Hinrichtung in Shisha-Bar: „Ich bin nicht der Mörder Ihres Sohnes“
Beim Prozessauftakt um den Mord in einer Shisha-Bar in Hohenfelde, bei dem Terry S. (27) kaltblütig hingerichtet wurde, hat der Angeklagte am Dienstag seine Unschuld beteuert. Warum seine Anwältin die Anklageschrift zerpflückte und in Richtung Staatsanwaltschaft sagte: „Es entsteht der Eindruck, dass ein und nicht der Täter präsentiert werden sollte.“
- Deutsch (Deutschland)
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Beim Prozessauftakt um den Mord in einer Shisha-Bar in Hohenfelde, bei dem Terry S. (27) kaltblütig hingerichtet wurde, hat der Angeklagte am Dienstag seine Unschuld beteuert. Warum seine Anwältin die Anklageschrift zerpflückte und in Richtung Staatsanwaltschaft sagte: „Es entsteht der Eindruck, dass ein und nicht der Täter präsentiert werden sollte.“
Weißes Hemd, Brille, sanfte Gesichtszüge. Okan Ö. (25) wirkt anders, als man sich einen Drogendealer vorstellt. Und doch ist er einer. Zuletzt wurde er Ende Juli zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Er selbst sagt, dass er kein Unschuldslamm sei. Aber: „Mit dem Mord habe ich nichts zu tun, ich war auch nicht der Begleiter.“ An die Mutter des Mordopfers gewandt, sagt er: „Ich bin nicht der Mörder Ihres Sohnes.“
„Mein Mandant hat nichts mit der Sache zu tun“
Terry S. saß am 27. Juli 2022 in einer Shisha-Bar an der Lübecker Straße und rauchte eine Pfeife. Zwei Männer – mit OP-Masken, einer trug ein Käppi, der andere einen Fischerhut – kamen auf ihn zu. Einer zog eine Pistole und drückte ab. S. starb, das Duo verließ den Laden.
Einer der Männer soll Okan Ö. gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre These auf eine DNA-Spur, die auf einer kugelsicheren Weste in Tatortnähe gefunden wurde. Die Weste habe ihm gehört, sagt der Angeklagte, er habe sie sich wegen eines Streits mit Engländern in Spanien angeschafft, sie aber lange vor der Tat abgegeben. Er sei zur Tatzeit bei seinen Eltern gewesen und habe gekifft. Das belegten auch ausgewertete Handydaten.
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Zudem habe er in anderen Drogen-Kreisen agiert als der getötete Terry S., den er laut eigener Aussage gar nicht kannte. Auch den mutmaßlichen Auftraggeber der Hinrichtung, Ismail M., kenne er nicht.
Die angebliche Verbindung basiere laut seiner Anwältin Gül Pinar wohl nur darauf, dass Okan Ö. und Ismail M. im selben Stadtteil aufwuchsen und Kontakte nach Spanien hatten. Auch aus Gesprächen von 33 Abgehörten ließe sich kein Kontakt der Männer herleiten. Dafür seien nach der Tat Hinweise zu möglichen Tätern eingegangen, die verdeutlichten, „dass mein Mandat nichts mit der Sache zu tun hat“, so die Anwältin.
Anwältin glaubt Ex-Freundin nicht
Die Juristin hält auch die Aussage seiner Ex-Freundin für zweifelhaft. Sie hatte, nachdem sich der Angeklagte von ihr getrennt und mit einer anderen Frau verlobt hatte, der Polizei gesagt, dass er ihr gegenüber den Mord gestanden habe. Das Geständnis lässt sich in Gesprächsprotokollen – Okan Ö. wurde abgehört und seine Wohnung verwanzt – aber nicht finden. Zudem habe die Frau sich wenige Tage nach ihrer Aussage nach der Belohnung von mehreren Tausend Euro erkundigt. „Das schien ihre Motivation gewesen zu sein“, so Pinar.
Zunächst war die Polizei davon ausgegangen, dass die maskierten Täter dunkle Haut haben. Es gibt sogar eine Zeugin, die gesehen haben will, wie zwei Schwarze sich maskiert und dann den Laden betreten haben. Andere Aussagen stützen die Behauptung.
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„In jedem Fall ist auf dem Videoband aus dem Laden nicht mein Mandat zu erkennen“, sagt Anwältin Pinar. Es gebe keine Hinweise, dass ihr Mandant sich am Tatort aufgehalten habe. Dafür würden Hinweise ignoriert, dass es sich bei den Tätern vermutlich um Männer aus dem Ausland handelt, nachdem es Streit um abhanden gekommene Drogen gab. Terry S. soll mutmaßlich Drogen abgezweigt und danach mit teuren Autos geprotzt haben. Möglicherweise sein Todesurteil.
„Wir vertrauen aufs Justizsystem. Wir alle sind fehlbar“, sie blickt in Richtung der Staatsanwältin, dann in die des Richters. „Fehler müssen nicht bewusst begangen worden sein. Nur dürfen wir diese Fehlbarkeit nicht ignorieren.“
Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden. Es sind bislang Termine bis Ende Februar 2024 geplant.