Mord-Kommando in Shisha-Bar: Als der Dealer die Uzi abfeuert, hat Terry keine Chance
Terry S. (27) sieht sie kommen. Er sitzt in einer Shisha-Bar, raucht eine Wasserpfeife. Die maskierten Männer gehen geradewegs auf ihn zu. Einer richtet eine Maschinenpistole auf ihn, zielt – und drückt ab. S. treffen mehrere Schüsse. Die Täter flüchten. Und das Milieu ist aufgerüttelt: Ein Kartell-Mord? Rache wegen abgezweigter Drogen? Die Polizei hat nun einen Tatverdächtigen verhaftet. Die Umstände scheinen anders zu sein als gedacht.
S. saß oft im „Nythys“, einer Shisha-Bar an der Lübecker Straße in Hohenfelde. Die Bar ist beliebt, auch bei Promis wie NBA-Star Dennis Schröder oder Ex-Pauli-Stürmer Simon Makienok.
Todesschüsse in Hamburg: Uzi hat Ladehemmungen
- Deutsch (Deutschland)
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Terry S. (27) sieht sie kommen. Er sitzt in einer Shisha-Bar, raucht eine Wasserpfeife. Die maskierten Männer gehen geradewegs auf ihn zu. Einer richtet eine Maschinenpistole auf ihn, zielt – und drückt ab. S. treffen mehrere Schüsse. Die Täter flüchten. Und das Milieu ist aufgerüttelt: Ein Kartell-Mord? Rache wegen abgezweigter Drogen? Die Polizei hat nun einen Tatverdächtigen verhaftet. Die Umstände scheinen anders zu sein als gedacht.
S. saß oft im „Nythys“, einer Shisha-Bar an der Lübecker Straße in Hohenfelde. Die Bar ist beliebt, auch bei Promis wie NBA-Star Dennis Schröder oder Ex-Pauli-Stürmer Simon Makienok.
Todesschüsse in Hamburg: Uzi hat Ladehemmungen
Und sie ist gut besucht. Wie am Abend des 27. Juli. Um kurz nach 23 Uhr betritt das Killerkommando den Laden. Nach MOPO-Informationen hat die Uzi, die der Täter in der Hand hält, Ladehemmungen. Möglich, dass noch mehr Leute gestorben wären, hätte die vollautomatische Waffe vollständig funktioniert. Entsprechende Gesten zeichnet die Überwachungskamera in dem Raum auf.
Die Täter sind maskiert. Einer verbirgt seinen Kopf unter einer Cap und Kapuze, der andere trägt einen Fischerhut. Beide gehen nach der Tat langsam aus der Bar. Gehetzt wirken sie nicht, sie wirken kaltblütig. Im Tatortbereich finden Mord-Ermittler später zwei kugelsichere Westen, sie sind in Penny-Kühltaschen verpackt. Die Polizei glaubt, dass die Täter diese Westen trugen.
Drei Wochen später: Terry S. wird auf dem Öjendorfer Friedhof beerdigt. Sein Leichnam liegt in einem schwarzen Sarg, die Kapelle ist voll, die Stimmung gedrückt. Seine Schwester sagt: „Jeder, der mit ihm aufgewachsen ist, weiß, was für ein netter Mensch er ist und dass er immer für einen da war.“ Sie schluchzt: „Nichts wird je den Schmerz lindern.“ Der Priester erinnert daran, dass man nackt auf die Welt komme und so auch diese wieder verlasse, „ohne Autos und Geld“. Er sagt: „Das, was Terry im Leben gemacht hat, wird entscheiden, wie er im Jenseits leben wird.“ Und er ergänzt noch: „Für uns alle kam der Tod überraschend. Für ihn vielleicht nicht.“
Terry S. wächst in Wilhelmsburg auf, gilt als fröhlicher und lustiger Junge. Er zieht mit seinen Eltern nach London und kehrt später alleine nach Hamburg zurück. Er mietet eine Wohnung in Billstedt, lernt eine Frau kennen, sie bekommen ein Kind. Vorher ist er eine Zeit im Gefängnis, soll mit Drogen zu tun gehabt haben. Freunde sagen, er hätte „dieses Leben“ hinter sich gelassen.
Tatsächlich lernt er dort neue Freunde kennen, denen er sich offenbar nicht entziehen kann. Oder er entscheidet sich ganz bewusst für diesen Weg.
Er gehört einer Gruppe an, die äußerst lukrativ Drogen verkauft, vorrangig Kokain. Den „Schnee“ holt Terry S. mit anderen Handlangern aus Hafen-Containern. Die Auswertung der „EncroChat“-Daten werden Teilen der Gruppe zum Verhängnis: Die Polizei nimmt führende Mitglieder fest, unter anderem nach Schüssen in Neugraben-Fischbek.
Alle sind bewaffnet: Kartell-Showdown in Hamburg
Terry S., der offiziell einen Donut-Laden in Eppendorf betreibt, bekommt auch mit, wie es sich die Gruppe mit einem südamerikanischen Drogen-Kartell verscherzt, indem sie den Dealern Kokain im Wert von fünf Millionen klauten. Ein Mitglied wird sogar gekidnappt. In einem Kulturverein in Ottensen kommt es zum Showdown zwischen Hamburgern und Südamerikanern. Alle sind bewaffnet. Geschossen wird nicht. Die Sache wird geklärt. Vorerst.
Im Milieu glaubt man lange, dass diese Streitigkeiten Auslöser für die gezielte Tötung in der Shisha-Bar waren. Terry S. als Bauernopfer in einer blutig geführten Fehde?
Nein. Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgen eine andere Spur. Und verhaften am Dienstag einen 24-jährigen Hamburger auf St. Pauli. Er ist in der Wohnung nicht gemeldet, lebt dort aber schon seit geraumer Zeit. Ist er auf der Flucht? Die Sicherheitsbehörden sind sich jedenfalls sicher: Er ist der Mörder von Terry.
Der 24-Jährige gehört einer Gruppe von Männern an, die ebenfalls mit Drogen handeln soll. So werden am Dienstag auch 24 Objekte gefilzt, drei weitere Männer im Alter von 25, 26 und 46 Jahren verhaftet. Ein weiterer Beschuldigter sitzt bereits in anderer Sache in Haft. Die Beamten finden knapp zehn Kilo Kokain, Marihuana und scharfe Schusswaffen.
Staatsanwaltschaft: „Streitigkeiten im Drogenmilieu“
Und das Motiv? „Wir gehen von Streitigkeiten im Drogenmilieu aus“, so eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Auf Nachfragen gibt die Behörde keine weiteren Auskünfte. Sie schließt bisher aber einen Zusammenhang zum Kartell-Disput aus. „Die Ermittlungen dauern an, insbesondere die zum zweiten Täter.“
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Aus Ermittler-Kreisen heißt es, dass ein Rachemotiv vorliegen könnte. Doch auch dort ist man über die Härte der Tat und das eiskalte Auftreten des Schützen verwundert: „In dieser Manier wird selten jemand in Hamburg erschossen.“