Wieder Schüsse: Die blutige Spur durchs Phoenix-Viertel
Wenn es südlich der Elbe zu schweren Gewalttaten kommt, dann lässt sich der Tatort oft im Phoenix-Viertel in Harburg lokalisieren. Ein Umstand, mit dem Bewohner leben und gegen den die Polizei ankämpft. Nun ist es am Donnerstag erneut zu Schüssen gekommen, zwei Männer wurden verletzt. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Wenn es südlich der Elbe zu schweren Gewalttaten kommt, dann lässt sich der Tatort oft im Phoenix-Viertel in Harburg lokalisieren. Ein Umstand, mit dem Bewohner leben und gegen den die Polizei ankämpft. Nun ist es am Donnerstag erneut zu Schüssen gekommen, zwei Männer wurden verletzt. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Freitag, 23. Oktober 2020: An der Wilstorfer Straße, unweit des Phoenix-Centers, fallen gegen 19 Uhr plötzlich Schüsse. Mehrere Männer sind vor einer Spielhalle in Streit geraten, einer zieht eine Pistole und feuert. Ein Mann wird ins Bein getroffen, die Beteiligten flüchten. Der Verletzte, der in Begleitung eines Notarztes in eine Klinik kommt, schweigt.
Es fallen immer wieder Schüsse im Phoenix-Viertel
Sonntag, 14. November 2021: Am helllichten Tag und aus kurzer Distanz schießt der damals 55-jährige Halil S. an der Kreuzung Lassallestraße/Baererstraße auf zwei Arbeitskollegen. Einen trifft er am Arm und im Unterbauch, den anderen an den Beinen und am Po. Ein Opfer schwebt zeitweise in Lebensgefahr. Auslöser der Tat: Streit um Geld.

Halil S. wird unter anderem wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neun Jahren Haft verurteilt. Vor Gericht spricht er von Notwehr. Er habe Angst gehabt, dass die Männer ihn verschleppen könnten.
Am 29. Juni 2023 wird im Phoenix-Viertel ein 17-Jähriger angeschossen. Der Jugendliche sitzt verletzt auf einem Stuhl vor einem Restaurant an der Kalischerstraße, eine Kugel hat sich in seinen Unterschenkel gebohrt. Die Hintergründe der Tat sind bis heute nicht in Gänze aufgeklärt.

Diese Woche, am späten Donnerstagabend, den 26. Oktober 2023, peitschen erneut Schüsse durch die Wilstorfer Straße: Vier Männer sind in einem Hinterhof in Streit geraten, mindestens einer zieht eine Pistole. Zwei Beteiligte werden an den Extremitäten beziehungsweise am Unterkörper von Kugeln getroffen und verletzt.
Aktueller Fall: Die Kripo sucht Zeugen
Während ein 29-Jähriger sich in einen Kiosk schleppt und dann per Rettungswagen ins Krankenhaus nach St. Georg kommt, wird ein anderer (28) von Freunden in eine Harburger Klinik gebracht. Polizisten nehmen die Freunde vorläufig fest, entlassen sie später aber wieder. Die Hintergründe sind unklar. Die Kripo ermittelt und hofft auf Zeugen (Tel. 428 65 67 89).
Es ist für die Polizei oft ein Problem, wenn im Phoenix-Viertel die Gewalt eskaliert: Beteiligte wollen sich nicht zur Sache äußern. Es gibt eine Art Kodex unter Gaunern und im Milieu, wo viele der Streitigkeiten ihren Ursprung haben, vor allem in der Drogendealer-Szene. An vielen Ecken wird offen Marihuana verkauft, auch Kokain gibt es auf Nachfrage. Meistens verkaufen Jugendliche, die von Älteren instrumentalisiert werden, die Drogen.
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Doch nicht immer haben die Delikte mit Drogen oder Revierkämpfen zu tun. Das zeigt nicht zuletzt der Fall Halil S.. Es kommt auch vor, dass Streitigkeiten mit Waffengewalt ausgetragen werden, häufig mit Messern. In den seltensten Fällen benutzen Beteiligte Pistolen, auch wenn das LKA derzeit eine Serie von Taten bearbeitet, bei denen Opfer teilweise gezielt hingerichtet wurden.
So stehen Bewohner zur Gewalt im Viertel
Zudem schwankt die Zahl der Gewaltdelikte: War in den vergangenen Jahren laut Polizei dank Präventionsarbeit sogar ein rückläufiger Trend im Phoenix-Viertel zu beobachten, stiegen die Zahlen im Bezirk Harburg im vergangenen Jahr an. In der Entwicklung müssen aber auch die Folgen der Corona-Pandemie berücksichtigt werden, so ein Sprecher damals.
Bewohner und im Viertel Arbeitende sehen das Ganze gelassen: Das sei eben so und passiere hier nicht öfter als anderswo, sagen die einen. Andere sagen, dass sich die Taten in einem Kreis abspielten, in dem sich Täter und Opfer kennen. Als Unbeteiligter müsse man keine Angst haben.