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  • An diesem Skatepark in Nähe des Bahnhofs Neuwiedenthal liegt der Treffpunkt der Jugendbande.
  • Foto: RUEGA

Nach Kinder-Einbrüchen in Hamburg: Stadtteil machtlos – Bezirk sieht aber kein Problem

Neugraben-Fischbek –

Mit Gullydeckel eingeworfene Schaufensterscheiben. Geklaute Luxus-Jacken und Billig-Feuerzeuge. Kinder, die die Täter sein sollen. Im Süden Hamburgs fürchten Ladenbesitzer um ihre Existenz. Seit Weihnachten wird immer wieder in Geschäften an der Neugrabener Bahnhofstraße eingebrochen. Verantwortlich soll eine im Stadtteil bekannte und gefürchtete Jugendbande sein. Der Umstand weckt traurige Erinnerungen.

Die Meile am Neugrabener Bahnhof, dazu zählt auch die Marktpassage, ist quasi immer gut besucht. Vor allem aber an Tagen, an denen Marktbetreiber ihre Stände aufstellen. So wie am Dienstag – nur drei Tage, nachdem ein 14-Jähriger bei „Paulsen“ eingebrochen sein soll.

Einbrüche in Hamburg: Alle wollen wissen, wer es war

Bei den Besuchern, Arbeitern und Fußgängern ist die Einbruchsserie Gesprächsthema Nummer eins. Und alle wollen wissen, wer dafür verantwortlich ist. Auch aus dem Umfeld verschiedener Sozialeinrichtungen hört man: „Alle kennen das Problem hier. Alle wissen das. Doch die betroffenen Kinder und Jugendlichen sind nicht zu belehren, lassen nicht mit sich reden, weisen nur jede Hilfe von sich. Sie hängen lieber draußen ab, in der Gemeinschaft. Allein.“

Ihr Treffpunkt: Der Skatepark am Rehrstieg in Nähe zum Bahnhof Neuwiedenthal. Nur zweieinhalb Kilometer sind es von hier zu den Tatorten im benachbarten Neugraben. Hier hängen die Kids ab, meist draußen, oft auch im Jugendclub oder im Haus der Jugend. Reden, ulken rum – und planen offenbar Verbrechen.

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„Muss erst immer etwas Schlimmes passieren, damit die Politik reagiert?“

Aus dem Umfeld örtlicher Sozialeinrichtungen hört man, dass die Mitarbeiter machtlos seien, weil es zu wenig Personal gäbe. Mann erreiche die Menschen nicht, man schaffe es nicht, direkt zu den Familien, in die Häuser zu gehen. „Muss denn erst immer etwas Schlimmes passieren, damit die Politik reagiert?“, fragt eine aufgebrachte Insiderin. Worauf sie anspielt: Eine Tragödie, die sich vor zehn Jahren im Stadtteil abspielte und erschreckende Ähnlichkeiten zu dem neuen Fall aufweist.

1997 sprang Mirko S. – ein damals 17 Jahre alter Schüler – vor eine S-Bahn und wurde von ihr überrollt. Er war sofort tot. Zuvor war er von einer Jugendbande, sie nannten sich die „Stubbenhof-Gang“, erpresst, terrorisiert, gemobbt und zu Straftaten gezwungen worden. Auch bei der heutigen Jugendbande sollen Mitglieder, oft strafunmündige Kinder, gezwungen werden, Diebstähle und Einbrüche zu begehen – aufgrund ihres Alters oft „straffrei“.

Bezirk Harburg: Keine Engpässe, kein Problem

Der Bezirk Harburg sieht kein Problem, wenn man ihn mit den neuesten Geschehnissen und der Stimmung im Stadtteil konfrontiert. Eher auf die von der MOPO gestellten Fragen abweichend, heißt es dort nur: „Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) nimmt regelhaft Kontakt zu den Familien sowie den Kindern und Jugendlichen auf, um diese zu beraten und um die Gefährdung einzuschätzen. Es werden gegebenenfalls Maßnahmen und Hilfe angeboten.“ Personalengpässe, fehlende Angebote für Kinder und Jugendliche? Offenbar für den Bezirk nicht akut, und nicht mal der Rede wert.

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Ob die Bewohner des Stadtteils mit ihrer Vermutung richtig liegen, dass Jugendliche für die Taten verantwortlich sind, bedarf noch polizeilichen Ermittlungen. Bisher können die Beamten nicht eindeutig sagen, ob es sich bei den Einbrüchen immer um dieselben Täter handeln – oder sie gar von einer bekannten Jugendbande begangenen worden sind.

Polizei verstärkt im Stadteil ihre Präsenz – Kripo ermittelt

„Die Kripo ermittelt und hat auf die Vorkommnisse mit entsprechender Präsenz vor Ort reagiert“, sagte eine Sprecherin der Polizei. Bleibt abzuwarten, wann das nächste Mal eine Schaufensterscheibe eingeschlagen wird – und wer dann der Täter ist.

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