Maßnahmen nach Amoklauf in Hamburg: Kripo-Mann fühlt sich „für dumm verkauft“
Sieben Menschen und anschließend sich selbst tötete Philipp F. im im März dieses Jahres Gemeindehaus der Zeugen Jehovas in Alsterdorf. Ein Verbrechen, das die Stadt und ganz Deutschland erschütterte. Innensenator Andy Grote (SPD) kündigte ein Maßnahmenpaket an, das die Arbeit der Sicherheitsbehörden reformieren sollte. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und die CDU kritisieren die Umsetzung. Die Innenbehörde wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Sieben Menschen und anschließend sich selbst tötete Philipp F. im März dieses Jahres im Gemeindehaus der Zeugen Jehovas in Alsterdorf. Ein Verbrechen, das die Stadt und ganz Deutschland erschütterte. Innensenator Andy Grote (SPD) kündigte ein Maßnahmenpaket an, das die Arbeit der Sicherheitsbehörden reformieren sollte. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und die CDU kritisieren die Umsetzung. Die Innenbehörde wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Der 35-jährige Philipp F. besaß die Waffe legal, mit der er Mitglieder der Gemeinde, zu der er einst selbst gehörte, umbrachte. Er war Sportschütze, den Behörden daher bekannt. Es hatte einen Hinweis auf eine mögliche psychische Störung des Mannes gegeben. Eine Kontrolle verlief negativ, F. durfte seine Waffe behalten. Ein fataler Fehler.
CDU kritisiert Umsetzung der neuen Maßnahmen
Das angekündigte Maßnahmenpaket sieht daher unter anderem vor, dass die Waffenbehörde künftig von ausgewiesenen LKA-Experten und von Kriminalpsychologen unterstützt wird, wenn es Hinweise auf gefährliche Waffenbesitzer gibt. Ein Kompetenzzentrum für Risikobewertung soll entstehen, das viel effektiver agieren und mögliche Gefahren deutlich minimieren soll.
Doch an der Umsetzung hapere es, meint Dennis Gladiator, Innenexperte der Hamburger CDU. Bislang stehe vieles nicht fest, das meiste sei noch in Planung, das entsprechende Personal müsse noch gefunden, eingestellt und eingearbeitet werden. „Nichts ist bisher umgesetzt. Es gibt nicht einmal konkrete Umsetzungsschritte“, so Gladiator.
Für Jan Reinecke sind die Aufgaben des kommenden Kompetenzzentrums nicht konkret genug definiert. Es sei total unklar, was das Maßnahmenpaket an Neuem mit sich bringe, „bis auf ein paar mehr Tarifstellen“. Es brauche laut des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ganz klare Handlungsanweisungen.

Reinecke bemängelt zudem fehlende Transparenz – und dass das LKA für die Umsetzung des besagten Zentrums nicht einmal konsultiert wurde. „Hier wird mit der Wucht der Behauptung Machbarkeit proklamiert, obwohl bislang lediglich Türschilder beschriftet wurden. Für Flure des LKA.“ Beschäftigte der Polizei würden „für dumm verkauft“.
Dass es das besagte Kompetenzzentrum noch nicht gibt, hänge auch damit zusammen, dass etwas Vergleichbares im bundesweiten Vergleich nicht existiere, entgegnet ein Sprecher der Innenbehörde. Eine abteilungsübergreifende Gruppe erarbeite derzeit noch ein Aufgaben- sowie ein Stellen- und Personalkonzept, „sodass eine Einarbeitung der neuen Mitarbeitenden schnellstmöglich erfolgen kann“. Eine Gefahrenanalyse finde trotzdem schon bei Bedarf statt.
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Zudem sei die Waffenbehörde um drei Polizeivollzugsbeamte verstärkt worden. Drei weitere Stellen seien bereits ausgeschrieben worden. Gleichzeitig habe sich auch die Zahl der Kontrollen von Waffenbesitzern deutlich erhöht: So wurden im laufenden Jahr bereits 541 Personen kontrolliert – im vergangenen Jahr waren es 216. „Hier setzt die Waffenbehörde zukünftig drei Außenteams im täglichen Einsatz ein“, so der Sprecher weiter. Dazu seien Mitarbeiter noch einmal in Sachen Gefahrenhinweise und Erkennen von psychischen Auffälligkeiten geschult worden.
BDK: Waffen bei Hinweisen immer vorläufig sicherstellen
Der BDK spricht sich – bei der Frage, ob eine rechtzeitige Entwaffnung des Amokschützen möglich gewesen wäre – dafür aus, Waffen künftig bei Hinweisen immer vorläufig sicherzustellen. „Wenn klar wird, dass der Verdacht unbegründet ist, bekommt der Schütze die Waffe wieder.“
Laut Gladiator erlaube das Polizeigesetz dies sogar jetzt bereits, die Hürden für eine Entwaffnung seien gering. Aus Kreisen der Innenbehörde hört man Gegenteiliges: Man müsse die psychische Erkrankung zweifelsfrei nachweisen können, heißt es. „Und das ist alles andere als einfach.“