• Harald Krüger (links), Vorstand DRK Harburg, und Bernd Herrenkind, Leiter der Feuerwehrakademie in Hamburg.
  • Foto: Blumenthal/Rüga/Sun

Riesen-Ärger bei DRK und Feuerwehr: Die dreiste Impf-Aktion in der Chef-Etage

Es brodelt. Und zwar gewaltig. Sowohl bei der Feuerwehr als auch beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Harburg. Es geht ums Impfen und darum, wer eigentlich das Recht auf eine frühzeitige Impfdosis hat. Dass Feuerwehrmänner und Rettungskräfte dazugehören, die Tag und Nacht an der Front stehen, gar nicht auf Abstand gehen können, wenn es ja darum geht, andere Menschen zu retten – das ist klar. Dagegen wird niemand was haben. Aber Führungskräfte, die nur im Büro sitzen? Und deren Frauen? Und ihre Kinder?

Fall Nummer eins: das Deutsche Rote Kreuz in Harburg. Hier sind es Mitarbeiter des DRK-Ambulanzdienstes, die auspacken. Sie berichten, es sei ihre Aufgabe, Bewohner von Pflegeheimen zu impfen. Mehrfach soll es vorgekommen sein, dass Heime zu viel Impfstoff bestellten und Ampullen übrig blieben. Da sich das Mittel nur relativ kurze Zeit hält, gab es nur zwei Möglichkeiten: es wegzuwerfen oder an andere zu verimpfen.

Mehrere DRK-Angestellte bestätigen der MOPO, dass sich die sogenannte „Teppichetage“ – also die Chefs – reichlich an den übrig gebliebenen Impfdosen bedient hätten – „statt sie beispielsweise zu anderen Rettungswachen zu bringen, wo Kollegen von uns arbeiten, die täglich Gefahr laufen, sich zu infizieren”, so einer der verärgerten Mitarbeiter zur MOPO.

Unter den Personen, die den Impfstoff erhielten, sollen unter anderem Vorstand Harald Krüger, Teile der Geschäftsführung sowie Projektleiter sein. Außerdem seien auch noch Ehefrauen von hochrangigen DRK-Mitarbeitern geimpft worden sowie in einem Fall ein Kind.

Die MOPO hat dem DRK Harburg am Donnerstag Fragen gestellt zu diesem Vorgang. Vor allem wollten wir wissen, ob die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen. Zurück kam eine Mail, in der es hieß, keine Fragen der MOPO würden beantwortet. Die MOPO gab dem DRK Harburg daraufhin eine zweite Chance, stellte eine Frist zur Beantwortung bis Freitag, 12 Uhr. Der Termin verstrich, ohne dass sich die Führungsetage des DRK Harburg zu den Vorwürfen geäußert hätte.

Hamburg: Auch Feuerwehr-Chefs sollen sogenannte Adhoc-Impfung bekommen haben

Fall zwei spielt bei der Hamburger Feuerwehr: Hier sollen ebenfalls mehrere Beamte in Chefposition eine sogenannte Adhoc-Impfung verabreicht bekommen haben – „Bild“ hatte zuerst berichtet. Die Impfdosen waren eigentlich für Pflegeheime gedacht, konnten aber nicht verimpft werden – und sollten nicht verfallen. Also erhielten andere eine Impfung – aber auch die richtigen?

Zu den seit Jahresanfang Geimpften gehören nach MOPO-Informationen der Leiter der Feuerwehrakademie, Bernd Herrenkind, und Michael Steinbock, Leiter der Zentralfunktion Einsatzdienst. Letzterer koordiniert in der Leitstelle alle Einsatzfahrzeuge der Stadt. Wie die MOPO erfuhr, ließen sich die fraglichen Personen während der Dienstzeit impfen und haben sich teilweise sogar mit ihrem Dienstfahrzeug zur Impfung fahren lassen. Dazu muss man wissen: Die Mitarbeiter im Einsatzdienst dürfen sich nur in ihrer Freizeit impfen lassen.

„Gerade Steinbock an seinem Schreibtisch hätte wissen sollen, dass die Impfdosen lieber an das Personal im Rettungsdienst hätten vergeben werden sollen”, so ein Feuerwehrmann zur MOPO, der unerkannt bleiben möchte. „Immerhin ist er für die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft zuständig, wenn mal wieder Rettungswagen zwecks Desinfektion außer Dienst gehen müssen.“

Hamburg: Feuerwehr-Chefs lassen sich impfen – Gewerkschaft empört

Viele in der Feuerwehr – vor allem solche, die im täglichen Einsatzdienst beschäftigt sind – reagieren stinksauer auf die seltsame Impf-Bevorzugung der Führungskräfte. Auch Daniel Dahlke, Landesvorsitzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft, ist entsetzt. Er findet: „Es verbietet der Anstand, die Impfungen anzunehmen, wenn man sich auf der Liste der Bevorzugten wiederfindet und eigentlich weiß, dass andere Beamte sie weitaus dringender benötigen würden.”

Hamburger Feuerwehr-Boss: Wollten keine Impfungen Kräften vorenthalten

Feuerwehr-Chef Christian Schwarz – sein Impfstatus ist unklar – hat sich in einem internen Schreiben an die Belegschaft zu erklären versucht: „Um den Impfstoff nicht vernichten zu müssen, wurden von der Leitstelle auch Personen zur Impfung entsandt, bei denen es aufgrund der Priorisierung derzeit noch nicht regelhaft vorgesehen war.“ Es sei nie Vorsatz gewesen, Impfungen Kräften vorzuenthalten.

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Das Statement trifft auf wenig Verständnis innerhalb der Hamburger Feuerwehr. Auch Dahlke findet, es gebe nichts, was Privilegierungen erklären würde. Seine Forderung: „Aus Fürsorgegründen gegenüber dem nicht geimpften Rettungsdienstpersonal muss die Amtsleitung die jetzt geimpften höheren Beamten in den Einsatzdienst versetzen, um dort im Rettungsdienst Aufgaben zu übernehmen.“

Hamburg: „Liste der Bevorzugten“ weg – dafür gibt es neue Impflisten

Immerhin: Die besagte „Liste der Bevorzugten” gibt es mittlerweile nicht mehr – dafür aber neue: „Inzwischen haben wir Listen mit priorisierten Mitarbeitern angefertigt. Dadurch werden Führungskräfte nicht mehr vorgezogen”, so Feuerwehr-Sprecher Martin Schneider. „Die Möglichkeit überhaupt Impfdosen an Feuerwehrmänner zu vergeben, erreichte die Feuerwehr am Tage eines Großfeuers und das nur mit kurzem Zeitfenster.” Die Feuerwehr habe sich entschieden, die Impfung „an die Beamten zu vergeben, die nicht unmittelbar beim Großeinsatz tätig waren. Hätten wir die Dosen nicht angenommen, wären sie weggeworfen worden.“

Die MOPO hat bei der Gesundheitsbehörde nachgefragt, wie grundsätzlich mit übrig gebliebenen Impfdosen zu verfahren ist. Die Antwort von Sprecherin Anja Segert: „Übriger Impfstoff wird entweder im Impfzentrum verbraucht oder es werden andere Impfberechtigte kurzfristig informiert, die schnell vor Ort sein können – beispielsweise Mitarbeitende im Rettungsdienst. Ziel ist es, soweit es irgendwie möglich ist, zu vermeiden, dass Impfdosen aus logistischen Gründen verfallen.“ 

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