Sex-Sprüche und Übergriffe beim Einsatz: Polizistin schildert besonders krassen Fall
Als vor rund 35 Jahren die ersten Frauen bei der Polizei und bei der Feuerwehr den Einsatzdienst aufnahmen, war der Aufschrei bei vielen männlichen Kollegen groß. Dumme Sprüche waren da keine Seltenheit. Das hat sich im Laufe der Jahre glücklicherweise gebessert. Doch selbst heute noch werden Frauen an Einsatzorten häufig mit beleidigenden und obszönen Kommentaren empfangen. Einen besonders krassen Fall schildert eine Polizeiobermeisterin der MOPO.
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Als vor rund 35 Jahren die ersten Frauen bei der Polizei und bei der Feuerwehr den Einsatzdienst aufnahmen, war der Aufschrei bei vielen männlichen Kollegen groß. Dumme Sprüche waren da keine Seltenheit. Das hat sich im Laufe der Jahre glücklicherweise gebessert. Doch selbst heute noch werden Frauen an Einsatzorten häufig mit beleidigenden und obszönen Kommentaren empfangen. Einen besonders krassen Fall schildert eine Polizeiobermeisterin der MOPO.
In den 80er Jahren durften Frauen im Polizeidienst allenfalls Knöllchen verteilen. Streifengänge mit männlichen Kollegen waren verboten, Streifenwagen fahren oder eine Waffe tragen erst recht tabu. Ähnlich war es bei der Feuerwehr. Einer Feuerwehrfrau traute man nichts zu. Schon gar nicht, schwere Ausrüstung schleppen und erst recht nicht, den gewaltigen Kräften an einem Löschrohr standzuhalten.
1982 herrschten noch große Vorurteile gegen Frauen im Einsatzdienst
„Frauen dürfen bei der Polizei nur eingestellt werden, wenn sie 1,80 Meter groß, 80 Kilogramm schwer und sterilisiert sind.“ Zu dieser Forderung verstieg sich noch 1982 ein Hamburger Obermedizinaldirektor vor Beamten des höheren Dienstes. Doch das ist lange Vergangenheit. Inzwischen gehört es zum gewohnten Bild, wenn eine Polizistin Einbrecher schnappt oder schwere Jungs in Handschellen legt. Auch bei der Feuerwehr ist es heute selbstverständlich, wenn eine Frau den Rettungstrupp leitet.
Die Anerkennung ihrer Kollegen haben sich die Frauen im Laufe der Jahre hart erarbeitet. Inzwischen sind sie akzeptiert und eine große Stütze. An Einsatzstellen herrscht jedoch oft noch eine andere Meinung. „Mein Knüppel ist besser als dein Schlagstock“ oder „Bl… mir einen, bevor du mich verhaftest“, sind die Art von geschmacklosen Sprüchen, die sich Beamtinnen häufig von Männern anhören müssen. Andere dumme Sprüche dienen meistens dazu, die Qualifikation der Beamtin in Frage zu stellen.
Sprücheklopfer kommen aus allen Gesellschaftsschichten
Auch Feuerwehrfrauen sind da nicht ausgenommen. „Markige, manchmal auch sexistische Sprüche muss ich mir fast täglich anhören. Aber das prallt an mir ab“, sagt eine Notfallsanitäterin zur MOPO. Sie sieht es mit Humor, wenn Männer mit einer Schnittwunde am Finger zu sterben glauben und dann, wenn ein Pflaster draufgeklebt ist, Sprüche klopfen.
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Die Großmäuligen kommen aus allen Bevölkerungsschichten. Eine Polizistin dazu: „In besseren Stadtteilen sind es meistens Sprüche, die meine Qualifikation in Frage stellen. Zum Beispiel in Billstedt gehen die Sprüche dagegen häufig unter die Gürtellinie“.
Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), bestätigt auf MOPO-Nachfrage, dass es immer mal wieder zu Beleidigungen gegenüber Beamtinnen kommt. „Häufig spielen dabei aber der Alkoholisierungsgrad oder berauschende Mittel eine Rolle bei dem Täter“.
Polizistin erlebt besonders krassen Fall
Ein besonders krasser Fall wird den MOPO-Reportern von einer Polizeiobermeisterin geschildert. Sie war zusammen mit einem Kollegen zu einem Haus gerufen worden, aus dem laute Schreie einer Frau zu hören waren. Vor Ort konnte die Lage zunächst aufgeklärt werden. „Es hatte sich um Lustschreie gehandelt.“ Rund eine Stunde später kam es erneut zu einem Einsatz an derselben Stelle. Es war ein nackter Mann auf der Straße gemeldet worden.
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„Tatsächlich fanden wir einen entblößten Mann vor. Anders als im Verlauf des ersten Einsatzes, zeigte sich der Mann diesmal aber sehr übergriffig“. Der Mann soll die Beamtin als blonde Hure betitelt haben. Zudem habe der Mann versucht, sie zu betatschen. Neben dem Stellen einer Strafanzeige verklagte die Beamtin den Mann auch zivilrechtlich.
Neben Strafanzeige auch zivilrechtliche Klagen möglich
Ein probates Mittel, findet Jungfer: „Auf diesem Wege können auch Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden, deren Forderungshöhe so manchen zur Vernunft bringt“. Ein besonderes Hilfsangebot für betroffene Polizistinnen gibt es laut dem Gewerkschaftsprecher nicht. „Die Polizistinnen können mit solchen und ähnlichen Situationen gut umgehen. Ihnen steht bei Bedarf aber jederzeit ein Psychologe zur Verfügung. Auch bei der Polizei Hamburg werden Kolleginnen oftmals von alkoholisierten Menschen aus allen sozialen Schichten beleidigt oder sogar sexuell belästigt. Es ist widerlich, wie sich manche dann aufführen. Keiner, egal wer, muss sich beleidigen lassen und hat das Recht, dagegen vorzugehen. Ein dickes Fell hilft da zwar schon, Resignation allerdings nicht“, sagt Thomas Jungfer zur MOPO.