Kriminalitäts-Hotspot Harburg: „Gassen, die man besser meiden sollte“
Harburg: für die einen Kriminalitäts-Hotspot, für die anderen gemütliches und multi-kulturelles Zuhause. Sami Musa ist FDP-Politiker und für Harburg in der Bürgerschaft. Er ist in Sorge, weil in dem Bezirk die Gewalt stark und wahrnehmbar zunimmt, wie er sagt. Das belegen auch Zahlen, die der MOPO vorliegen. Bürger berichten dem Politiker von Orten, die man besser meidet, von Diebstählen und Überfällen. Besonders ein Viertel und eine bestimmte Klientel sticht dabei heraus.
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Harburg: für die einen Kriminalitäts-Hotspot, für die anderen gemütliches und multi-kulturelles Zuhause. Sami Musa ist FDP-Politiker und für Harburg in der Bürgerschaft. Er ist in Sorge, weil in dem Bezirk die Gewalt stark und wahrnehmbar zunimmt, wie er sagt. Das belegen auch Zahlen, die der MOPO vorliegen. Bürger berichten dem Politiker von Orten, die man besser meidet, von Diebstählen und Überfällen. Besonders ein Viertel und eine bestimmte Klientel sticht dabei heraus.
Ein Ort zwischen Elbe und Wald, mit einem in die Jahre gekommenen Stadtkern. Ein berüchtigtes Viertel, Angriffe auf Einsatzkräfte zu Halloween und Silvester. Drogen, Gewalt und Konflikte, die oft mit Messern, manchmal sogar mit Pistolen gelöst werden. Das ist die Seite Harburgs, die viele kennen.
„Gassen, die man besser meiden sollte“
In Gesprächen bei Informationsveranstaltungen bekäme Sami Musa ein ähnliches Bild gezeichnet. Die Menschen erzählten ihm von ihren Sorgen. Sie berichteten ihm immer wieder von Auseinandersetzungen, Diebstählen und Gassen, „die man besser meiden sollte“. Er selbst habe das Gefühl, dass sich die Situation in Harburg nicht bessert. „Es ist offensichtlich, dass die bisherigen Sicherheitskonzepte in Harburg nicht funktionieren.“
Die Zahlen, die Musa beim Senat anfragte, stützen nun die These, dass es mehr Verbrechen in Harburg gibt: Wurden im Jahr 2021 insgesamt 14.495 Straftaten registriert, waren es im Jahr darauf 17.220. Bis September 2023 – eine Auswertung des letzten Jahresdrittels liegt noch nicht vor – waren es 13.774. Musa: „Wenn man hochrechnet, wird es eine Steigerung von rund 25 Prozent geben.“ Vergleiche man die Zahlen bis September der Jahre 2022 und 2023 würde man dort bereits eine Steigerung der Taten um knapp sieben Prozent sehen.
Die Zahl der Gewaltstraftaten steigt
Vor allem in den Stadtteilen Harburg, Heimfeld und Hausbruch ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Im Bereich der Gewaltkriminalität gab es zudem einen Zuwachs um 102 auf 641 Fälle fürs Jahr 2022 – ein Plus von 19 Prozent. Insbesondere Raub- und Körperverletzungsdelikte nahmen zu. Im ersten Dreivierteljahr 2023 sind im Bezirk Harburg 568 Fälle von Gewaltkriminalität registriert worden; ein Anstieg um knapp 14 Prozent.
Diese Entwicklung mache Musa große Sorgen. „Besonders bedrückend ist das, weil die Sicherheitslage in Hamburg insgesamt stabil ist.“ Exemplarisch für das, was in Harburg schief läuft, nennt er die Halloween-Ausschreitungen, bei denen viele junge Männer offenbar gezielt die Konfrontation gesucht hätten, vorrangig mit Einsatzkräften.
Dass Silvester weitgehend friedlich verlief, habe damit zu tun, „dass der Senat endlich aus seinen Fehlern gelernt hat“, sagt Musa. „Bei Großereignissen mit einer außergewöhnlichen Gefahrenlage ist es unbedingt notwendig, ein starkes Polizeiaufgebot vor Ort zu haben. Daran wird auch in Zukunft kein Weg vorbeiführen.“
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Besonders im Harburger Zentrum rund um das Phoenix-Center sei die Kriminalität angestiegen, dort sei laut Musa ein „Hotspot“ entstanden. Hier gerieten immer wieder junge Männer mit Migrationshintergrund mit dem Gesetz in Konflikt. „Neben einer starken Polizeipräsenz muss deshalb verstärkt auf Sozialarbeit, gemeinsam mit den migrantischen Communitys, gesetzt werden, um das Problem in den Griff zu kriegen“, findet Musa.
Die MOPO sprach erst kürzlich mit Celina Bosco (29). Sie ist Straßensozialarbeiterin in Harburg und spricht täglich mit jungen Menschen. Einige sind auch der Polizei bekannt. Bosco sprach von wachsenden Sorgen der Jugendlichen und von einem Corona-Effekt; viele junge Menschen wollten ausbrechen, hätten Zukunftsangst. Das bedrücke sie.
Mehr Polizei und mehr Sozialprojekte
Auch der Senat erklärt den Anstieg der Straftaten, vor allem in den Jahren 2021 und 2022, mit dem Ende der Corona-Pandemie: Nach dem Wegfall der mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen sei ab Mitte Mai 2022 eine sehr spürbare Rückkehr ins normale Leben und damit auch eine Belebung des öffentlichen Raums erfolgt. Das bedeutet: mehr Menschen draußen – und insgesamt wieder mehr Gelegenheiten für Verbrechen.
Eine Einschätzung, die auch die Polizei teilt. Sie setzt auf Schwerpunkteinsätze und intensive Präventionsarbeit. Dazu wurde die Wache in Harburg personell um zehn Beamte aufgestockt.
Zudem findet monatlich eine Sicherheitskonferenz (SiKo) unter Beteiligung des Bezirksamtes, der Polizei, des Weißen Rings und der Fraktionen der Bezirksversammlung statt: Dort spreche man laut Senatsangaben über die Situation in Harburg und über mögliche Lösungen, die Lage dort zu verbessern. In den vergangenen drei Jahren seien 30 Projekte „zur Verbesserung von Sicherheit und Sauberkeit“ gefördert worden. Man sei zudem im Austausch mit Einrichtungen aus dem Bezirk. Momentan wolle man versuchen, Jugendliche besser zu erreichen, um Gewalt, wie sie zu Halloween zu beobachten war, einzudämmen.