Hinrichtung in Hamburg: Streit im Rocker-Milieu? Das sagt ein Insider
Mehrere Schüsse hallen durch ein Wohngebiet in Langenhorn. Anwohner blicken aus ihren Fenstern und sehen zwei Männer tot auf dem Bürgersteig liegen. Neben den Toten: ein Revolver. Ein eskalierter Streit in Rocker-Kreisen? Das sind die Hintergründe.
Mehrere Schüsse hallen durch ein Wohngebiet in Langenhorn. Anwohner blicken aus ihren Fenstern und sehen zwei Männer tot auf dem Bürgersteig liegen. Neben den Toten: ein Revolver. Ein eskalierter Streit in Rocker-Kreisen? Das sind die Hintergründe.
Knapp 30 Streifenwagen fahren gegen 23.30 Uhr am Samstagabend zum Tatort an der Straße Reeborn. Zeugen und Anwohner haben per Notruf von gleich mehreren Schüssen gesprochen. Streifenpolizisten rüsten sich angesichts der unklaren Lage mit Helmen und Maschinenpistolen aus.
Langenhorn: Kopfschuss auf dem Bürgersteig
Ein Mann – wie sich später herausstellt, ein 50-Jähriger – liegt mit einem Kopfschuss auf dem Boden, tot. Neben ihm ein 42-Jähriger; Danny A. ist mit Schüssen in den Oberkörper niedergestreckt worden. Sanitäter versuchen, den Mann zu reanimieren. A. soll anfangs noch schwache Lebenszeichen gezeigt haben. Am Ende kommt die Hilfe aber zu spät – er stirbt auf den kalten Steinen. Ein Notarzt stellt den Tod beider Männer fest, die Polizei stellt den Revolver sicher.

Beide Männer sollen nach MOPO-Informationen Bezüge zum Rockermilieu gehabt, wohl zumindest entfernt den „Hells Angels“ angehört haben, speziell dem „Southport“-Charter. Optisch soll dies auch an einem der Toten zu erkennen gewesen sein.

Manchmal kommt es auch unter Mitgliedern derselben Rocker-Gruppe zu schweren Auseinandersetzungen: 2013 wurde in Marienthal an der Rennbahnstraße einem „Hells Angel“ in den Bauch geschossen – offenbar von einem Rocker-Kollegen. Es ging um Geld, oft hört hier die Bruderschaft auf, selbst bei Rockern. Früher war das undenkbar, galt der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe doch als besonders stark.
Heutzutage sind solche Konflikte keine Einzelfälle, wie auch ein Insider der MOPO sagt: Jeder sei sich selbst der Nächste, man teile nur ungern. Ein weiteres Beispiel: 2018 wollen zwei „Hells Angels“ einen Alleingang mit Drogendeals starten, werden aber von Polizisten überführt. Auch durch den zwischenzeitlichen Ausfall des „Southport“-Chefs Dariusch F., auf den Ende 2018 ein Mordanschlag verübt wurde, sei ein „Machtvakuum“ entstanden, so der Insider. Und weiter: „Es rumort innerhalb der Gruppe. Und die Altrocker vom ,HarborCity‘-Chapter sehen die Gefahr, dass die internen Unstimmigkeiten bei ,Southport‘ eskalieren. Damit geraten alle Rocker dann ins Visier der Polizei.“

Im aktuellen Fall aus Langenhorn sind die Umstände der Tat unklar, Sicherheitsbehörden hüllen sich auf Nachfrage in Schweigen, verweisen auf laufende Ermittlungen. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigt nur, dass der 50-Jährige sich mit einem Kopfschuss richtete, nachdem er auf den 42-Jährigen geschossen hatte. Wie die MOPO erfuhr, soll der 50-Jährige Geldschulden bei Danny A. gehabt haben, die dieser offenbar nun eintreiben wollte.
Dass er sich nach der Tat selbst umbrachte, ist wohl darauf zurückzuführen, dass der 50-Jährige schon länger mit dem Gedanken spielte, sich das Leben zu nehmen, heißt es aus Ermittlerkreisen. Möglich, dass der Stress rund um die Schulden diese Gedanken intensivierte. Der Insider ergänzt: „Der Schütze wäre im Falle einer Verhaftung nie und nirgendwo auf der ganzen Welt mehr sicher, immerhin hat er einen ,Angel‘ getötet. Nicht einmal im Knast wäre er vor Übergriffen anderer Insassen geschützt.“

Während die Mordkommission am Abend in Langenhorn ihre Arbeit aufnimmt und dort Spuren sichert, erscheint eine etwa zehnköpfige Gruppe von Männern: Sie kennen ihren Angaben nach einen der Rocker, waren mit ihm noch kurz zuvor unterwegs, wie sie sagen. Sie zeigen laut Polizei kein Verständnis für die Tatortarbeit, wollen zu ihrem toten Freund. Die Stimmung sei „aggressiv“ gewesen, so ein Sprecher.
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Derweil bauen Beamte Sichtschutzwände auf, Zeugen werden seelsorgerisch betreut und versorgt. Sie sprechen in ihren ersten Vernehmungen von um die fünf Schüsse, die gefallen sein sollen.
Hamburg: Polizei-Gewerkschaft fordert härtere Strafen
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verurteilte die Tat und warnte vor einer ausufernden Bandenkriminalität. Lars Osburg, GdP-Vize in Hamburg, fordert die verstärkte Durchführung von Verbundeinsätzen, also die Bündelung aller behördlichen Kräfte, um der Entwicklung entgegenzuwirken. Er sagt: „Wenn Banden ihre Konflikte auf offener Straße austragen und Schusswaffen und Messer einsetzen, dann müssten die Alarmglocken eigentlich sehr laut schrillen. Wir müssen hellwach sein.“ Die GdP fordert zudem härtete Strafen, auch für Ersttäter. Und: „Strafen müssen auf dem Fuß folgen.“