Aktivisten gegen Polizei: Wie viel Klima-Camp ist in Hamburg erlaubt?
Ein Teilerfolg reicht ihnen nicht: Am Mittwochvormittag protestierten Klimaaktivisten auf dem Rathausmarkt gegen die Einschränkung eines geplanten Protestcamps im Stadtpark. Kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht die Hamburger Polizei in die Schranken verwiesen. Bereits während des G20-Gipfels hatte die Polizei ein Protestcamp untersagt – rechtswidrig, wie das Gericht Jahre später feststellte.
Ein Teilerfolg reicht ihnen nicht: Am Mittwochvormittag protestierten Klimaaktivisten auf dem Rathausmarkt gegen die Einschränkung eines geplanten Protestcamps im Stadtpark. Kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht die Hamburger Polizei in die Schranken verwiesen. Bereits während des G20-Gipfels hatte die Polizei ein Protestcamp untersagt – rechtswidrig, wie das Gericht Jahre später feststellte.
Viele sind es nicht, die sich am Mittwochvormittag auf dem Rathausmarkt in die pralle Sonne stellen, um auf ihren Grundrechten zu beharren. Rund 60 Personen aus verschiedenen Gruppen protestieren mit symbolischen Zelten gegen die Einschränkung ihres geplanten Protestcamps im Stadtpark, zu dem im August 4000 bis 6000 Menschen kommen sollen.
Gericht gibt Einspruch der Aktivisten statt – zum Teil
Am Morgen konnten die Aktivisten bereits einen Teilerfolg feiern: Ursprünglich wollte die Polizei den Aufbau von Schlafzelten, Feldküchen und Pavillons verbieten. Außerdem sollte die Veranstaltung nicht auf der leicht zu beschädigenden Festwiese im Stadtpark, sondern auf einer Fläche am Altonaer Volkspark stattfinden, ohne Zelte. Das Camp vom 9. bis zum 15. August wäre ohne Küchen und Schlafzelte aber kaum durchführbar gewesen.
Nun gab das Verwaltungsgericht dem Einspruch teilweise statt: Küchen, Zelte und Pavillons dürfen aufgestellt werden – allerdings nicht im Stadtpark, sondern auf der von der Polizei vorgeschlagenen Fläche an der Elly-See-Straße am Altonaer Volkspark.

Im Beschluss, der der MOPO vorliegt, heißt es: „Die mit den Auflagen untersagten Übernachtungsflächen, Sanitäranlagen, Feldküchenkomplexe, Getränke- sowie Essensstände, zwei weiteren Zirkuszelte und Pavillons unterfallen der Versammlungsfreiheit. Die Auflagen werden sich daher wahrscheinlich als rechtswidrig erweisen, weil eine konkrete Gefahr, die sie abwehren sollen, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ersichtlich ist“
Am liebsten wäre der Polizei ein Camp ohne die Campinginfrastruktur gewesen
„Wir freuen uns, dass das Verwaltungsgericht anerkennt, dass unsere gesamte Infrastruktur von der Versammlungsfreiheit geschützt ist“, sagte Toni Lux, Sprecherin des „System Change Camp”, der MOPO. Doch sie fordert auch, dass nun „eine angemessene Fläche“ für das Camp zur Verfügung gestellt wird. Die angebotenene Fläche nahe des Altonaer Volkspark sei zu klein.
Der Sprecher der Grünen Jugend Hamburg, Julius Nebel, attackierte die eigene Mutterpartei. „Ich erwarte von der rot-grünen Regierungsfraktion, dass sie sich für eine große Fläche einsetzt.“ Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jennifer Jasberg, meldete sich kurz darauf per Twitter zu Wort und forderte selbst, dass „zügig eine geeignete Fläche gefunden“ werden solle.
Ich freue mich, dass das Verwaltungsgerichtsurteil den Weg ebnet für das von vielen jungen Menschen geplante Camp in #Hamburg.
— Jenny Jasberg (@jenny_jasberg) August 3, 2022
Damit engagierter Austausch zu den immensen Herausforderungen der #Klimakatastrophe stattfinden kann, sollte zügig eine geeignete Fläche gefunden werden. https://t.co/ktwxaki1zh
Den Gerichtsbeschluss sieht man bei der Polizei offenbar gelassen: „Der Versammlungsbehörde ist es auch in den Kooperationsgesprächen mit den Organisatoren immer nur um die Frage des Standorts gegangen und nie um die Frage, ob die Versammlung überhaupt stattfinden kann.“ Trotzdem prüfe man Rechtsmittel. Klar ist aber auch: Am liebsten wäre es der Polizei ohne die Campinginfrastruktur gewesen.
Linke: „Das Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts ist eine schallende Ohrfeige für die Hamburger Polizei“
Die scharfen Auflagen, die die Polizei gerne durchgesetzt hätte, sind angesichts eines im Mai ergangenen Urteils für Beobachter verwunderlich. Im Zuge von G20 hatte die Polizei 2017 ein angemeldetes Protestcamp auf der Elbinsel Entenwerder abgesperrt und mit Tränengas geräumt – vor zwei Monaten urteilte nun das Verwaltungsgericht, dass die Absperrung des Camps rechtswidrig war.
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Spielt diese richterliche Einschätzung gar keine Rolle für das nun angemeldete Aktivisten-Camp? Die Polizei verweist darauf, dass bislang keine schriftliche Urteilsbegründung zum G20-Camp vorliege. Außerdem ginge es immer um den Einzelfall. Eine Erklärung, die Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft, nicht durchgehen lässt: „Das Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts ist eine schallende Ohrfeige für die Hamburger Polizei, die offenbar nichts aus den Fehlern während des G20-Gipfels gelernt hat.“
Nun soll es Verhandlungen zwischen den Aktivisten und der Versammlungsbehörde geben, ob ein zentralerer Standort für das Camp gefunden werden oder zumindest die Fläche am Altonaer Volkspark vergrößert werden kann. Es eilt: Am Donnerstag soll der Aufbau beginnen.