Auto von Kugeln durchsiebt: Fahrer überlebt unglaubliche Anzahl an Treffern
Ein von Kugeln durchlöchertes Auto. Der Fahrer, ein Mann wie ein Bär, überlebt wie durch ein Wunder eine unglaubliche Anzahl an Treffern. Im Auto zwei Taschen, darin Pistolen, ein leergeschossenes Magazin – und Drogen? Der verletzte Beifahrer versucht jedenfalls noch, die Taschen in Sicherheit zu bringen. Auf offener Straße ist in Tonndorf ein Machtkampf im Drogenmilieu eskaliert. Verbindungen zu einem Mordanschlag in einer Shisha-Bar werden geprüft. Damals starb ein junger Mann, jetzt sollte offenbar der nächste ins Jenseits befördert werden. Die Mordkommission ermittelt, sucht Zeugen. Und es gibt auch einen Grund, warum der Drogenkrieg in Hamburg gerade jetzt mit aller Brutalität geführt wird.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Ein von Kugeln durchlöchertes Auto. Der Fahrer, ein Mann wie ein Bär, überlebt wie durch ein Wunder eine unglaubliche Anzahl an Treffern. Im Auto zwei Taschen, darin Pistolen, ein leergeschossenes Magazin – und Drogen? Der verletzte Beifahrer versucht jedenfalls noch, die Taschen in Sicherheit zu bringen. Auf offener Straße ist in Tonndorf ein Machtkampf im Drogenmilieu eskaliert. Verbindungen zu einem Mordanschlag in einer Shisha-Bar werden geprüft. Damals starb ein junger Mann, jetzt sollte offenbar der nächste ins Jenseits befördert werden. Die Mordkommission ermittelt, sucht Zeugen. Und es gibt auch einen Grund, warum der Drogenkrieg in Hamburg gerade jetzt mit aller Brutalität geführt wird.
Kaisar R. (26) sitzt am Steuer eines Audi Q8, neben ihm ein Bekannter (30). Es ist gegen 1 Uhr in der Nacht zu Dienstag. Sie kommen aus Farmsen-Berne und fahren auf der Straße Am Pulverhof in Richtung Stein-Hardenberg-Straße. Vermutlich müssen die Männer an einer roten Ampel halten.
Gibt es eine Verbindung zu einem Mord in einer Shisha-Bar?
Dann kommt es zum Schusswechsel: Aus einem bisher noch unbekannten Wagen wird das Feuer eröffnet, nach dem Muster der mehr als 20 Einschusslöcher zu urteilen, benutzt der Schütze eine vollautomatische Waffe. Der Q8 wird regelrecht durchsiebt.
R. gibt Gas, fährt über die Kreuzung und steuert – von rund zehn Kugeln schwer verletzt – in eine Art Wall am Straßenrand. Sein Beifahrer soll ebenfalls das Feuer eröffnet haben, der oder die Täter flüchten.
Den Beifahrer trifft ein Streifschuss am Arm. Er soll blutend versucht haben, zwei dunkle Sporttaschen aus dem Audi in einem Taxi zu deponieren. Der Taxifahrer hat vermutlich nur gehalten, weil er das beschädigte Auto sah.
Polizisten sperren den Tatort, Sanitäter kümmern sich um die Verletzten: Kaisar R. kann sich gerade noch mit eigener Kraft auf die Trage schleppen, im Krankenhaus wird er über mehrere Stunde notoperiert. Es schwebt zwischenzeitlich in Lebensgefahr. Ihm werden unter anderem Kugelsplitter aus dem Kopf entfernt.
Nach Schüssen in Hamburg: Opfer schweigt zum Tatablauf
Der Beifahrer wird am frühen Morgen wieder aus der Klinik entlassen. Befragungen der Polizei führen zunächst ins Leere; der 30-Jährige soll sich nicht kooperativ zeigen und keine Angaben zum Ablauf der Ereignisse machen – typisch für Taten im Milieu.
Ermittler der Mordkommission übernehmen die Arbeit am Tatort, sichern zahlreiche Hülsen auf dem Asphalt. Kugeln stecken auch in umliegenden Häuserwänden, Zäunen und Bäumen. Unbeteiligte wurden nicht verletzt. Ein Gebäude an der nahen Tonndorfer Hauptstraße wird durchsucht. Bis spät in den Dienstagabend laufen die Tatort-Arbeiten.
In den schwarzen Sporttaschen finden die Beamten zwei Pistolen und ein leeres Magazin. Ob darin auch Drogen sind? Die Staatsanwaltschaft beantwortet konkrete Nachfragen nicht, verweist auf laufende Ermittlungen.
Sicher scheint, dass sich Opfer und Täter kannten. Und dass es um Drogen ging. R. ist bereits wegen solcher Delikte bekannt. Dazu prüft die Polizei auch eine direkte Verbindung zu den tödlichen Schüssen in der Hohenfelder Shisha-Bar, bei der Terry S. im vergangenen Sommer ums Leben kam. Auch er wurde mit einer vollautomatischen Waffe hingerichtet, nach MOPO-Informationen war es eine Uzi. Vom Ablauf und der Schwere der Brutalität weisen beide Fälle deutliche Parallelen auf. Kaisar R. und Terry S. sollen sich zudem gekannt haben.
Seit der Entschlüsselung von „EncroChat“, einer Messenger-Plattform, über die Kriminelle über ihre Geschäfte kommunizierten, ist das Milieu in Hamburg aufgerüttelt. Dazu kommen zahlreiche Festnahmen der Polizei: Mächtige Strippenzieher sitzen im Knast. Das hat ein Machtvakuum geschaffen. Und es sorgt für Revierkämpfe, die offenbar immer kaltblütiger ausgetragen werden. Ein Beamter: „Den Männern scheint alles egal zu sein. Nur Macht zählt, der Respekt. Und das Geld.“ Die Polizei bitte um Hinweise zur Tat unter Tel. 040 428 65 6789 oder an jede Polizeidienststelle.