Ex-Zivilfahnder erzählt: Pinzners Revolver steckte im Slip seiner Frau
Die Waffe, mit der Werner Pinzner fünf Menschen erschoss, funkelt in einer Glasvitrine. Auf Hochglanz poliert: die Säge, mit der Frauenmörder Fritz Honka seine Opfer zerstückelte. Original-Tatwerkzeuge, Dokumente aus den Ermittlungsakten, Notizen der Ermittler. Alles ausgestellt im Hamburger Polizeimuseum an der Carl-Cohn-Straße. Ab Juni werden dort exklusive True-Crime-Führungen angeboten – so spannend wie die Kriminalfälle selbst. Davon konnte sich die MOPO vorab überzeugen.
Früher Nachmittag im Dachgeschoss des Museums. Schummriges Licht, dunkle Wände und Holzbalken, die das Dach stützen. Thomas Hebe (66), ein hagerer Mann mit eindringlichem, aber freundlichem Blick, war in den 80er- und 90er-Jahren Zivilfahnder auf St. Pauli. Heute ist er einer von 60 Ehrenamtlichen, die die True-Crime-Führungen leiten – und davon berichten, wie sie und ihre Kollegen damals berüchtigte Verbrecher überführten.
Pinzner, Honka: Führung über Hamburgs spektakulärste Fälle
- Deutsch (Deutschland)
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Die Waffe, mit der Werner Pinzner fünf Menschen erschoss, funkelt in einer Glasvitrine. Auf Hochglanz poliert: die Säge, mit der Frauenmörder Fritz Honka seine Opfer zerstückelte. Original-Tatwerkzeuge, Dokumente aus den Ermittlungsakten, Notizen der Ermittler. Alles ausgestellt im Hamburger Polizeimuseum an der Carl-Cohn-Straße. Ab Juni werden dort exklusive True-Crime-Führungen angeboten – so spannend wie die Kriminalfälle selbst. Davon konnte sich die MOPO vorab überzeugen.
Früher Nachmittag im Dachgeschoss des Museums. Schummriges Licht, dunkle Wände und Holzbalken, die das Dach stützen. Thomas Hebe (66), ein hagerer Mann mit eindringlichem, aber freundlichem Blick, war in den 80er- und 90er-Jahren Zivilfahnder auf St. Pauli. Heute ist er einer von 60 Ehrenamtlichen, die die True-Crime-Führungen leiten – und davon berichten, wie sie und ihre Kollegen damals berüchtigte Verbrecher überführten.
Pinzner, Honka: Führung über Hamburgs spektakulärste Fälle
„Der Kiez – mein Revier“, sagt Hebe und erzählt, er habe eine „ganz gravierende Zeit“ miterlebt und dabei sehr viele Strippenzieher des Milieus kennengelernt, darunter Ringo Klemm, Peter Nusser alias „Wiener Peter“, Thomas „Karate-Tommy“ Born und Co. „Wenn man lange dabei war, immer ehrlich geblieben ist und andere fair behandelt hat, wurde man von allen im Milieu respektiert.“ Ganz wichtig sei Erfahrung gewesen, so Hebe. „Das ist die zweite Dienstwaffe eines Ermittlers auf St. Pauli.“
Hebe erzählt, es sei immer eine Gratwanderung gewesen. Er habe einerseits das Milieu akzeptieren, es aber andererseits nach Dienstende immer wieder abstreifen müssen. Er habe nie auch nur ein Glas Wasser angenommen, obwohl er etliche Male bei den Gangstern zur Stippvisite war. Ziemlich genau 25.000 Mal sei er in Bordellen rund um St. Pauli gewesen, so Hebe. Die Zahl weiß er deshalb so genau, weil jeder einzelne Besuch dokumentiert wurde. „Es war wie ein erweitertes Wohnzimmer“, sagt er.
Bordelle, Nachtclubs, die Reeperbahn – das war die Welt der schillernden Verbrecher, zu denen auch der berüchtigte „St.-Pauli-Killer“ Werner Pinzner gehörte. Fünf Menschen erschoss „Mucki“, wie er im Milieu genannt wurde – alles Auftragsmorde. Pro Kopf bekam er dafür 30.000 Mark. Hebe kann sich gut an Pinzner erinnern: „Man sagt, er sei hochverschuldet gewesen. Und eiskalt.“ Pinzner sagte später in Vernehmungen, er habe kein Problem damit gehabt, seine Opfer zu ermorden, schließlich seien sie alle Zuhälter gewesen.
Zum Beispiel Waldemar D., Bordellbesitzer aus Schnelsen. Er starb im April 1985. Am fraglichen Tag besuchte D. seine Mutter, wollte mit ihr Kaffee trinken. Im Schlepptau hatte er seinen Hauswirtschafter Ralf K. Als die Mutter zum Bäcker ging, um Kuchen zu holen, klingelte Pinzner an der Wohnungstür, erschoss Waldemar D. und, weil er keine Zeugen leben ließ, Ralf K. gleich mit. Bezahlt wurde Pinzner von seinem Auftraggeber deshalb übrigens tatsächlich doppelt.
Pinzner-Selbstmord: So trickste die Anwältin Beamte aus
Unvergessen für Hebe auch das Ende Pinzners: Am 29. Juli 1986, einem Dienstag, saß der Killer mit dem Staatsanwalt, seiner Frau Jutta, seiner Anwältin und einer Schriftführerin in Zimmer 418 des damaligen Polizeipräsidiums am Berliner Tor. Es sollte eine Vernehmung werden. Aber weil Pinzners Frau versteckt in ihrem Slip einen Revolver mit ins Präsidium brachte, kam alles ganz anders.
Wie sie es geschafft hat, die Waffe reinzuschmuggeln? Offenbar nur mit Hilfe der Anwältin. Die drängte beim Betreten des Polizeipräsidium die Beamten an der Pforte zur Eile: Sie sei zu spät, der Staatsanwalt warte schon. Auf Nachfrage der Wachmännern bestätigte der Staatsanwalt, dass er die Anwältin kenne, mit ihr studiert habe und sich für sie verbürge. Und so wurden die Anwältin und Jutta Pinzner reingelassen, ohne kontrolliert worden zu sein.
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Im Vernehmungsbüro reichte Jutta Pinzner ihrem Mann die Waffe, der daraufhin den Staatsanwalt erschoss. Pinzner übergab seiner Anwältin eine Uhr, die für seine Tochter bestimmt war, mit der er auch noch kurz telefonierte. Anschließend tötete Pinzner seine Ehefrau und sich selbst. Die Anwältin sei später verurteilt worden, erzählt Hebe, aber Berufsverbot habe sie nicht bekommen.
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Pinzners Mord am Staatsanwalt – nur einer von zahlreichen spektakulären Hamburger Kriminalfällen, über die ehemalige Ermittler ab Juni immer dienstags und donnerstags bei den True-Crime-Führungen berichten werden. Jeweils um 15 Uhr geht es los. Die Führung dauert 45 Minuten. Für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sind sie übrigens nicht geeignet.
Preis: 2 Euro zuzüglich zum regulären Eintrittspreis. Buchungen per Mail an polizeimuseum@polizei.hamburg.de oder telefonisch über das Museum unter 040 4286 68080.