„Nicht absehbare Folgen“: Streit um Hamburger Rettungsdienst geht in neue Runde
Dieses Szenario kann den Super-Gau für den Rettungsdienst bedeuten: Die Ankündigung der Innenbehörde, den Rettungsdienst der Firma Falck nicht mehr bei Notfällen einzusetzen, schlug hohe Wellen. Nun berichtet das Unternehmen von einer fragwürdigen Entscheidung der Stadt. Werden künftig Rettungswagen fehlen? Nein, sagt die Innenbehörde. Sie wehrt sich gegen die Vorwürfe und ist sogar vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Doch Insider befürchten eine weitere Schwächung des Hamburger Rettungswesens.
Dieses Szenario kann den Super-Gau für den Rettungsdienst bedeuten: Die Ankündigung der Innenbehörde, den Rettungsdienst der Firma Falck nicht mehr bei Notfällen einzusetzen, schlug hohe Wellen. Nun berichtet das Unternehmen von einer fragwürdigen Entscheidung der Stadt. Werden künftig Rettungswagen fehlen? Nein, sagt die Innenbehörde. Sie wehrt sich gegen die Vorwürfe und ist sogar vor den Europäischen Gerichtshof gezogen. Doch Insider befürchten eine weitere Schwächung des Hamburger Rettungswesens.
Während der Corona-Pandemie stand der Hamburger Rettungsdienst massiv unter Druck. Eine wichtige Konstante: die Fahrzeuge von Falck, heißt es aus Retterkreisen. Denn während die Hilfsorganisationen häufig Ausfälle von Rettungswagen (RTW) melden mussten, seien die neun Falck-Fahrzeuge die meiste Zeit einsatzbereit geblieben.

Dass jetzt der Vertrag mit Falck nicht verlängert wird, stößt bei vielen Rettern auf Unverständnis. Die Firma dürfe sich laut Innenbehörde künftig nicht mehr an der Ausschreibung beteiligen, mit der neue RTW akquiriert werden sollen. Andy Grote (SPD) versprach indes, dass bald sogar mehr Rettungswagen als bisher auf den Straßen unterwegs sein werden. Doch wie kann das sein, wenn mit Falck nicht mehr zusammengearbeitet werden soll?
Falck soll sich nicht mehr an Ausschreibungen beteiligen
Die Firma fährt nach eigenen Angaben mehr als 150.000 Transporte im Bereich Rettungsdienst und Krankentransport im Jahr, ist mit 500 Mitarbeitern nach der Feuerwehr personell am stärksten aufgestellt. Die Zahlen zeigen, dass die Ausfallquote – also die Zahl der abgelehnten Transporte und Dienste – bei unter einem Prozent liegt. Die Innenbehörde spricht dagegen von einer deutlichen höheren Zahl.
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Klaus Runggaldier, Chef von Falck, warnt in Anbetracht des Ausschlusses vor „nicht absehbaren Folgen“. Es drohe das Szenario, dass noch mehr RTW als bisher wegfallen und die firmeneigene Akademie, an der selbst die Feuerwehr Notfallsanitäter ausbilden lässt, geschlossen werden muss. Denn dann müsste auch Falck Personal einsparen, was sich auf die Besetzung der Krankenbeförderungsfahrzeuge auswirken würde – es würden deutlich weniger werden.

Das gefällt auch der Feuerwehrgewerkschaft DFeuG nicht. Sie befürchtet ein nicht zu kompensierendes Vakuum im Krankentransport, das am Ende wohl die Retter der Feuerwehr ausbaden müssten, denn die haben den Sicherstellungsauftrag. Heißt: Fallen Falcks Krankenbeförderungsfahrzeuge weg, müssen hochqualifizierte Feuerwehrretter bei der Abarbeitung von Krankentransporten aushelfen und zum Beispiel Tagespatienten zur Dialyse fahren, anstatt Brände zu löschen.
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Falck auszuschließen hätte weitere Folgen, so Runggaldier: Die dann fehlenden neun Rettungswagen würden nicht von den Hilfsorganisationen besetzt werden können. Aus Feuerwehrkreisen hört man ähnliches. Und das alles, obwohl Falck in der Lage wäre, nicht nur weiter eben jene neun Wagen zur Verfügung zu stellen, sondern „drei oder vier mehr“, sagt Runggaldier.
Falck ist bereits im Katastrophenschutz tätig
Das Problem: Die Stadt beauftragt künftig nur noch private Rettungsdienste, die gemeinnützig sind und denen die Innenbehörde eine „Zustimmung zur Mitwirkung im Katatrophenschutz“ ausstellt. Ersteres trifft auf Falck zu. „Aber uns wird trotz mehrerer Anträge und nachgewiesener Leistungsfähigkeit eine Anerkennung verweigert“, behauptet Runggaldier. Falck sei bereits deutschlandweit im Katatrophenschutz tätig, besitze Personal- und Ausrüstungskraft.
Und warum lehnt die Innenbehörde Falck dennoch ab? Weil es aus haushälterischer Sicht im Rahmen bestehender Haushaltsmittel abgelehnt werden müsse, heißt es im jüngsten Ablehnungsschreiben.

Die Innenbehörde bestätigt gegenüber der MOPO den Falck-Ausschluss. Die Möglichkeit, private Unternehmen am öffentlichen Rettungsdienst zu beteiligen, habe der Gesetzesgeber gestrichen, sagt ein Sprecher. Die Hilfsorganisationen seien bereits mit mehreren RTW „entscheidender Partner“ in der Notfallversorgung und hätten angekündigt, auch weitere Leistungen im Rettungsdienst übernehmen zu können und zu wollen.
Die Stadt Hamburg zog für das Recht, Falck von der Ausschreibung auszuschließen, sogar vor den Europäischen Gerichtshof – und bekam Recht.
Innenbehörde: Wir befinden uns im Rechtsstreit
Über die Ablehnung von Falck zum Katastrophenschutz seien mehrere Gerichtsverfahren anhängig, deren Ausgang noch unklar ist. Man befinde sich im Rechtsstreit. Daher führe man zurzeit keine Gespräche mit Falck.
Dass die Akademie des Unternehmens aufgrund der Ausschluss-Entscheidung geschlossen werden muss, sehe die Innenbehörde indes nicht. Falck sei größter Anbieter von Krankentransporten in Hamburg, der Bedarf steige weiter kontinuierlich und entsprechend sei auch in Zukunft die Ausbildung von Rettungssanitätern erforderlich. Die Behörde wirft dem Unternehmen allerdings vor, seiner Aufgabe im Bereich des Krankentransports nicht ausreichend nachzukommen.
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Ein Ende des Streits scheint vorerst nicht in Sicht. Falck hat derweil angekündigt, das Gespräch mit Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zu suchen.