Wieso das denn? Neues Gesetz verbietet zu viele Blaulichter bei Polizei und Feuerwehr
Wenn Menschenleben in Gefahr sind, schalten Polizei und Feuerwehr Blaulicht und Martinshorn an – und bahnen sich mit Sonderrechten ihren Weg durch den Stadtverkehr. Nicht selten kommt es dabei zu Unfällen. Das Bundesverkehrsministerium will nun erkannt haben, warum diese Crashs passieren – und schränkt die Anzahl der Blaulichter auf Einsatzfahrzeugen ein. Rettungskräfte und Verkehrsexperten schlagen Alarm.
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Wenn Menschenleben in Gefahr sind, schalten Polizei und Feuerwehr Blaulicht und Martinshorn an – und bahnen sich mit Sonderrechten ihren Weg durch den Stadtverkehr. Nicht selten kommt es dabei zu Unfällen. Das Bundesverkehrsministerium will nun erkannt haben, warum diese Crashs passieren – und schränkt die Anzahl der Blaulichter auf Einsatzfahrzeugen ein. Rettungskräfte und Verkehrsexperten schlagen Alarm.
Nicht selten werden herannahende Einsatzfahrzeuge in zum Teil schwere Unfälle verwickelt. Und dafür will das Bundesverkehrsministerium nun eine der Hauptursachen gefunden haben: Die Beamten meinen, dass dass es bei den heutigen Rettungs- und Einsatzfahrzeugen eine „Übersignalisierung“ gäbe und behaupten, dies verunsichere und blende andere Verkehrsteilnehmer. Die Folge: Mit Beschluss des Bundesrates hat das Ministerium den entsprechenden Paragrafen geändert und schreibt nun grundsätzlich ein einziges Blaulicht pro neu zugelassenem Fahrzeug vor.
Mehr optische Signale sind nur dann erlaubt, wenn dies aufgrund der sogenannten geometrischen Sichtbarkeit nötig ist. Die geometrische Sichtbarkeit wurde 1970 – also vor mehr als 50 Jahren – definiert. Sie sieht eine Blaulichtabdeckung von 270 Grad, also eine Sichtbarkeit vorn und seitlich, als ausreichend an. Einem Bericht des NDR zufolge konnte das Ministerium auf Nachfrage nicht erklären, warum diese veraltete Vorschrift bis heute nicht aktualisiert und den heutigen Verkehrsbedingungen angepasst wurde.
Neues Gesetz beschließt weniger Blaulichter – Experten schlagen Alarm
Verkehrsexperten und Unfallforscher schlagen Alarm. Sie kritisieren die Änderung des Blaulicht-Paragrafen und warnen, dass dadurch große Gefahr bestehe, dass Einsatzfahrzeuge künftig schlechter wahrgenommen werden.
Sie führen dabei den besseren Schallschutz in modernen Autos an. Der führe nachweisbar dazu, dass das Martinshorn schlechter gehört werde. Die optische Wahrnehmung durch Extra-Blaulichter an bestimmten Punkten der Einsatzfahrzeuge werde immer wichtiger.
Bislang konnten Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen die Anzahl der Blaulichter auf ihren Fahrzeugen selbst bestimmen. Es durften so viele sein, wie man es für nötig hielt. Gerade bei Fahrzeugen mit höheren Aufbauten – zum Beispiel bei der Feuerwehr – war der Aspekt der Sicherheit vorrangig: Die vorderen Blaulichter sind bei Löschfahrzeugen von hinten nicht mehr zu erkennen.
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Aus diesem Grund wurden auch am Heck von Löschfahrzeugen und Rettungswagen zusätzliche Blaulichter montiert, um nach allen Seiten zu kennzeichnen, dass sich das Fahrzeug auf einer Einsatzfahrt befindet. „Früher sprach man von Rundumleuchten. Weil die Löschfahrzeuge damals nicht so hoch und modern aufgebaut waren, reichten zwei Blaulichter vorn. Das trifft heutzutage nicht mehr zu“, so ein Feuerwehrmann zur MOPO.
Zu viele Blaulichter sollen zu Unfällen führen
Ähnlich verhält es sich auch bei den Einsatzfahrzeugen der Polizei. Mannschaftsbusse zum Beispiel sind heutzutage völlig anders konzipiert. Mit zunehmenden Verkehr in den Großstädten sah man auch bei den Streifenwagen Handlungsbedarf. Hier wurden sogenannte Springlichter im Kühlergrill verbaut.
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„Der Fahrer eines SUV sitzt höher und kann die Blaulichter auf dem Dach eines hinter ihm fahrenden Polizeiwagens häufig nicht wahrnehmen. Andere Verkehrsteilnehmer sind durch laute Musik im Auto abgelenkt und hören das Martinshorn nicht. Da sind zusätzliche Blaulichter vorn und seitlich am Streifenwagen unverzichtbar“, sagt Polizeihauptkommissar Lars Osburg von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur MOPO. Auch bei Absperrungen seien mehrere Blaulichter an Fahrzeugen viel besser wahrzunehmen als nur eins.
Fraglich bleibt auch, wie rasch die Hersteller von Blaulicht- und Signaleinheiten auf das neue Gesetz reagieren können. Laut eines Insiders müssten die Signaleinheiten für die große Anzahl verschiedener Fahrzeugmodelle neu konzipiert werden. Eine MOPO-Nachfrage bei den Branchengrößen konnte zeitnah nicht beantwortet werden.