Die Aurubis-Bande und der tonnenschwere Silber-Schatz
Sie schleppten in einem Jahr 5000 Kilo Rohsilber aus der Kupferhütte Aurubis und verscherbelten die Beute – so steht es jedenfalls in der Anklage – für 11 Millionen Euro an unbekannte Abnehmer in Istanbul. Nun müssen sich sechs Männer zwischen 33 und 50 Jahren vor dem Landgericht verantworten, wegen schweren Bandendiebstahls und gewerbsmäßiger Hehlerei. Die Angeklagten schwiegen zum Prozessauftakt, dafür haben die Zuhörer nach der Anklageverlesung ein neues Wort gelernt: „Rohsilberfegsel“.
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Sie schleppten in einem Jahr 5000 Kilo Rohsilber aus der Kupferhütte Aurubis und verscherbelten die Beute – so steht es jedenfalls in der Anklage – für elf Millionen Euro an unbekannte Abnehmer in Istanbul. Nun müssen sich sechs Männer zwischen 33 und 50 Jahren vor dem Landgericht verantworten, wegen schweren Bandendiebstahls und gewerbsmäßiger Hehlerei. Die Angeklagten schwiegen zum Prozessauftakt, dafür haben die Zuhörer nach der Anklageverlesung ein neues Wort gelernt: „Rohsilberfegsel“.
„Rohsilberfegsel“ heißen die silber- und goldhaltigen Schmelzbrocken, die als wertvolles Abfallprodukt bei der Kupferproduktion anfallen und die man zusammenfegen kann. Diese Fegsel hat der Aurubis-Mitarbeiter Ferhad K. (49) laut Anklage an sich genommen und in Kisten gesammelt, zusammen mit unbekannt gebliebenen Komplizen, die ebenfalls bei der Edelmetallgewinnung von Aurubis auf der Veddel arbeiteten. Zwei Mitangeklagte, die bei Sub-Unternehmern beschäftigt waren, sollen beim Abtransport der Kisten geholfen haben. Wo das Lager der Bande sich befand, ist unbekannt geblieben.
Weiterverkauf des Diebesgutes in die Türkei
Der Hauptangeklagte Mahmut C. (37) soll sodann mit Hilfe zweier weiterer Mitangeklagter den Weiterverkauf der Fegsel organisiert haben – immer gegen Barzahlung, auch mal eine halbe Million auf einen Schlag. Ein Großteil des Rohsilber-Schatzes soll an metallverarbeitende Betriebe in der Türkei versandt worden sein. Mal wurden Kisten mit 500 Kilo Fegseln an die unbekannten Abnehmer übergeben, mal „nur“ 290 Kilo. Zur Einordnung: 290 Kilo Fegsel enthalten knapp 15 Kilo Gold und 247 Kilo Silber. Zwischen Februar 2020 und Januar 2021 sollen die Millionendiebstähle stattgefunden haben, dann flog alles auf: Ein Whistleblower hatte Aurubis einen Hinweis gegeben, auf Mahmut C., den Kopf der Bande.
Dem LKA gelang es, die verschlüsselten Encrochat-Handys, mit denen die Deals besprochen wurden, einzelnen Bandenmitgliedern zuzuordnen. Ferhad K., etwa, der die Fegsel einsammelte, nannte sich bei Encrochat „Toxicsnow“, einer der Kuriere war „brutalpunch“. Mahmut C., der mutmaßliche Drahtzieher, hieß laut Staatsanwaltschaft „shockingdeal“.
Gericht bietet Deal an
Bei einem Verständigungsgespräch vor dem Prozess hatte das Gericht einen Strafrahmen von zweieinhalb bis knapp sechs Jahren Haft angeboten. Dafür müssten die Angeklagten glaubwürdige Geständnisse ablegen, erklärte der Vorsitzende der Großen Strafkammer, Nils Godendorff. Die Staatsanwaltschaft nannte demnach Mindeststrafen zwischen zwei und sieben Jahren.
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Kurz nachdem der millionenschwere Silberklau öffentlich wurde, musste Europas größte Kupferhütte im Sommer 2023 bekannt geben, dass sie ein weiteres Mal Opfer krimineller Machenschaften geworden war – und diesmal betrug der Schaden sogar ein Vielfaches: Schrottlieferanten hatten Aurubis in großem Stil betrogen und für Edelmetalle kassiert, die gar nicht geliefert wurden. Der Schaden: 185 Millionen Euro, der Aktienkurs brach ein.
Der Prozess um die wertvollen Fegsel ist bis Ende April 2024 terminiert.