Hamburger gehen auf dem Hafengelände am Hansahöft spazieren
  • Immer mehr Hamburger setzen aufs Rad. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance/dpa/Markus Scholz

Fahrradklau immer lukrativer: Wo Diebe in Hamburg zuschlagen

Der Fahrrad-Markt boomt. Die Nachfrage ist enorm. Lastenräder, Gravel-Bikes oder bestimmte Marken wie die Kinderräder von „Woom“ sind begehrt. Häufig müssen Kunden Wochen und Monate auf ihr neues Fahrrad warten. Parallel ist das Geschäft für geklaute Räder noch lukrativer geworden. 600 Euro ist ein gestohlenes Fahrrad in Hamburg durchschnittlich wert. Leicht verdientes Geld für Kriminelle, die als Einzeltäter oder in organisierten Gruppen zuschlagen. Die Zahl der Diebstählen in der Stadt ist während Corona deutlich gestiegen. Einige Stadtteile sind besonders betroffen.

14.577 gestohlene Fahrräder wurden der Hamburger Polizei im vergangenen Jahr gemeldet – ein Anstieg um mehr als 20 Prozent im Vergleich zu 2019. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen, weil viele wegen der meist wenig hoffnungsvollen Aussicht auf eine Rückkehr des eigenen Rades gar nicht erst diese Diebstähle anzeigen.

Hamburg: Die Räder werden teurer, die Diebstähle lukrativer

Den Anstieg erklärt sich die Polizei zum einen mit der Corona-Pandemie, da im Jahr 2020 „Fahrräder vermehrt als Sportgeräte und als Alternative zum öffentlichen Nahverkehr genutzt wurden“, so eine Sprecherin. Der Radverkehr hätte um 33 Prozent zugenommen. Und die Räder seien auch aufgrund einer „Angebotsverknappung“ durch die Liefer- und Produktionsengpässe so besonders begehrt gewesen. „Die Polizei steuert hier weiterhin präventiv mit Aufklärungsarbeit gegen und hält den Verfolgungsdruck mit zielgerichteten operativen Maßnahmen weiter hoch.“ Bedeutet: An besonders betroffenen Stellen lässt die Polizei auch Zivilfahnder Streife laufen, die gezielt nach Tätern Ausschau halten sollen. Kriegen die einen Diebstahl mit, wird sofort reagiert und der Täter so dingfest gemacht.

Durch die bekannt gewordenen Fahrraddiebstähle sei im Jahr 2020 ein Schaden von insgesamt mehr als acht Millionen Euro entstanden, so die Angaben der Polizei. Im Jahr davor waren es 6.495.371 Euro. Für 2021 liegen noch keine Zahlen vor, von einem signifikanten Rückgang der Zahlen geht man aber nicht aus, heißt es in Polizei-Kreisen.

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Besonders beliebt bei Verbrechern: das Gebiet im Nordwesten Hamburgs. Im Bereich Mitte, vorrangig Innenstadt, St. Georg, Altona und auch in der HafenCity schlagen Diebe am häufigsten zu, aber auch in dichter besiedelten Wohngegenden wie Eimsbüttel, Billstedt und südlich der Elbe verschlägt es die Täter. Die Polizeisprecherin: „Überall dort, wo eine entsprechende Tatgelegenheitsstruktur besteht, kommt es auch zu Fahrraddiebstählen, insbesondere in einwohnerstarken Bezirken mit viel Fahrradverkehr, aber auch an Bahnhöfen und deren unmittelbaren Umfeld.“

Fahrraddiebstahl in Hamburg: Das sind die Täter

Wer sind die Täter? Und wie gehen sie vor? In Sicherheitskreisen unterscheidet man häufig in drei Kategorien: „Kleine“ Gauner, häufig Drogenabhängige, die nur des schnellen Geldes wegen zu Verbrechern werden. Einzeltäter, die professionell, aber gelegentlich vorgehen, und die einzelne Teile lukrativ im Internet verkaufen. Sowie organisierte Banden, die Räder europaweit in Mengen klauen, sie über die Grenzen schaffen und zum Spottpreis verkaufen.

Vor allem Letztere seien „extrem gut strukturiert“, wie ein BKA-Beamter der MOPO erzählt. „Die Täter kommen mit Transporter, begehen Einbrüche, bedienen sich und fahren sofort in Richtung Polen oder Holland. Es gibt dort ganze Lagerhallen. Der Verfolgungsdruck ist nicht hoch.“ Was er meint: Anders als bei Autos werden Fahrräder nicht im europäischen Fahndungssystem aufgezählt, sie werden also nicht zur Fahndung ausgeschrieben. Sind die Räder erstmal über die Grenzen, „dann bleiben sie auch weg. Die Spuren verlieren sich, führen oft weiter nach Russland.“


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Exemplarisch für Hamburg steht ein Serie aus Bramfeld: Dort haben Täter im vergangenen Jahr sogar mehrere Male zugeschlagen und Räder den Beamten-Vermutungen nach ins Ausland geschafft; großer Schaden, hoher Gewinn.

Häufig ein Problem: Die Täter – ob einzelne oder in Gruppen – sind meist nicht mehr zu ermitteln, Verfahren werden eingestellt. Und da die Versicherungen zahlen, haben die Täter leichtes Spiel. Das überschaubare Risiko lockt. Und auch bei professionellen Einzeltätern stoßen die Behörden auf Grenzen: Sie nehmen die Räder auseinander, verkaufen dann nur Teile im Internet. „Die sind anders als der Rahmen nicht mit einer Nummer oder einer Codierung versehen“, sagt Roland Huhn, Sicherheitsexperte beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC). „Da ist das Risiko, entdeckt zu werden, geringer. Das Risiko, erwischt zu werden, ist auch gering. Dagegen aber die Chance, mit den oft für teures Geld hochgerüsteten Rädern oder Einzelteilen im Netz einen schnellen Euro zu machen, groß.“

Roland Huhn ist Sicherheitsexperte beim ADFC. dpa
Roland Huhn ist Sicherheitsexperte beim ADFC.
Roland Huhn ist Sicherheitsexperte beim ADFC.

Die Hamburger Polizei setzt in der Bekämpfung gegen Fahrraddiebstahl auf gezielte und operative Maßnahmen – und auf Prävention: Regelmäßig geben die Beamten zu verschiedenen Anlässen und auf sämtlichen Kanälen Tipps, wie man sich vor Fahrraddiebstahl schützen kann. Sprichwort Codierung und richtiger Abstellplatz, egal ob Renn-, Lasten- oder Pedelec- bzw. E-Räder. Die Polizeisprecherin: „Grundsätzlich empfehlen wir immer zwei Schlösser.“

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