Großbrand in der Billstraße: Feuer-Schrott wird jetzt einfach weiterverkauft
Es war einer der größten Einsätze in der Geschichte der Hamburger Feuerwehr: der Brand mehrerer Lagerhallen an der Billstraße in Rothenburgsort. Auch knapp einen Monat später ist weiterhin unklar, was genau das Feuer verursachte. Dafür wurde bekannt, wie oft es bereits an der stadtweit bekannten Schrotthändler-Meile gebrannt hat – und wie alarmierende Brandschutzkontrollen offensichtlich folgenlos blieben. Noch viel schlimmer: Nach MOPO-Informationen werden wohl kontaminierte Waren einfach weiterverkauft und teilweise nach Afrika verschifft.
Es war einer der größten Einsätze in der Geschichte der Hamburger Feuerwehr: der Brand mehrerer Lagerhallen an der Billstraße in Rothenburgsort. Auch knapp einen Monat später ist weiterhin unklar, was genau das Feuer verursachte. Dafür wurde bekannt, wie oft es bereits an der stadtweit bekannten Schrotthändler-Meile gebrannt hat – und wie alarmierende Brandschutzkontrollen offensichtlich folgenlos blieben. Noch viel schlimmer: Nach MOPO-Informationen werden wohl kontaminierte Waren einfach weiterverkauft und teilweise nach Afrika verschifft.
Kühlschränke ohne Türen, kaputte Musikanlagen, Waschmaschinen ohne Anschluss, Metallschrott, der früher einmal ein Grill gewesen ist. Alte Fernseher, Radios, fleckige Teppiche, rostiges Werkzeug, Autoteile – alles Dinge, die an der Billstraße täglich ihre Besitzer wechseln. Schon vor dem Brand galt dieser Ort als „rechtsfreier Raum“, wie selbst viele hier ansässige Händler sagen. Wird die Nutzung eines Grundstücks vom Bezirksamt untersagt, wird es verkauft und die nächste illegale Nutzung beginnt. „Ein Teufelskreis“, so ein Beamter.
Beim Brand wurden giftige Gase freigesetzt
Doch damit nicht genug: Bei dem Brand vor einem Monat, bei dem eben jener Schrott in mehreren Lagerhallen brannte und für eine riesige Rauchwolke sorgte, wurden auch giftige Gase und Stoffe freigesetzt. So lief das kontaminierte Löschwasser teilweise ungehindert in den Billekanal, es wurde vor dem Kontakt mit dem Wasser gewarnt.
Auch die Geräte, die nun wieder ganz offen an der Billstraße verkauft werden, sollen mit Löschwasser kontaminiert worden sein. An vielen der Artikel sind Rußflecken zu erkennen, andere sind vom Feuer beschädigt. Interessieren tut es augenscheinlich weder Verkäufer noch Käufer dieser Geräte – ungeachtet der möglichen Gefahren, die davon ausgehen könnten.

Auch der Export vermutlich kontaminierter Geräte nach Afrika geht nahtlos weiter. Das bestätigt auch einer der dortigen Verkäufer. Nicht einfach Schrott, sondern potenziell giftiger Schrott wird hier von Deutschland nach Afrika verschifft.
„Umweltschutz ist Gefahrenabwehr, und Gefahrenabwehr findet vor Ort statt“, so Lars Osburg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Sollte es den leisesten Verdacht geben, dass belasteter Brandschutt illegal nach Afrika exportiert werden soll, erwartet die GdP ein sofortiges Handeln der Umweltbehörde.“
Eigentumsverhältnisse an der Billstraße zu klären, sei sicher schwierig, sagt Osburg. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass bei den Aufräumarbeiten nicht genau geprüft werde, wohin der Schrott entsorgt wird. „Sehenden Auges den Müll nach Afrika exportieren zu lassen, wäre ein Skandal.“ Er fordert Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) auf, das Thema zur „Chefsache“ zu machen.
Situation an Billstraße: Umweltbehörde äußert sich nicht
Und was sagt die Umweltbehörde? Nichts. Sie ließ mehrere MOPO-Anfragen unbeantwortet. Dafür antwortete das Bezirksamt Mitte: Eine Sprecherin sagt, dass die Situation an der Billstraße „äußerst komplex“ und nur gemeinsam und behördenübergreifend zu lösen sei. Im Rahmen der nun neu gegründeten „Task Force“ seien bereits sogenannte Verbundeinsätze geplant, an denen auch die Polizei, die Umweltbehörde und der Zoll beteiligt sein werden.
Der Senat teilte zudem mit, dass verschiedene Fachbehörden mit einer „Problem- und Potenzialanalyse“ begonnen hätten. Ein Prozess „Zielbild Billstraße 2035“ solle darauf aufbauen.
„Warum sich Bezirk und Wirtschaftsbehörde für dieses ,Zielbild‘ über zehn Jahre Zeit nehmen möchten, entzieht sich meiner Vorstellungskraft“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Er übt deutliche Kritik am Umgang des Senats mit der Billstraße: „SPD und Grüne sind ihrer politischen Verantwortung an diesem Brennpunkt eindeutig nicht nachgekommen und haben das Gelände stattdessen fahrlässig sich selbst überlassen.“ AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann forderte, Recht und Ordnung wieder herzustellen. „Rechtsfreie Räume darf es in Hamburg nicht geben.“

Aus einer Anfrage beider Parteien an den Senat ging zudem hervor, dass bei den alle fünf Jahren vorgeschriebenen Brandschutzkontrollen die Feuerwehr jeweils mehrere Mängel bei den 20 überprüften Objekten festgestellt habe. Es fehlten Flucht- und Rettungspläne, Schutztüren funktionierten nicht, enorme Mengen brennbarer Gegenstände wurden an ungeeigneten Orten gelagert. Getan hat sich wenig: Seit 2019 habe es laut Senat insgesamt 28 Mal an der Billstraße gebrannt.