• Am Freitag haben rund 200 Demonstranten auf dem Steindamm protestiert.
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Protest oder Juden-Hass?: Demo in Hamburg erhitzt Gemüter – Verfassungsschutz warnt

St. Georg –

Eine Demonstration am vergangenen Freitag am Steindamm sorgt weiterhin für Empörung in Hamburg. Es geht um die Frage: War das wirklich noch zulässiger Protest oder nicht längst Antisemitismus – ​​​​​​​ein Aufruf zum Juden-Hass?

Laut Polizei demonstrierten rund 200 Menschen friedlich und ohne Vorkommnisse. Strafanzeigen habe es keine gegeben. Angemeldet war ein pro-palästinischer Protest. Letztlich wurden auch Särge aufgestellt und Israel in Parolen als „Kindermörder“ betitelt.

Demo in Hamburg erhitzt Gemüter – Verfassungsschutz warnt

Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß

Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß im Juli 2020.

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dpa

„Aufmarsch des Hasses“ nannte CDU-Politiker Ali Ertan Toprak die Demo auf Twitter. Zusammen mit CDU-Chef Ploß erklärte er: „Wir sind fassungslos und entsetzt über diesen islamistischen und zutiefst antisemitischen sowie antiisraelischen Aufmarsch auf Hamburgs Straßen. Darauf muss es eine klare Antwort geben: Für Islamisten, Verfassungsfeinde und Antisemiten gibt es in Hamburg keinen Platz.“

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„Wir halten die Aktion für strafrechtlich relevant“, sagt Philipp Stricharz, erster Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Hamburg zur MOPO. „Wir werden in den nächsten Tagen mit den Behörden gemeinsam aufarbeiten müssen, wie es zu diesen öffentlichen Drohgebärden kommen konnte.“

Jüdische Gemeinde in Hamburg: Randgruppe will Keil in Gesellschaft treiben 

Leiter Hamburger Verfassungsschutzamtes

Thomas Voß ist Leiter Hamburger Verfassungsschutzamtes.

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dpa/dpa-Zentralbild

Wie die MOPO erfuhr, soll hinter der Demo die Hizb ut-Tahrir-Gruppierung stehen. Sie war 2003 wegen verbreiteter antijüdischer Hetzpropaganda verboten worden. Laut dem  Verfassungsschutz soll die Hizb ut-Tahrir-Gruppierung samt ihrer Anhänger gesellschaftlich breit debattierte und relevante Themen für ihre Zwecke nutzen. „So ist auch die jüngste Demo einzuschätzen: Das emotionsgeladene Thema ,Palästina‘ wird für die eigenen ideologischen Zwecke instrumentalisiert“, so ein Sprecher. Mittlerweile können der „HuT“ in Hamburg etwa 300 Anhänger unterschiedlichster Herkunftsländer zugerechnet werden – Tendenz steigend.

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Stricharz zufolge wird das die Hamburger aber nicht entzweien: „Wir haben in den letzten Tagen sehr viel aktiven Zuspruch und Solidarität aus der Hamburger muslimischen Community erfahren“, sagt er zur MOPO. „Wir halten den Auftritt am Freitag für den Versuch einer Randgruppe, einen Keil in die Hamburger Gesellschaft zu treiben. Das werden wir nicht zulassen und sind sicher, dass es die überwältigende Mehrheit der Hamburger Muslime genauso sieht.“

Hamburger Jude: „Das ist ein Angriff auf unsere Werte und Demokratie“

Daniel Sheffer

Daniel Sheffer

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Patrick Sun

Daniel Sheffer, Gründer der Initiative zum Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge, wünscht sich mehr Rückhalt von Polizei und Politik: „Wo war die Polizei? Und wo ist der Innensenator in diesen Stunden?“, sagt er zur MOPO.

„Eine solche Versammlung ist unerträglich. Ich teile die Abscheu, die viele angesichts der Bilder empfinden“, so Innensenator Andy Grote (SPD) zur MOPO. „Doch Unerträglichkeit ist nach dem Grundgesetz kein Untersagungsgrund für eine Versammlung.“ Der Kampf gegen Islamismus, wie er von der Hizb ut-Tahrir verbreitet wird, solle jedoch konsequent fortgesetzt werden. „Wir behalten die Akteure im Fokus und werden bei der Bekämpfung des Antisemitismus niemals nachlassen!“

Doch in Sheffers Augen geht es um noch mehr als Juden-Hass. „Das ist nicht mehr Antisemitismus, das ist ein Angriff auf unsere Werte und Demokratie.“ (mp/ncd)

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