Gesammelte Medienschelte eines Hamburger Polizisten: „Es war ja ganz anders!“
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. An dieser Stelle präsentiere ich in unregelmäßigen Abständen meine neuesten Schätze. Heute: der jahrzehntelang gesammelte Ärger eines Hamburger Ordnungshüters.
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. An dieser Stelle präsentiere ich in unregelmäßigen Abständen meine neuesten Schätze. Heute: der jahrzehntelang gesammelte Ärger eines Hamburger Ordnungshüters.
Wie entdeckt man auf dem Flohmarkt tolle Dinge? Ganz einfach: Pfoten schmutzig machen und ordentlich wühlen. Ich stieß so bei der „Flohschanze“ an der Feldstraße auf ein Fotoalbum mit der geheimnisvollen Aufschrift „Pharaos Treasures“ – und entdeckte erstaunliche Erinnerungen eines Hamburger Polizisten!

Der Mann, der das Album (Preis: 5 Euro) gestaltet hatte, hieß Jürgen K. Er war erst Streifenpolizist und später lange in der Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei tätig. Der im vergangenen Jahr im Alter von 81 Jahren verstorbene Oberkommissar schnitt Zeitungsartikel zu Einsätzen aus, an denen er beteiligt war, und er kommentierte diese auch.
Album mit Unfallbericht von 1964
So findet sich im Album ein Bericht des „Abendblatts“ über einen Unfall am 31. März 1964 am Erdkampsweg in Fuhlsbüttel. Die Kollegen schrieben damals, ein Kind sei auf die Straße gelaufen, deswegen habe ein Autofahrer das Steuer verrissen und war mit dem VW umgekippt. Polizist K. kommentiert: „Falsche Schilderung! Kind saß mit im Wagen.“

Dann erfährt man, dass die Poppenbütteler Schleuse von Reportern einmal „Todes-Schleuse“ genannt wurde. Polizist Jürgen K. war als junger Polizist im Einsatz, als dort 1966 eine 22-jährige Kajak-Fahrerin in einem „Todes-Strudel“ ertrank. Der Beamte schnitt zwei Fotos und einen Artikel aus.

Schutzmann schimpft über „Bild”-Artikel
Richtig aufgeregt hat unseren Schutzmann dann ein weiterer „Bild“-Artikel vom 2. August 1967. Unter der Überschrift „Polizei trieb Verkehrssünder mit Tränengas aus einer Wohnung“ beleuchteten die Kollegen einen Einsatz in Poppenbüttel. Sie stellten dort den Taxifahrer Peter S. als Opfer übertriebener Polizeigewalt dar.

Der 29-Jährige war nach einem Unfall einfach weggefahren. Als Polizisten ihn in seiner Wohnung antrafen, wurde er aggressiv und bedrohte die Beamten mit einem Beil. Diese setzten Tränengas ein und überwältigten den Taxifahrer. „Bild“ stellt den Fahrer nun als Opfer dar und klagt an: „Mit Tränengas-Bomben trieben Polizisten nachts einen Verkehrssünder aus seiner Wohnung.“ Einseitig wird den Schilderungen des Fahrer-Flüchtigen geglaubt. Im Fotoalbum kommentiert unser Polizist K. den Bericht empört: „War ,Bild‘ dabei? Es war ja ganz anders!“ Und tatsächlich – am nächsten Tag druckt „Bild“ eine Richtigstellung, die auch im Fotoalbum des Beamten landet. Übrigens: MOPO-Leser war der Beamte offenbar nicht. Auch wir hätten damals so manche Story besser recherchieren können.
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Ab 1980 saß Jürgen K. in der Verkehrsleitzentrale (VLZ), die sich im Polizeihochhaus Berliner Tor befand. Nun schnitt der Polizeihauptmeister Artikel aus, in denen er als Sprecher der VLZ selbst vorkommt. Im November 1985 wurde Jürgen K. im „Abendblatt“ so zitiert: „Das Glatteis war katastrophal. Kilometerlange Staus auf den Autobahnen, im Freihafen und auf der Bergedorfer Straße.“ Im September 1990 fand sich Jürgen K. dann in der „Bild“ mit folgendem Zitat wieder: „Bei den Autobahn-Staus konnten wir nur hilflos zusehen wie in einer Stauverwaltungszentrale.“
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Der letzte Zeitungsartikel in dem Album ist vom 4. September 1994 und betrifft eine Korruptionsaffäre in der Abteilung für Baustellen-Koordinierung der Baubehörde. Die Überschrift: „Drei Beamte suspendiert: Verkehrschaos in Hamburg“. Zu schade, dass unser eifriger Polizei-Chronist das hochinteressante Album nicht noch bis zu seiner Pensionierung 2001 weitergeführt hat …