO berichtete). Die Ottensenerin und ihre Familie leben seitdem in Angst, sie wollen unbedingt ausziehen. Ein Spender würde eine Übergangswohnung bezahlen. Und: Sollte sich ein bestimmter Verdacht bewahrheiten, droht Vermieter SAGA mit Konsequenzen.
Weil ihr Sohn an Autismus und ADHS leide und deshalb besondere Betreuung benötige, habe er seinen Kita-Platz verloren, die Mutter zweier Kinder sucht nach einer Therapie für ihren Kleinen, sagt sie. Dadurch, dass er nun viel zu Hause ist, sei es sofort zu Ärger gekommen: Nachbarn hätten sich wegen Lärms beschwert. „Sie haben mich bedroht, gesagt, ich werde sehen, was ich davon habe.“
Familie hofft auf Umzug
Die 34-Jährige vermutet, dass es genau diese Nachbarn sind, die für die Plakat- und Müll-Aktion verantwortlich sind. Davon gehen andere Nachbarn auch aus. Bei der Polizei ermittelt der Staatsschutz wegen der rassistischen Plakate (Schriftzug auf einem: „Das Pack erschießen oder zurück nach Ghana prügeln“).
Doris K. hat Angst, das Haus zu verlassen, sie schaut ständig durch den Türspion in Sorge, dass jemand davor stehen könnte. An Schlaf sei kaum noch zu denken. „Ich hoffe, dass ich bald in eine andere Wohnung ziehen kann.“
Die SAGA bestätigt der MOPO gegenüber, dass sie bereits aktiv sei. Sie sei mit der Mieterin im engen Austausch und werde alle erforderlichen Maßnahmen veranlassen, so ein Sprecher zur MOPO. Und ergänzt zudem: „Hasskriminalität und rassistische Diskriminierungen innerhalb von Nachbarschaften werden seitens der SAGA in keiner Weise toleriert.“
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Sollte sich der Verdacht erhärten, dass es sich bei den Tätern um Mieter aus dem Haus handele, „werden wir alle mietrechtlich möglichen Maßnahmen ausschöpfen, was eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausdrücklich einschließt“, führt der Sprecher aus. Man kooperiere dazu „vollumfänglich“ mit den Ermittlungsbehörden.
Auch an einem Wohnungstausch für Doris K. wird bereits gearbeitet. Die Familie wünscht sich wegen des Sohnes eine Wohnung im Erdgeschoss, damit sie keine Nachbarn mehr unter sich haben, die sich belästigt fühlen könnten. Doris K.: „Ich bete, dass sich schnell was ergibt.“
Bei der MOPO meldete sich gestern ein Hamburger, den das Schicksal der Familie sehr berührt hat und der helfen möchte: „Vielleicht gibt es jemanden, der übergangsweise eine möblierte Wohnung im erweiterten Umfeld anbieten kann, damit die Frau und ihre Kinder schnellstmöglich dort weg können“, sagt er. Er bietet an, die Kosten für so eine Soforthilfe zu übernehmen, bis der reguläre Wohnungstausch geklappt hat. Hinweise gern an hamburg@mopo.de.
„Müssen solchen Taten den Nährboden entziehen“
Die Linke zeigt sich solidarisch mit der Familie und ist empört über die „abscheuliche“ Attacke. Diese Tat sei kein Einzelfall, sagt Innenexpertin Cansu Özdemir, ähnliche Fälle ereigneten sich alltäglich in der Stadt: „Sie sind nicht nur eine Gefahr für Betroffene, sondern für die ganze demokratische Gesellschaft. Wir müssen solchen Taten den Nährboden entziehen und entschlossen gegen rechte Diskursverschiebung und rassistische Hetze ankämpfen.“
Der Altonaer Bezirksverband der Partei ruft anlässlich des Vorfalls zu einem Protest auf: Unter dem Tenor „Ottensen bleibt bunt – Alle zusammen gegen Faschismus“ wolle man am Freitag (16 Uhr) auf der Ottensener Hauptstraße demonstrieren. Sprecherin Suzana Kamperidis: „Unsere Solidarität gilt der betroffenen Familie und allen Menschen, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind.“
*Name geändert