Radwege in Warnfarbe: Bezirke versagen bei der Umsetzung
Radwege, die vor Kreuzungen zwischen der Geradeausspur und den Rechtsabbiegern verlaufen, sind nicht nur unbeliebt, sondern auch äußerst gefährlich. Vor anderthalb Jahren passierte auf einer solchen Fahrradweiche sogar ein tödlicher Unfall. Schon seit 2020 steht fest, dass es keine neuen sogenannten Radwege in Mittellage (RiM) mehr in Hamburg geben wird, alle bestehenden sollen knallrot eingefärbt werden. Drei Jahre später ist die bezirkliche Bilanz allerdings mehr als ernüchternd. Warum dauert das so lange?
Zehn Jahre lang waren RiM eine beliebte Lösung im Hamburger Straßenverkehr, um Fahrräder und Autos voneinander zu trennen. Eine der ersten Stellen war am Gorch-Forck-Wall/Sievekingplatz in der Neustadt – inzwischen gibt es über die ganze Stadt verteilt eine dreistellige Anzahl.
Kritiker bemängeln Fahrradweichen in Hamburg
Kritiker bemängeln allerdings schon lange das Risiko schwerer Verkehrsunfälle und ein schlechtes individuelles Sicherheitsgefühl, wenn man als Radfahrer zwischen zwei Autos fahren muss. Hoch kochte diese Diskussion, als im Oktober 2021 ein 47-jähriger Fahrradfahrer auf einer solchen Fahrradweiche auf der Habichtstraße in Barmbek-Nord von einem nach rechts abbiegenden Lkw-Fahrer überrollt wurde. Er starb noch an der Unfallstelle.
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Fahrradweichen gehören in der Hansestadt zwar bislang nicht zu den klassischen Unfallschwerpunkten – trotzdem traf die Verkehrsbehörde bereits 2020 mit „Radentscheid Hamburg“ eine Vereinbarung: Künftig würden bei neuen Projekten keine Radstreifen in Mittellage mehr geplant. Das Problem sind die bereits bestehenden: Sie alle sollen zur besseren Signalwirkung rot eingefärbt werden.

Drei Jahre nach dieser Vereinbarung hat die MOPO in den Bezirken nachgefragt, wie weit der Prozess inzwischen fortgeschritten ist. Die Antwort ist ernüchternd: Nur in Harburg sind aktuell alle RiM rot eingefärbt – allerdings gibt es dort auch nur einen einzigen, am Knotenpunkt Hannoversche Straße/Neuländer Straße.
In Hamburg müssen noch viele Fahrradweichen rot gefärbt werden
Alleine in Altona fehlt die rote Farbe insgesamt noch bei zehn Fahrradweichen an insgesamt sieben Kreuzungen, darunter am Alsenplatz/Langenfelder Straße, an der Bahrenfelder Chausse/August-Kirchstraße und an der Stresemannstraße/Ruhrstraße.
In Hamburg-Mitte stehen noch zwei Radwege auf der Liste: An der Caffamacherreihe/Valentinskamp und Reclamstraße/Öjendorfer Weg. Auf einem guten Weg sind immerhin Wandsbek und Bergedorf mit jeweils einem fehlenden Radweg an der Lesserstraße/Holzmühlenstraße sowie der Ludwig-Rosenberg-Ring/Alte Holstenstraße.
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In Hamburg-Nord sollen die Radwege an den beiden letzten fehlenden Knotenpunkten auf der Fuhlsbütteler Straße/Lauensteinstraße/Alte Wöhr/Langenfort sowie an der Hebebrandstraße/Rübenkamp „zeitnah“ rot gefärbt werden, und auch Eimsbüttel will noch 2023 zwei Fahrradweichen an der Grindelallee/Beim Schlump und an der Kieler Straße/Sportplatzring rot anpinseln.
Warum dauert das Einfärben der Radwege so lange?
Warum aber dauert das so lange? „Der höchste Bedarf, um die Sicherheit durch Rot-Markierung zu erhöhen, besteht an größeren Knotenpunkten“, erklärt Hamburg-Mitte Sprecherin Josefina Kordys. Dort gebe es dann aber einen viel höheren Aufwand zur Baustellen-Absicherung und Koordinierung. „Vor der Umsetzung muss eine genaue Abstimmung mit den Straßenverkehrsbehörden der Polizei erfolgen, was zeitaufwendig ist.“
Um die Auswirkungen auf den Verkehr zu minimieren, beschränke sich die Rot-Einfärbung zudem nicht selten auf Sonntage und Ferien – an diesen Tagen seien wiederum die Kapazitäten der Baufirmen begrenzt. Verantwortlich für die Umsetzung sind sowohl die Bezirke als auch der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer.

Wann genau alle Fahrradweichen in Hamburg rot leuchten werden, ist noch unklar. Für künftige Radprojekte hat sich die Verkehrsbehörde übrigens das Ziel gesetzt, da, wo es möglich ist, Autos und Fahrräder nicht nur per Farbe sondern auch räumlich voneinander zu trennen: Zum Beispiel mithilfe einer Protected Bike Lane wie am Dammtordamm oder einer geschützten Kreuzung.