Vergewaltigung, Totschlag, Mord: Deutlich mehr Gewalt in Hamburg
Die Entwicklung der Gewalt in Hamburg ist längst ein politisches Kern-Thema geworden: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) lässt den Hauptbahnhof mittlerweile mit mehr Sicherheitskräften bewachen, will auch im näheren Umfeld das Sicherheitsgefühl steigern. Doch exklusive Halbjahres-Zahlen der Innenbehörde, die der MOPO vorliegen, zeigen auch: Gewalt spielt sich nicht nur am Hauptbahnhof ab – sie nimmt stadtweit zu.
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Die Entwicklung der Gewalt in Hamburg ist längst ein politisches Kern-Thema geworden: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) lässt den Hauptbahnhof mittlerweile mit mehr Sicherheitskräften bewachen, will auch im näheren Umfeld das Sicherheitsgefühl steigern. Doch exklusive Halbjahres-Zahlen der Innenbehörde, die der MOPO vorliegen, zeigen auch: Gewalt spielt sich nicht nur am Hauptbahnhof ab – sie nimmt stadtweit zu.
Dass die erfassten Straftaten nach der Corona-Pandemie zunehmen werden, damit hatten die Sicherheitsbehörden gerechnet. Und so war es nicht verwunderlich, dass die Zahlen in vielen Bereichen im vergangenen Jahr tatsächlich deutlich stiegen.
„Nicht verwunderlich, dass die Zahlen steigen“
Doch der Trend hält weiter an, wie nun Zahlen der ersten sechs Monate des laufenden Jahres zeigen: So erfasste die Polizei von Januar bis Juni insgesamt 4078 Gewaltdelikte – im selben Vorjahreszeitraum waren es noch 3455. Das bedeutet einen Anstieg von 18 Prozent.
Zu Gewaltdelikten zählen unter anderem Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Raub und schwere Körperverletzung. Und in diesen Bereichen gab es mitunter noch deutlichere Steigerungen. Die größte verzeichnet die Polizei bei Vergewaltigungen: 147 Fälle bearbeitet die Kripo momentan, das sind 57 Fälle beziehungsweise rund 63 Prozent mehr als im Vorjahr.
Einen ähnlichen Anstieg (62 Prozent) lässt sich bei den Totschlägen erkennen: Hier sind der Polizei bis Juni bereits 26 Fälle bekannt geworden, davor waren es 16. Deutliche Fall-Steigerungen gibt es zudem beim Widerstand gegen die Staatsgewalt und Mord. Bei Letzterem liegt die Aufklärungsquote bei 100 Prozent – bei Raub unter 50 Prozent.
„Die gesellschaftliche Lage hat sich dramatisch verändert“, behauptet Thomas Jungfer, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Die Stimmung sei sehr angespannt und sehr gereizt. „Wo früher Worte fielen, werden heutzutage Fäuste und Waffen einsetzt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Zahlen steigen.“
„Der erneute deutliche Anstieg der Kriminalitätszahlen ist erschreckend und bestätigt leider unsere Vorhersagen“, sagt Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering. Über 20 Prozent mehr Fälle als im Vorjahreszeitraum seien dramatisch. „Es gilt jetzt entschieden zu handeln und umgehend wirksame Maßnahmen einzuleiten.“
Ob die aktuelle Entwicklung anhalte, sei vor dem Hintergrund auch bundesweit steigender Kriminalitätszahlen offen, so ein Sprecher der Innenbehörde. Die Entwicklung beschäftige derzeit alle Bundesländer und man nehme sie sehr ernst, betonte er.
Durch die Aufstockung der Präsenzmaßnahmen (Hauptbahnhof), den Einsatz von KI-basierter Videoüberwachung (Hansaplatz) und die Gründung einer Sonderkommission für den Bereich Jungfernstieg („Soko Alster“) versuche die Behörde auf die Entwicklung zu reagieren. Weitere Maßnahmen seien geplant, darunter die Waffenverbotszone am Hauptbahnhof. Dort werde aktuell auch eine Ausweitung der Videoüberwachung vorbereitet, so der Sprecher weiter.
Nach historischem Tief: Gewaltdelikte nehmen wieder zu
Seit 2011 (damals 8851 Fälle) gingen die Zahlen im Bereich der Gewaltkriminalität stetig zurück, erreichten im Corona-Jahr 2021 mit 6799 Fällen sogar einen historischen Tiefstand (niedrigste Zahl der vergangenen 20 Jahre).
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2022 nahmen die Fälle dann wie erwartet durch das Pandemie-Ende wieder zu, die Polizei erfasste 7583 Fälle, ein Plus von knapp zwölf Prozent. Noch bleibt abzuwarten, ob die Gesamtzahlen auch dieses Jahr wieder steigen werden. Die Halbjahres-Zahlen deuten dies aber an.
Im Halbjahres-Trend haben nicht nur Gewaltdelikte zugenommen, sondern die Zahl aller Straftaten – und das sogar um 20 Prozent: So erfasste die Polizei in den ersten sechs Monaten des Jahres 125.429 Fälle. Im selben Zeitraum im Vorjahr waren es 104.466.