Betrug verhindert: „Sie haben keine 100.000 Euro? Was ist denn mit Schmuck?“
Wuselig sei es gewesen, noch immer viel los. Claudia A. (53) sitzt am Info-Point im Hauptgebäude O10 des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE), bearbeitet Anfragen, tippt am Computer, spricht mit Angehörigen von Patienten. Doch dann fällt ihr eine ältere Frau auf, mit Handy am Ohr. Sie wirkte aufgeregt, sagt A. Sie spricht die Frau an – und bewahrt sie so davor, 60.000 Euro und wertvollen Schmuck an Betrüger zu verlieren. Was im Vorfeld passiert war, wie die Täter vorgegangen sind und wie man sich vor solchen Trickbetrügereien schützt.
Wuselig sei es gewesen, noch immer viel los. Claudia A. (53) sitzt am Info-Point im Hauptgebäude O10 des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE), bearbeitet Anfragen, tippt am Computer, spricht mit Angehörigen von Patienten. Doch dann fällt ihr eine ältere Frau auf, mit Handy am Ohr. Sie wirkte aufgeregt, sagt A. Sie spricht die Frau an – und bewahrt sie so davor, 60.000 Euro und wertvollen Schmuck an Betrüger zu verlieren. Was im Vorfeld passiert war, wie die Täter vorgegangen sind und wie man sich vor solchen Trickbetrügereien schützt.
Es war der 23. Februar, ein Donnerstag, als Frieda F.* über ihr Festnetztelefon einen Anruf bekommt. Am anderen Ende der Leitung: ihr Schwiegersohn, der behauptet, er habe einen Unfall verursacht. Erst viel später wird die 87-Jährige begreifen, dass es sich nicht um ihren Schwiegersohn handelt.
„Sie können ihn für 100.000 Euro freikaufen“
Plötzlich eine zweite Stimme, barscher Ton mit ziemlich direkter Ansage. Der Mann sagt, er sei Polizist, er bestätigt den Unfall. Ihr Schwiegersohn stecke in ernsthaften Problemen, er komme gleich ins Gefängnis. Aber: „Sie können ihren Schwiegersohn für 100.000 freikaufen“, sagt der Mann, der mit seinem Auftreten in keinster Weise dem eines echten Polizisten nahekommt, mit seiner forschen Art und der Schilderung des Schicksalsschlags aber einen Nerv bei der Frau trifft. Bei der echten Polizei wird dieses Vorgehen „Schockanruf“ genannt; Opfer werden überrollt und können kaum mehr klar denken, weil jeder Gedanke bei dem vermeintlich betroffenen Angehörigen ist.
Der Preis für das „Freikaufen“: 100.000 Euro. Die 87-Jährige verneint, so viel habe sie nicht, nur 60.000. „Sie haben keine 100.000 Euro? Was ist denn mit Schmuck?“ Das Opfer bejaht, sie machen einen Treffpunkt vor dem UKE aus. Vorher holt die Frau 60.000 Euro von der Bank, dabei hat sie auch ihren wertvollen Schmuck. Dann kommt es zu der Szene am Info-Point. „Ist bei ihnen alles in Ordnung?“, fragt Claudia A. Sie arbeitet erst seit vergangenem Jahr hier.

„Liegt mein Schwiegersohn hier?“, fragt Frieda F. Nein, entgegnet die UKE-Mitarbeiterin, nachdem sie verschiedene Schreibweisen des angegebenen Namens überprüft hat. Ihr fällt das Handy auf, das die Frau permanent am Ohr hat. „Ist wirklich alles in Ordnung?“ Claudia A. wittert Ungutes. Frieda F. sagt, sie könne den Mann am Hörer nicht so gut verstehen. A. nimmt den Hörer, fragt, wer da ist. Unfreundlich soll eine männliche Stimme gesagt haben, F. solle nun gefälligst nach draußen gehen. Die UKE-Mitarbeiterin legt auf, holt sich die Frau hinter den Tresen und beruhigt sie.
Nach Betrugsversuch: Polizei ermittelt
„Man glaubt das kaum, man liest davon immer nur, nun ist es passiert“, sagt A. in der Retrospektive. Das Opfer habe nicht verwirrt gewirkt, oder als würde es an einer Krankheit leiden. Die Frau sei nur an einem wunden Punkt getroffen worden. A. sei glücklich darüber, dass der Frau ein finanzieller Schaden erspart geblieben ist. „Es ist zum Glück alles gut gegangen.“ Später am besagten Tag übernimmt die Polizei, Ermittlungen gegen die Täter laufen.

Die Beamten, die regelmäßig vor Trickdieben warnen, raten dazu, auf sein Bauchgefühl zu hören und sich in keinem Fall überrumpeln zu lassen, stets skeptisch zu sein bei derartigen Anrufen. Polizeisprecher Florian Abbenseth sagt: „Kontaktieren Sie im Zweifel Freunde und Familie und holen Sie sich Hilfe.“ Polizisten würden, das betont er, niemals Geld fordern. Bei jedem Verdacht solle man die Beamten kontaktieren. Abbenseth: „Einfach 110 oder die örtliche Wache anrufen.“
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Es sei einer dieser klassischen Fälle gewesen, sagt Sperghei Samandar, Vize-Leiterin des PK23, das in direkter UKE-Nähe liegt. „Dass Sie aufmerksam waren, aktiv auf die Dame zugegangen sind und die Tat verhindert haben, dafür wollen wir uns bedanken“, so Samandar. Claudia A. erhält Kinotickets. „Ohne Sie hätte die Dame wohl sehr viel Geld verloren.“ Man freue sich über jeden Bürger, der hilft. Samandar: „Es ist ein Miteinander; das eine ist, was wir als Polizei sehen, das andere, was Sie als Bürger tun.”
*Name geändert