Personalmangel, Chef-Zoff, Abwanderung: Bei Hamburgs Feuerwehr brennt’s lichterloh
Der Rettungsdienst der Feuerwehr steht kurz vor dem Kollaps: Löschzüge können nur mit großer Mühe besetzt werden und die Einsatzzentrale pfeift personell aus dem letzten Loch. Jetzt soll auch noch der Chef der Retter in seiner Handlungsfähigkeit beschnitten worden sein. Bei Hamburgs Feuerwehr brennt's lichterloh!
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Der Rettungsdienst der Feuerwehr steht kurz vor dem Kollaps: Löschzüge können nur mit großer Mühe besetzt werden und die Einsatzzentrale pfeift personell aus dem letzten Loch. Jetzt soll auch noch der Chef der Retter in seiner Handlungsfähigkeit beschnitten worden sein. Bei Hamburgs Feuerwehr brennt’s lichterloh!
Als Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) den neuen Feuerwehrchef Dr. Christan Schwarz im November 2018 der Öffentlichkeit vorstellte, lächelten beide um die Wette. Die Vorschusslorbeeren waren groß. Schwarz galt als Visionär, der die Feuerwehr für die Zukunft gut aufstellen würde. Nun, vier Jahre später, machen Trennungsgerüchte die Runde.
Denn das Erbe, das Schwarz’ Vorgänger Klaus Maurer hinterließ, war gespickt mit Problemen. Große Pensionierungswellen standen an, es gab nicht genug Nachwuchs und der Neubau von strategisch wichtigen Wachen geriet ins Stocken. All das habe Schwarz gewusst und wollte es anpacken, heißt es intern. Knapp vier Jahre später steht die Feuerwehr aber katastrophaler denn je da.
Stadtteile in Hamburg zeitweilig ohne Rettungswagen
Doch nicht nur wegen des Personalmangels geriet die Feuerwehr in Schieflage. Die Corona-Pandemie verlangt den Rettern nochmals alles ab. Insbesondere das hohe Aufkommen an Rettungswagen-Einsätzen. So wurden Personal verschoben und Löschfahrzeuge außer Dienst genommen, um zusätzliche RTWs besetzen zu können – aber dennoch kommt es vor, dass ganze Stadtteile zeitweise ohne geeignetes Rettungsmittel da stehen.
Doch gerade in dieser prekären Situation sollen sich Innensenator Grote und Feuerwehrchef Schwarz zoffen und auf Distanz gegangen sein. „Das Verhältnis der beiden ist sichtlich abgekühlt und es gibt zwei Meinungen“, sagt ein Gewerkschafter zur MOPO. Aus Kreisen der Retter wird Schwarz vorgeworfen, er habe keinen kommunikativen Zugang zum Innensenator finden können, um die Personalsituation zu verbessern. Aus dem politischen Lager wird kolportiert, Grote sei genervt von Schwarz‘ utopischen Forderungen.

Das neueste Gerücht: Schwarz habe sich mit Hamburg nicht anfreunden können und würde gerne wieder in seine alte Heimat Bayern zurückkehren, was dem Innensenator nicht unrecht sei.
Polizeikommissarin in Feuerwehr-Task-Force zur Bewertung eingesetzt
In Wirklichkeit fußen die Abwanderungsgedanken vom Hamburger-Feuerwehrchef auf der Tatsache, dass Schwarz von der Innenbehörde in seiner Handlungsfähigkeit beschnitten wurde. Im Rahmen der 2020 gegründeten „Task Force“, die die Neuausrichtung der Feuerwehr bearbeiten wollte, soll dem Feuerwehrchef eine Polizeikommissarin vor die Nase gesetzt worden sein. Deren Aufgabe sei es, Schwarz‘ Arbeit zu überprüfen und zu bewerten. „Damit ist er nicht alleine handlungsfähig“, nimmt ein ein hochrangiger Feuerwehrbeamter an. Aus diesem Grund konnte zum Beispiel auch nach gut einem Jahr die Leitung der Feuerwehrschule immer noch nicht neu besetzt werden.
Die Innenbehörde sieht das anders. „Angesichts der aktuell wichtigen Aufgaben im Bereich der Infrastrukturentwicklung, des Personalaufbaus sowie beispielsweise bei der Stärkung des Rettungsdienstes bedarf es einer noch engeren Zusammenarbeit zwischen der ministeriell zuständigen Abteilung innerhalb der Behörde und der Feuerwehr“, antwortet ein Behördensprecher auf MOPO-Nachfrage.
Und weiter: „Die Frau ist Abteilungsleiterin für Öffentliche Sicherheit im Amt A der Behörde für Inneres und Sport und in diesem Fall die natürliche und fachlich zuständige Kollegin, um dieses Vorhaben anzugehen. Ziel ist eine noch engere Verknüpfung, um Abstimmungswege bei zentralen Fragen zu verkürzen, eine schnelle Reaktionsfähigkeit zu gewährleisten und so die Zukunftsfähigkeit der Feuerwehr insgesamt zu stärken.“
Hamburger Retter bewerben sich in Norderstedt
Dabei könnte die Personalnot nach MOPO-Informationen noch dramatischere Formen annehmen. Erst kürzlich wurde in Norderstedt (Kreis Segeberg) eine zukunftsweisende Entscheidung getroffen: Wegen des Wachstums der Hamburger Vorstadt wird dort eine Berufsfeuerwehr gegründet. Dafür sollen 90 hauptamtliche Retter eingestellt werden.
Zahlreiche Bewerbungen von Hamburger Berufsfeuerwehrleuten sollen bereits vorliegen.