Prozess um Arbeitsunfall: „Als ich ihn ohne Fuß sah, habe ich Panik gekriegt“
„Ich träume nachts davon, wache schweißgebadet auf.“ Mit diesen Worten beschreibt ein Staplerfahrer die Folgen eines entsetzlichen Vorfalls, der seinen ehemaligen Freund und Arbeitskollegen bis ans Lebensende zeichnen wird: Eines Morgens sind beide mit dem Stapler unterwegs, blödeln rum. Plötzlich gerät die Situation außer Kontrolle. Die Folgen: ein amputiertes Bein, zwei traumatisierte Lagerarbeiter. Vor dem Amtsgericht Harburg treffen beide erstmalig wieder aufeinander – in einem Prozess, bei dem es nur Verlierer gibt.
„Ich träume nachts davon, wache schweißgebadet auf“: Mit diesen Worten beschreibt ein Staplerfahrer die Folgen eines entsetzlichen Vorfalls, der seinen ehemaligen Freund und Arbeitskollegen bis ans Lebensende zeichnen wird: Eines Morgens sind beide mit dem Stapler unterwegs, blödeln rum. Plötzlich gerät die Situation außer Kontrolle. Die Folgen: ein amputiertes Bein, zwei traumatisierte Lagerarbeiter. Vor dem Amtsgericht Harburg treffen beide erstmalig wieder aufeinander – in einem Prozess, bei dem es nur Verlierer gibt.
„Als ich ihn da ohne Fuß liegen sah, habe ich Panik gekriegt“, sagt Andre S. Der 43-Jährige ist der fahrlässigen Körperverletzung angeklagt. Sichtlich erschüttert schildert er dem Gericht seine Version des folgenschweren Unfalls, der sich im September 2022 in einem Lagerbetrieb im Stadtteil Kleiner Grasbrook ereignete. Er und das Unfallopfer waren befreundet, gemeinsam seien sie morgens mit dem Gabelstapler auf dem Weg in eine Nachbarhalle gewesen.
Harburg: Staplerfahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt
Er saß als Fahrer am Steuer, sein Kollege fuhr auf dem Trittbrett mit. Zum Einparken habe er gewendet, da habe der Stapler plötzlich einen Satz gemacht. Sein Kollege habe zuvor offenbar den Halt verloren und sei mit einem Bein unter das elf Tonnen schwere Fahrzeug geraten.
Ein tragischer Unfall also? Die Staatsanwältin ist anderer Meinung: S. habe das Fahrzeug schon auf dem Weg in die Nachbarhalle unvermittelt beschleunigt und dann wieder abgebremst, wohl um sich mit seinem Kollegen einen Spaß zu erlauben. Schon da habe das Opfer „Halt“ gerufen. Doch der Angeklagte habe nicht gestoppt, sondern sei sogar noch mehrfach im Kreis gefahren, wobei es dann zum Unfall gekommen sei.
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Als das Unfallopfer den Saal betritt, blickt S. ihm ängstlich entgegen. Während seiner Aussage gerät der 26-Jährige ins Stocken, kämpft mit den Tränen. „Sollen wir kurz unterbrechen?“, fragt die Richterin.
Während er von den Folgen des Tages berichtet, ist die Betroffenheit im Raum spürbar: Der linke Unterschenkel musste in einer Not-OP amputiert werden. „Danach hatte ich unbeschreibliche Schmerzen.“ Fünf Monate verbrachte er in stationärer Behandlung, erhielt eine Prothese. Seither ist er in der Reha. „Ich musste komplett neu laufen lernen“, sagt er. Heute könne er maximal eine Stunde am Tag gehen.
Staatsanwältin: „Eine Freiheitsstrafe wird dem nicht gerecht“
„Der Angeklagte hat die Konsequenzen zu verantworten. Doch er ist geständig, leidet selber“, sagt die Staatsanwältin, „eine Freiheitsstrafe wird dem nicht gerecht“. Sie fordert eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen. Die Verteidigung hingegen fordert maximal 90 Tagessätze.
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Bei der Urteilsverkündung dann die Überraschung: sieben Monate auf Bewährung! Die Richterin begründet das Strafmaß: Das Verhalten von Andre S. sei „grob fahrlässig“ gewesen, eine Geldstrafe komme da nicht mehr infrage:
Er habe das Opfer vorschriftswidrig mitfahren lassen, dazu habe es glaubhaft geschildert, dass der Angeklagte mit dem Stapler Kreise drehte. Trotz ausführlicher Einlassung sei S. nur teilweise geständig gewesen: „Ihre Angabe, nur eingeparkt zu haben, werte ich als Schutzbehauptung.“ Noch im Gerichtssaal kündigt der Verteidiger an, sein Mandant wolle das Urteil akzeptieren – damit dürfte es rechtskräftig werden.