Hamburger Drogenbaron in der Türkei verhaftet: Zerbröselt jetzt das Koks-Netzwerk?
Eric S. soll in Sachen Drogenhandel einer der führenden Akteure in Hamburg sein, er gilt als Verbindungsmann, der zum Beispiel dafür sorgt, riesige Mengen Rauschgift aus Hafen-Containern zu schaffen. Nach einem durch die Polizei vereitelten Coup im Jahr 2018 war er auf der Flucht, er soll die Geschäfte aber aus der Türkei weiter geführt haben. Nun wurde er an Weihnachten in Istanbul spektakulär verhaftet. Eine Auslieferung steht aber nach MOPO-Informationen vorerst nicht bevor. Dahinter steckt offenbar eine Taktik der Hamburger Ermittler.
- Deutsch (Deutschland)
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Eric S. soll in Sachen Drogenhandel einer der führenden Akteure in Hamburg sein, er gilt als Verbindungsmann, der zum Beispiel dafür sorgt, riesige Mengen Rauschgift aus Hafen-Containern zu schaffen. Nach einem durch die Polizei vereitelten Coup im Jahr 2018 war er auf der Flucht, er soll die Geschäfte aber aus der Türkei weitergeführt haben. Nun wurde er Weihnachten in Istanbul verhaftet. Eine Auslieferung steht aber nach MOPO-Informationen vorerst nicht bevor. Dahinter steckt anscheinend eine Taktik der Hamburger Ermittler.
Eric S. wurde von dem Zugriff offenbar völlig überrascht. Er saß in seiner Wohnung, als türkische Elite-Polizisten die Tür eintraten. Eric S. sah plötzlich in die Mündungen mehrerer Maschinenpistolen, gehalten von maskierten Beamten.
„Osdorf Connection“
Der Mann, der zur sogenannten und mutmaßlich mit Drogen handelnden „Osdorf Connection“ gehören soll, wurde seit fünf Jahren mit einem europäischen Haftbefehl gesucht. Neben der Staatsanwaltschaft Hamburg war auch Interpol hinter ihm her.
2018 hatte ein Coup in Hamburg, an dem Eric S. beteiligt gewesen sein soll, für Aufsehen gesorgt: Mehrere Männer, darunter Mitglieder der „Hells Angels“, sollen einen Lkw-Fahrer mit einer vorgetäuschten Polizeikontrolle auf der A7 bei Garlstorf (Landkreis Harburg) gestoppt und den Laster anschließend gekapert haben. Laut Frachtpapieren war in dem Lkw Gelatine aus Brasilien geladen. Doch die Ladung war nur Tarnung.
Die Verbrecher, angeführt von Martin P., einem hochrangigen Mitglied der „Hells Angels“, wussten, dass sich in dem Container mehr als eine Tonne hochreines Kokain im Wert von etwa 160 Millionen Euro befanden. Als sie die Ladung in Rothenburgsort umladen wollten, schlug die Polizei zu. Eric S. hatte sich absetzten können, flüchtete in die Türkei. Dies war ihm nur zufällig gelungen: Wegen des damals dichten Verkehrs soll er nicht pünktlich zum Umladen gekommen sein.
S., der inzwischen mit bis zu 15 Insassen in maroden Zellen eines türkischen Gefängnisses sitzt, scheint bis auf weiteres in der Türkei zu bleiben. Es wurde bisher nämlich kein Auslieferungsantrag gestellt.
Nach MOPO-Informationen könnte dies eine konkrete Taktik der Hamburger Kripo sein: Möglich, dass sie Eric S. so im Gefängnis „weichkochen“ wollen, bis er anfängt auszupacken.
Ob er das bereits getan hat, ist ungewiss, aber: Auffällig ist, dass es nur wenige Wochen nach seiner Verhaftung in Hamburg zu gleich mehreren Drogen-Razzien kam, zuletzt am vergangenen Mittwoch: Kripo-Ermittler zerschlugen einen mutmaßlichen Marihuana-Ring, vier Männer sitzen in U-Haft. In Horn wurde die Wohnung eines Mannes von Ermittlern durchsucht. Sie verschafften sich mit einer Ramme Zutritt. Einen Tag später wurde in Eppendorf ein Mann verhaftet.
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Die Verhafteten kannten die Vertriebswege der Drogen in Hamburg, sollen auch vom Kokain-Handel gewusst und an Koks-Taxi-Geschäften beteiligt gewesen sein. Das bestätigen auch mehrere Szene-Insider. Einer mutmaßt: „Eric hat möglicherweise als Zeichen seines guten Willens Informationen über Hintermänner ausgepackt, um die Auslieferung in Gang zu bringen. Die zeitlichen Bezüge sind schon sehr auffällig.“
Sollte sich das bewahrheiten, muss Eric S. nicht nur vonseiten der Justiz Konsequenzen befürchten. Aus Kreisen der „Hells Angels“ – zu denen S. enge Kontakte unterhielt – heißt es, dass er schon den vorläufigen Status „Out in bad Standing“ (im Bösen ausgeschieden) inne hat. Heißt: Er muss mit Angriffen rechnen. Sogar Mordanschläge sind möglich.