Wütender Kunde nach Millionen-Diebstahl: „Die Haspa schuldet mir 110.000 Euro“
Ein Loch in der Decke, 600 aufgebrochene Schließfächer und ein Millionenschaden: In Hamburg ist am Mittwoch der Prozess mehrerer Kläger gegen die Haspa gestartet, nachdem es 2021 in Norderstedt zum spektakulären Einbruch kam. Die Sparkasse will den Kunden nur 40.000 Euro zahlen, obwohl in Schließfächern teils deutlich mehr gelegen haben soll. So wie bei Manfred Troyke: Der 67-Jährige fordert 110.000 Euro von der Haspa. „Ich dachte mein Geld wäre dort sicher!“ Zum Prozessauftakt gab es Hollywood-Vergleiche, ein „großes Geheimnis“ und klare Worte des Kläger-Anwalts.
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Ein Loch in der Decke, 600 aufgebrochene Schließfächer und ein Millionenschaden: In Hamburg ist am Mittwoch der Prozess mehrerer Kläger gegen die Haspa gestartet, nachdem es 2021 in Norderstedt zum spektakulären Einbruch kam. Die Sparkasse will den Kunden nur 40.000 Euro zahlen, obwohl in Schließfächern teils deutlich mehr gelegen haben soll. So wie bei Manfred Troyke: Der 67-Jährige fordert 110.000 Euro von der Haspa. Zum Prozessauftakt gab es Hollywood-Vergleiche, ein „großes Geheimnis“ und klare Worte des Kläger-Anwalts.
45 Zentimeter war es groß, das Loch. Mit einem Kernbohrer gingen die Täter vor, gelangten durch ein über der Bank gelegenes Apartment in den Tresorraum und brachen dort wohl mit einer Eisenstange rund 600 der insgesamt 1200 Schließfächer auf. „Die Täter hätten dort auch eine Party feiern können und niemand hätte es gemerkt“, sagt Rechtsanwalt Jürgen Hennemann am Mittwoch vor dem Landgericht.
Am ersten August-Wochenende 2021 leerten die Täter über zwei Tage die Fächer, zündeten dann in der Wohnung darüber Autoreifen an, um Beweise zu zerstören. Noch immer sind die Kriminellen auf der Flucht.
„Sie haben um den Super-Gau gebettelt“
Ähnlich wollten Täter nur wenige Monate vorher an der Holstenstraße in Altona vorgehen: Auch da wurde ein Kernbohrer benutzt, die Täter gingen stiften, weil eine Reinigungskraft wegen getauschter Schichten zufälligerweise dort war – „völliges Glück“, behauptet Hennemann.
Danach habe die Haspa ihre Sicherungsvorkehrungen nicht erneuert, auch den Fakt ignoriert, dass Sparkassen seit Jahren Ziel der Täter seien. Gängige Körperschall- und Vibrationssensoren hätten den Einbruch verhindert. Hennemann: „Sie haben um den Super-Gau gebettelt und ihn letztlich bekommen.“
Die Anwälte der Haspa versuchen, sich zu wehren. Sie sagen, ihre Tresorräume seien ausreichend gesichert, man könne nicht jeden Aufbruch verhindern. Sie argumentieren zudem mit Gesetzeslücken, sagen, dass die sogenannte tresormäßige Sicherung nicht weiter definiert sei. Man könne dazu mit so einer „Hollywood-Tat“ gar nicht rechnen. Hennemann kontert: Das sei kein Fall für Hollywood oder Tom Cruise in „Mission Impossible“. Die Sicherheitstechnik, die die Haspa benutze, sei schlicht fernab vom technischen Fortschritt und einfach nur „primitiv“.
Tatsächlich befand sich zum Zeitpunkt des Einbruchs nur ein Bewegungsmelder in dem Tresorraum, der vorher von den Tätern abgeklebt wurde. Aber wie haben sie das überhaupt geschafft? Immerhin musste dafür das Gehäuse des Melders entfernt werden. Und: Wieso schlug kein Sabotagealarm dabei aus? Die Haspa-Anwälte: „Das ist das große Geheimnis dieses Falles. Uns ist weiterhin unklar, wie das gelingen konnte.“
Brisant: Einen Monat vor der Tat soll es eine Alarmauslösung gegeben haben, ein Techniker behob den Alarm, las das Gerät aus und setzte die Meldung zurück. Die Haspa führte dazu nichts weiter aus. Das Gericht glaubt, dass es einen Zusammenhang mit der Tat gibt.
Richter: „Bei Verschulden gibt es keine Obergrenze“
Der Richter deutete dazu an, dass die Haspa im Falle einer nachgewiesenen Pflichtverletzung sich nicht auf die in ihren Schließfachbedingungen festgeschriebene Haftungsbeschränkung von 40.000 Euro beziehen kann: Verliert die Haspa vor Gericht, muss sie ihren Kunden die volle Summe auszahlen. „Bei Verschulden gibt es keine Obergrenze“, so der Richter.
Darauf hofft auch Manfred Troyke (67). Der Rentner ist eines der vielen Opfer. Troyke will sich nicht mit den 40.000 Euro der Haspa zufrieden geben. Er hatte eigenen Angaben nach 150.000 Euro in seinem Schließfach liegen, bekam von der Tat aus dem Urlaub mit. Er sei sehr wütend gewesen, sagt er im MOPO-Gespräch. Und er sehe die Haspa in der Pflicht. „Ich kann alles beweisen. Eigentlich dachte ich, mein Geld wäre sicher dort.“ Ein Haspa-Berater soll ihm noch von den sicheren Bankschließfächern vorgeschwärmt haben. Troyke hatte sein Geld eigentlich zu Hause bei sich aufbewahren wollen, nachdem ihm mit Strafzinsen gedroht worden war. „Hätte ich das mal bloß gemacht“, sagt er.
Kläger-Anwalt Hennemann kritisiert außerdem die fehlenden Videokameras im Bereich der Tresorräume. Die Haspa bezieht dies auf Diskretion. Hennemann: „Quatsch, denn es gibt auch Kameras bei den Schaltern und an der Kasse. Da stören sie ja auch nicht. Der Unterschied ist, dass das ihr Geld ist, im Tresorraum aber das ihrer Kunden.“ Wenn die Haspa aus finanziellen Gesichtspunkten nicht bessere Sicherungsmaßnahmen anbieten könne, dann sollten die Kunden darauf hingewiesen werden, dass es sich um „Discount-Schließfächer“ handelt. „Das wäre wenigstens fair.“
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Mittlerweile habe die Haspa ihren Angaben nach ihr Sicherheitskonzept überarbeitet und angepasst. Weiter zu dem Fall äußerten sich die Anwälte nicht, baten um Bearbeitungszeit, bevor man eine finale Erklärung abgeben will. Ein Urteil wird im Juni erwartet.