Pommes oder Porreesuppe? Zwei Hamburgerinnen beraten Bundestag in Sachen Ernährung
An der Ernährung scheiden sich die Geister. Die einen bestehen auf ihr tägliches Schnitzel und gehen auf die Barrikaden, wenn sie das Wort „Veggie-Day“ nur hören. Die anderen fordern das Ende der Massentierhaltung und Zuckerverbote. In diesem Spannungsfeld hat jetzt der erste Bürgerrrat als neues demokratisches Instrument seine Arbeit aufgenommen. 160 Menschen aus dem Volk beraten den Bundestag in Sachen Ernährung. Zwei Hamburgerinnen sind dabei.
An der Ernährung scheiden sich die Geister. Die einen bestehen auf ihr tägliches Schnitzel und gehen auf die Barrikaden, wenn sie das Wort „Veggie-Day“ nur hören. Die anderen fordern das Ende der Massentierhaltung und Zuckerverbote. In diesem Spannungsfeld hat jetzt der erste Bürgerrat als neues demokratisches Instrument seine Arbeit aufgenommen. 160 Menschen aus dem Volk beraten den Bundestag in Sachen Ernährung. Zwei Hamburgerinnen sind dabei.
Brigitte Bernhard geht über den Isemarkt in Harvestehude. Die 69-Jährige schaut mal rechts, mal links. An einem Gemüsestand bleibt sie stehen, greift nach einem Bündel roter Beete und nach dem Spinat. „Mir ist es wichtig, zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen“, sagt die Rentnerin. Deshalb gehe sie gerne auf Wochenmärkte.
Neues demokratisches Instrument: Bürgerräte dürfen den Bundestag beraten
Brigitte Bernhard ist eine von 160 Menschen aus ganz Deutschland, die per Zufallsprinzip für den neu gegründeten Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ ausgelost wurden. Ziel ist es, die Bevölkerung stärker in demokratische Prozesse einzubinden.

In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Irland wird das Prinzip schon angewendet. So haben die Bürger Irlands bereits über die gleichgeschlechtliche Ehe und die Abschaffung eines Abtreibungsverbots beraten. Entscheiden dürfen die Bürgerräte zwar nichts. Aber Einfluss nehmen. Für Brigitte Bernhard fühlt sich das gut an.
„Es ist ein tolles Gefühl, gefragt zu werden und an etwas mitwirken zu können“, sagt sie. Als sie jung war, habe sie sich politisch engagiert. Aber Politik sei auch ein langwieriger Prozess. „Es müssen ja immer viele Meinungen unter einen Hut gebracht werden.“
Jung und alt, Städter und Landbewohner, Frauen und Männer: Bürgerrat ist repräsentativ zusammengesetzt
Genau das sei für sie aber auch das Spannende an der Sache. Das erste Treffen Ende September in Berlin habe gezeigt, dass wirklich ein Abbild der Bevölkerung für den Bürgerrat ausgelost wurde. „Die einen waren jung, die anderen alt. Manche vom Land, andere aus der Großstadt. Es gab die unterschiedlichsten Bildungsgrade und Ernährungsweisen“, sagt Bernhard.
Für sie selbst sei Ernährung immer ein wichtiges Thema gewesen. „Ich stamme vom Land. Wir hatten Schweine. Meine Mutter hat die Ferkel mit der Nuckelflasche großgezogen“, erinnert sie sich. Früh lernte sie zu wursten, zu säen, zu ernten. Heute ist sie Vegetarierin.
Ist sie für den „Veggie Day“? „Nein, ich verbiete mir nichts und deshalb verbiete ich anderen Menschen auch nichts“, sagt sie. Erreichen möchte sie die Bevölkerung lieber über Aufklärung. Deshalb sei sie beispielsweise für die Lebensmittelkennzeichnung, den sogenannten Nutri-Score, der anders als in anderen EU-Ländern, in Deutschland für die Unternehmen nur freiwillig ist.
Bürgerrat Ernährung: 160 Menschen aus ganz Deutschland machen mit – auch Hamburger sind dabei
„Die Menschen sollen beim Einkaufen schnell sehen können, ob das, was sie zu sich nehmen, ungesund ist“, sagt Bernhard. Die Kennzeichnung, das Tierwohl und die Rahmenbedingungen für eine sowohl gesunde als auch preiswerte Ernährung werden daher auch der Hauptfokus des Bürgerrats sein. Darauf haben sich die 160 Mitglieder geeinigt.
Auch Petra Jeschke hält Ernährung für einen der wichtigsten Aspekte menschlichen Lebens. „Sie versorgt unseren Körper mit Energie, lebenswichtigen Nährstoffen und fördert unser Wohlbefinden“, sagt die Sachbearbeiterin aus Langenhorn.
Dass ausgerechnet sie für den Bürgerrat ausgelost wurde, fühlt sich für die 65-Jährige an wie ein „Sechser im Lotto“. „Es ist eine einzigartige Gelegenheit meine Stimme in politischen Entscheidungsprozessen einzubringen“, freut sie sich.
Bürgerrat Ernährung: Ende Februar wird dem Bundestag ein Gutachten überreicht
Für Petra Jeschke geht es dabei aber nicht nur um die Frage von Pommes oder Porreesuppe. Das Interessante ist für sie die Vielschichtigkeit der Thematik: „Gesundheit, Gewichtsmanagement, Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien sind nur einige Aspekte“, betont sie. Erst einmal wolle sie aber abwarten, was sich bei den kommenden Sitzungen in Berlin so ergibt.
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Der Bürgerrat tagt das nächste Mal am 10. November in der Hauptstadt. Vorher gibt es noch zwei Sitzungen per Zoom. Ende Februar wollen Brigitte Bernhard, Petra Jeschke und ihre Mitstreiter den Bundestagsabgeordneten ihr Bürgergutachten überreichen.