WhatsApp-Betrug: Tausende Euro im letzten Moment gerettet
„Hallo Mama und Papa ...“ so fing die Nachricht an, die die Mutter per SMS erreichte, vermeintlich von ihrer Tochter. Tausende solcher Textnachrichten landen derzeit auf Handys, auch in Hamburg. Stets hat das Kind angeblich eine neue Handynummer und braucht dringend Geld. Auch ein pensionierter Hamburger Polizist wurde zum Opfer der neuesten Betrugsmasche – und erlebte, wie schwer es ist, sein Geld vor den Schwindlern zu retten.
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„Hallo Mama und Papa …“ so fing die Nachricht an, die die Mutter per SMS erreichte, vermeintlich von ihrer Tochter. Tausende solcher Textnachrichten landen derzeit auf Handys, auch in Hamburg. Stets hat das Kind angeblich eine neue Handynummer und braucht dringend Geld. Auch ein pensionierter Hamburger Polizist wurde zum Opfer der neuesten Betrugsmasche – und erlebte, wie schwer es ist, sein Geld vor den Schwindlern zu retten.
Jörg B., pensionierter Polizist aus Hamburg, und seine Frau Elisabeth wohnen im Landkreis Cuxhaven, rund 70 Kilometer von Hamburg entfernt. Am Dienstag vergangener Woche kommt ihre Tochter zu Besuch. Die 37-Jährige wirkt, so erzählt es Mutter Elisabeth B. (57), gestresst und ist viel am Handy. „Das ist untypisch für sie“, sagt die Mutter.
Abrupte Abreise – und dann kam die SMS-Nachricht
Eigentlich wollte die Tochter ein paar Tage bleiben, reist aber am Mittwoch unvermittelt ab ohne einen Grund zu nennen. Mutter Elisabeth B. wundert sich. Am Nachmittag dann die SMS: „Hallo Mama und Papa.“ Eine unbekannte Nummer. Der Verfasser gibt sich als Tochter Natalie aus, möchte auf WhatsApp weiter Nachrichten austauschen. „Natalies“ Handy sei kaputt gegangen.
„Da habe ich mir noch nichts gedacht. In der Hektik kann sowas passieren. Und offenbar war bei ihr ja etwas los“, so B. Sie löscht die richtige Nummer ihrer Tochter und speichert die falsche direkt ab. Erst später kommt heraus, dass ihre Tochter sich so auffällig verhalten hatte, weil sie in Sorge um ihr Kind gewesen war, zu jenem Zeitpunkt gerade eine medizinische Zweitmeinung einholte.
Die Nachricht kommt also – vermutlich zufällig – genau zur falschen Zeit. Elisabeth B. glaubt, was der Verfasser oder die Verfasserin schreibt. „Natalie“ behauptet, sie müsse heute noch zwei Rechnungen überweisen, aber weil ihr Handy kaputt sei, komme sie nicht an ihre Daten. „Könntest du das für mich überweisen?“ Mutter Elisabeth: „Ja, klar.“
B. überweist knapp 3000 Euro. Der Empfänger: Thomas Hunter. Hunter bedeutet auf Englisch Jäger. Wie Jäger suchen auch Trickbetrüger ihre Opfer. Wenn bei 1000 Versuchen fünf reinfallen, ist das aus Täter-Sicht schon eine sehr lukrative Ausbeute.
Vater und Ex-Polizist vermutet Betrug – und fordert ein Selfie
„Natalie“ beharrt auf eine Echtzeit-Überweisung, fragt später nach einer Kreditkarte. „Da wurden mein Mann und ich dann das erste Mal stutzig. Natalie weiß, dass wir eine Kreditkarte haben, das würde sie nicht fragen.“ Vater Jörg, Ex-Polizist aus Hamburg, traut der Sache nicht. „Natalie, schick uns mal ein Selfie, nur zur Sicherheit“, sagt er in einer Sprachnachricht. Er vermutet, dass nichts zurückkommt. Er hat Recht. Die Antwort von der anderen Seite: „Geht nicht. Handy zu alt.“
Elisabeth B. versucht über die Sparkassen-Hotline, das Konto sperren zu lassen, schildert den Vorfall. Dort sagt man ihr, sie müsse zur Polizei, sie könnten nichts tun. Der pensionierte Beamte und seine Frau gehen zur örtlichen Wache. „Natalie“ schreibt unterdessen weiter, immer häufiger nun in schlechtem Deutsch.
Bei der Polizei will man nur eine Anzeige aufnehmen. Jörg B. kann es nicht glauben. „Sie müssen das Konto sofort sperren“, sagt er. Doch die Beamten lehnten das ab. Da sei ihm der Geduldsfaden gerissen, so Elisabeth B. „Mein Mann hat bei seiner alten Wache angerufen. Über Bekannte landete unser Fall beim LKA in Hamburg.“ Dort kennt man die Masche – und hilft sofort. B.: „So konnten wir den Vorgang stoppen.“
Die Überweisung der Familie wird aufgehalten, das Geld kriegen sie von der Bank zurück, das Konto des Betrügers wird gesperrt. Recherchen aber zeigen, dass kurz vor der Kontosperrung „Thomas Hunter“ noch einen beträchtlichen Betrag von dem Konto abgezogen hat – 3500 Euro. Ob der oder die Täter je gefasst werden, werden Ermittlungen zeigen.
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Trickbetrug solcher Art ist kein Einzelfall. Momentan werden ähnliche Textnachrichten an zahlreiche Handynummern verschickt. Nach MOPO-Informationen hat die Polizei in den ersten drei Quartalen des Jahres 1102 Fälle aufgenommen. Davon blieb es in 849 Fällen beim Versuch, 253 waren erfolgreich. Der entstandene Schaden: knapp eine Million Euro.
Schutz vor Trickbetrug: Das empfiehlt die Hamburger Polizei
Die Hamburger Polizei warnt vor den Gefahren von Trickbetrug, will mit Prävention dagegenhalten. Sprecher Florian Abbenseth: „Gesundes Misstrauen ist keine Unhöflichkeit. Stellen Sie Fragen, die nur Angehörige beantworten können. Kontaktieren Sie den angeblichen Verwandten über die altbekannten Kontakte. Übernehmen Sie keine neuen Telefonnummern ungeprüft in Ihre Kontaktliste.“
Bei einem unguten Gefühl solle man den unbekannten Kontakt einfach sperren. Falls schon Geld überwiesen wurde, sollte man direkt die Bank kontaktieren. „Lassen Sie sich in keinem Fall unter Druck setzen“, erklärt Abbenseth. „Und überweisen Sie nichts, bevor Sie mit dem Angehörigen gesprochen haben.“ Ist man auf eine Masche hereingefallen, dann solle man „direkt Anzeige erstatten“. Im Zweifel: gleich bei der Polizei anrufen.