Hamburgs Teenies im Oxycodon-Rausch: „Eine Pille kann tödlich sein“
Erst eine Drogenparty auf dem Kiez, bei der ein 21-Jähriger starb und eine 13-Jährige ins Krankenhaus kam. Zwei Tage später dann erneuter Exzess an einer Schule in Langenhorn: Drei Teenies lagen bewusstlos im Park, einer schwebte in Lebensgefahr. Die Hamburger Polizei geht von Medikamenten-Missbrauch als Ursache aus. Das, was Teenies derzeit immer häufiger konsumieren, ist Oxycodon. Was ist das für eine Droge? Wo und wie ist sie im Umlauf? Und was macht sie so gefährlich?
Erst eine Drogenparty auf dem Kiez, bei der ein 21-Jähriger starb und eine 13-Jährige ins Krankenhaus kam. Zwei Tage später dann erneuter Exzess an einer Schule in Langenhorn: Drei Teenies lagen bewusstlos im Park, einer schwebte in Lebensgefahr. Die Hamburger Polizei geht von Medikamenten-Missbrauch als Ursache aus. Das, was Teenies derzeit immer häufiger konsumieren, ist Oxycodon. Was ist das für eine Droge? Wo und wie ist sie im Umlauf? Und was macht sie so gefährlich?
Eigentlich handelt es sich bei Oxycodon um ein Arzneimittel. „Es ist ein sehr wirksames Medikament gegen stärkste Schmerzen“, erklärt Peter Strate, Chefarzt für Suchtmedizin an der Asklepios-Klinik Nord Ochsenzoll. „Es ist etwa doppelt so wirksam wie Morphium.“
Aber wie wirkt Oxycodon? Manche Menschen würden sich nach der Einnahme euphorisiert fühlen, andere aber sprächen von zunehmenden Ängsten, so Strate. „Es kann die seelische Befindlichkeit beeinflussen“.
Oxycodon-Rausch in Hamburg: „Eine Pille kann tödlich sein“
Aufgrund der schnellen und starken Wirkung könne es leicht zu „lebensgefährlichen Überdosierungen“ kommen. Es mache viele schnell abhängig. Meistens werde Oxycodon von Menschen mit einer Opioid-Abhängigkeit anstelle von Heroin eingenommen, so Strate.

In den USA hat die unkontrollierte Verschreibung des Mittels (dort Oxycontin genannt) bereits Millionen Menschen süchtig gemacht und zu einer tödlichen „Opioid-Epidemie“ geführt. Laut Gesundheitsbehörde CDC starben in den vergangen zwei Jahrzehnten fast eine halbe Million Menschen.
Strate warnt davor, Oxycodon als Rauschmittel einzunehmen: „Es kann den Atemantrieb reduzieren und sogar zum Atemstillstand führen.“ Sein Kollege Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Suchtbereichs am UKE, ergänzt, dass die „Atemfrequenz durch Reduzierung der Sauerstoffsättigung im Blut verringert wird“. Mögliche Folgen: Bewusstlosigkeit, Koma, Atemstillstand. „Besonders gefährlich wird es, wenn Oxycodon zusätzlich mit Alkohol oder Cannabis konsumiert wird“, so Thomasius. Und: „Je nach Dosierung und Gewöhnung kann schon eine Tablette tödlich sein“, sagt Strate.
Oxycodon in Hamburg: Drei Tabletten für 60 Euro
Thomasius sieht in Deutschland seit drei Jahren eine zunehmende Tendenz zum Konsum synthetischer Drogen, darunter auch Oxycodon. „Von rund 1600 Patienten im Jahr sind etwa 15 Prozent Konsumenten eben jener Drogen.“
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Die Teenies würden häufig durch Mundpropaganda von den Tabletten erfahren. „Ich schließe aber nicht aus, dass auch die organisierte Kriminalität eine Rolle spielt.“

Auch der Hamburger Zoll erkennt einen Oxycodon-Trend: Immer öfter sollen die verschreibungspflichtigen Tabletten über die Grenzen von und nach Deutschland geschmuggelt werden, vor allem in Dänemark sei die Droge beliebt, so ein Ermittler zur MOPO. „Je weiter nördlicher, desto teurer werden die Drogen.“ Der Handel floriere. Drei Tabletten bekäme man auf dem Schwarzmarkt – ob online oder auf der Straße – für rund 60 Euro.
Im Mai hatte der Zoll eine große Lieferung im schleswig-holsteinischen Arenholz in der Gemeinde Lürschau abgefangen. 6000 Pillen sollten da nach Dänemark geschmuggelt werden. Ein Zoll-Sprecher: „Wir sehen die Entwicklung und konzentrieren uns auf die Verfolgung der Dealer.“
In den USA haben Schmerzmittel wie Oxycodon zu fast einer halben Million Todesfällen geführt
In den USA sind an der unter anderem von Präsident Joe Biden so bezeichneten „Opioid-Epidemie“ maßgeblich der Pharmakonzern Purdue und dessen Eigentümerfamilie Sackler beteiligt. Ihnen wird vorgeworfen, die Schmerzmittel unter Verschleierung der Suchtgefahren mit rücksichtslosen und aggressiven Methoden vermarktet zu haben. Dazu laufen bereits Tausende Klagen. 2020 bekannte sich Purdue wegen Verstößen gegen mehrere US-Bundesgesetze schuldig, darunter wegen Verschwörung zum Betrug. Der Konzern meldete Insolvenz an, Purdues Eigentümerfamilie Sackler muss über vier Milliarden Dollar zahlen.
Auch gegen andere Hersteller und Großhändler der Schmerzmittel laufen Verfahren, zudem stehen auch die Betreiber großer Apothekenketten rechtlich inzwischen stark unter Druck: So wurden Ende 2021 Walmart, CVS und Walgreens schuldig gesprochen, durch zu laxe Vergabe zur Opioid-Krise beigetragen zu haben.