Radfahrerin fährt Seniorin tot: Emotionaler Auftritt vor Gericht
Sie habe nach dem Unfall nicht mehr am Leben teilgenommen, sei aus Hamburg weggezogen, den Jakobsweg gegangen, um das Unglück zu verarbeiten: So schildert es Natalie N. am Dienstag vor dem Amtsgericht St. Georg. Sie wünschte sich, alles rückgängig machen zu können – doch das ist unmöglich: N. überfuhr vor zwei Jahren mit dem Handy in der Hand eine gelbe Ampel und erfasste eine 88-jährige Fußgängerin. Die Seniorin starb im Krankenhaus. Nun spielten sich emotionale Szenen im Gerichtssaal ab – und am Ende fiel kein Urteil.
Sie habe nach dem Unfall nicht mehr am Leben teilgenommen, sei aus Hamburg weggezogen, den Jakobsweg gegangen, um das Unglück zu verarbeiten: So schildert es Natalie N. am Dienstag vor dem Amtsgericht St. Georg. Sie wünschte sich, alles rückgängig machen zu können – doch das ist unmöglich: N. überfuhr vor zwei Jahren – das Handy in der Hand – eine gelbe Ampel und erfasste eine 88-jährige Fußgängerin. Die Seniorin starb im Krankenhaus. Nun spielten sich emotionale Szenen im Gerichtssaal ab.
Natalie N. (37) sei noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, sagt ihr Anwalt. Als sie die Reporter vor dem Gerichtssaal sieht, wirkt sie verunsichert. Ihr Anwalt beruhigt sie, sagt, dass ihr vollständiger Name nicht in der Zeitung zu lesen sein wird – sie solle sich etwas vors Gesicht halten, wenn Fotos gemacht werden. Während des Prozesses sitzt N. kerzengerade auf dem Stuhl, sie wirkt konzentriert.
Radfahrerin übersieht Seniorin: 88-Jährige stirbt nach Unfall
Am 24. August 2021 fuhr N. mit ihrem Fahrrad auf dem Radweg an der Barmbeker Straße (Winterhude) in Richtung Norden. Sie war auf dem Weg zur Arbeit im UKE, hatte Kopfhörer auf und nur 20 Sekunden telefoniert, sagt sie. Dabei fuhr sie über eine gelbe Ampel. Nachdem sie aufgelegt hatte, habe sie kurz das Display ausschalten wollen. Wann genau sie das Smartphone wegsteckte, ist unklar. Fest steht: Sie übersah die an einer Fußgängerampel wartende Elisabeth F..
Es kam zum Crash – eine Zeugin berichtet, dass sie nur einen lauten Knall gehört habe und sah, wie die Seniorin zu Boden fiel. Die 88-Jährige prallte mit dem Hinterkopf auf den Boden, zog sich eine Schädelfraktur zu. Kurze Zeit später verstarb die Frau.
Natalie N. musste sich nun wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. Ihr Anwalt liest eine vorab formulierte Erklärung vor: Die Angeklagte habe die Strecke zur Arbeit „wie im Schlaf“ fahren können, habe noch „mit einem Auge“ gesehen, dass die Ampel auf gelb umschaltete.

Dass sie während der Fahrt aufs Handy geschaut habe, sei „eindeutig ein Fehler“ gewesen, sagt sie. „Für mich ist unbegreiflich, was passiert ist“, sagt die Angeklagte mit Tränen in den Augen. „Mir tut es wahnsinnig leid, mir fehlen die Worte.“ Sie habe nach dem Unfall nicht mehr am Leben teilnehmen können – sie kündigte deshalb nach einem Jahr ihren Job und zog zu ihren Eltern nach Siegburg in Nordrhein-Westfalen.
Sie habe tagtäglich die Bilder vom Crash gesehen. Um das Erlebte zu verarbeiten, sei sie den Jakobsweg gegangen und habe eine Therapie begonnen. Seitdem sie wieder bei ihren Eltern lebt, habe sie wieder „ein bisschen aufatmen können“, sagt sie.
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Am Ende wird die Angeklagte nicht verurteilt – stattdessen wird das Verfahren gegen eine Zahlung von 2400 Euro eingestellt. Wie Sprecher Kai Wantzen erläutert, liegt das an zwei Aspekten: Zum einen könne man nicht nachweisen, dass der Blick auf das Handy für die Unachtsamkeit der Angeklagten verantwortlich gewesen ist und zum anderen könne man nicht ausschließen, dass die Seniorin nicht auch schon bei Gelb oder Rot über die Straße gegangen ist.